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Klassik oder Jazz?

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Zugeordnete Kategorien: Jazz - Klassik - Neuling

roby Profilseite von rob, 07.10.2012, 14:06:09
Klassik oder Jazz?

Hallo,

ich habe eine Frage bezüglich dem Kontrabass und seinem Einsatzgebiet, und zwar, wenn man sich so manche Beiträge hier im Forum ansieht oder etwa Videos auf Youtube, so bekomme ich den Eindruck, dass ein Kontrabass entweder gut für Klassik ist ODER gut für Jazz... also, dass ein und der selbe Bass nie für beide Musikrichtungen einsetzbar ist! Liege ich da richtig oder was sind eure Meinungen?

...ich habe seit 2 Wochen mit klassischem Kontrabassunterricht begonnen mit der Absicht so schnell wie möglich damit Jazz zu machen, jedoch muss ich sagen, dass mir das Arco-Spiel auch super toll gefällt bis jetzt :-)...

Arcoluz Profilseite von Arcoluz, 07.10.2012, 16:56:40

Hallo Roby,

Es gibt sicher Setups die besser für das Eine oder das Andere geeignet sind und meinetwegen auch klanglich eines von beiden besser unterstreichen (Berufsmusiker, die nur Klassik oder Jazz machen, werden da sicher ihre speziellen Einstellungen fürs Steichen bzw. Zupfen haben), aber ansonsten kann ich dem Eindruck nicht zustimmen. Ich habe auch klassisch begonnen und spiele mittlerweile eher mehr jazzige Sachen, habe aber an meinem Bass nichts (in eine bestimmte Richtung hin) verändert und wüsste auch nicht, was und wozu, nur damit ich mich auf eine Sache festlegen müsste. Wär doch schade.

LowB Profilseite von LowB, 07.10.2012, 17:06:19

Hi roby!

Es gibt keine grundsätzliche Unterscheidung zwischen "Jazz-" und "Klassikbässen". Allenfalls im Bereich der Saiten und der Saitenhöhe.

Saiten: Da gibt es Saiten, die entweder für arco oder pizzicato besser geeignet sind, ein Blick in die Saitendatenbank mag Dir da hilfreich sein. Aber es kommt immer auf den Einzelfall an, Spirocore wurden zwar als Streichersaite entwickelt, haben sich aber auf breiter Front in den letzten Jahrzehnten als Standard für Jazz-Saiten durchgesetzt. Was aber nicht heißt, daß sie nicht auch als Orchestersaiten verwendet würden, wenn sie etwas älter sind taugen sie auch als Klassiksaiten. Umgekehrt gibt es ausgewiesene Streichersaiten, die aber auch gerne pizzicato gespielt werden, Evah Pirazzi etwa, wenn man auf dem dunklen Klang steht. Und dann gibt es Hybridsaiten, die schon von den Herstellern gleichermaßen für beide Techniken empfohlen werden.

Saitenhöhe: Manche kommen mit derselben Höhe für Finger- und Bogenspiel klar, andere wollen etwas unterschiedliche Einstellungen, da kann ein höhenverstellbarer Steg sehr hilfreich sein.

Also, Du brauchst jetzt keinesfalls einen zweiten Baß, mit einer für Dich geeigneten Saitenwahl (unendliche Geschichte...) und eventuell einem verstellbaren Steg kommst Du schon sehr weit.

Grüße

Thomas

rase Profilseite von wdrase, 08.10.2012, 10:02:23

ArcoLuz und Roby haben schon ausführlich begründet, warum das gleiche Instrument sowohl für Jazz als auch für Klassik geeignet ist. Bei der Verwendung in einer Combo kann man kaum auf die Verstärkung über Tonabnehmer verzichten, was in einer Klassik-Formation tabu ist. Typ, Lage und Einrichtung der Saiten sind eher von der individuellen Entscheidung als vom Musik-Genre abhängig, mit Ausnahmen, wenn z. B. Slapping gefordert ist (gewolltes Anschlagen der Saiten auf das Griffbrett). Bezüglich des Unterrichts ist eine klassische Ausbildung ein absolutes Muss, auch wenn man später eher in die Jazz- oder Swing-Richtung gehen will. Die richtige Hand- und Fingerhaltung, Lagenspiel, Intonation und Phrasierung usw. lernt man am besten auf dem klassischen Bildungsweg. Das Improvisieren auf dem gestrichenen Kontrabass gehört übrigens zu den sehr  hoch geschätzten Fähigkeiten im Jazz, dazu braucht man eine sichere Bogentechnik. Den Daumenaufsatz in den hohen Lagen, auch eine bewunderte Technik, lernt man am besten durch Studium der klassischen KB-Literatur. Wie für die meisten anderen Instrumente ist die klassische Ausbildung die Grundlage, die man für alle anderen Genres unbedingt braucht, um gute Musik zu machen.

Bassist_0815 Profilseite von Tiefes-C-Saft, 08.10.2012, 16:29:21

Also ich weiß nicht, was gute oder schlechte Musik ist, aber die Geschichte zeigt, dass viele Musiker auch ohne klassische Ausbildung ausgekommen sind.

Vielleicht helfen ein paar Stunden klassischer Unterricht - aber vielleicht hemmen sie auch eher die Entwicklung. 

Diese Regel mit der Klassik als Königsweg würde ich doch stark anzweifeln. 

Denn viele Klassiker werden in anderen Musikstilen auch nicht unbedingt sofort heimisch...

rob Profilseite von rob, 08.10.2012, 19:02:07

Also ich spreche jetzt nicht aus meiner KB-Erfahrung, aber natürlich MUSS man nicht unbedingt eine klassische Ausbildung hinter sich haben um ein guter Jazzer zu werden, das haben, wie Bassist_0815 schon gesagt hat, etliche Beispiele aus der Musikgeschichte schon gezeigt. So bin ich auch zBsp einer Konzertpianistin begegnet, welche in der improvisierten Musik erhebliche Schwierigkeiten hatte, sich in diesem musikalischen Kontext auszudrücken. Ich verstehe aber sehr gut was rase meint, wenn er sagt die klassische Ausbildung am KB wäre eine ausgezeichnete Ausgangsposition (was die Technik der linken Hand angeht usw) um im Jazz da schon mal auf dem sicheren Ufer zu sein. Was das musikalische Vokabular angeht ist das schon wieder eine andere Sache...

Ich merke aber momentan bei meinem (klassischen) Unterricht, dass es mir riesigen Spaß macht und die Fortschritte der linken Hand von Tag zu Tag besser werden. Alle Übungen, die ich von meinem Lehrer mit dem Bogen zu spielen habe, mache ich auch Pizzicato und es ist einfach nur purer Spaß!!!

Meine Ausgangsfrage bezog sich einzig und allein auf das Instrument KB und seine Einstellung... Vielen Dank aber für die intressanten Beiträge :-)!!

LowB Profilseite von LowB, 11.10.2012, 22:41:14

Hi Roby!

Daß ein Thread hier auch mal über verschlungene Seitenwege auch mal in eine völlig andere Richtung als vom Fragesteller beabsichtigt führt ist normal und kann auch ganz interessant sein; blöde wird's nur wenn jemand irgendwelchen themenfremden Unsinn verzapft und dieser dann zum Hauptthema wird, kommt aber relativ selten vor. "rase" hat ungefragt einige durchaus interessante Aspekte angesprochen, die teilweise auch nicht unwidersprochen geblieben sind (klassische Ausbildung) b.z.w. bleiben sollten wie das ""Tabu" der Verstärkung in Klassik-Formationen" die bei Groß- und Open-Air-Veranstaltungen ja durchaus ein wichtiges Thema ist. Halte ich an dieser Stelle aber für zu theoretisch und spare mir dehalb meine Zeit.

Ich habe noch einen Thread zu Deiner Fragestellung gefunden: http://geba-online.de/forum-0-22896-1015_Klassik-Kontrabass-im-Jazz .

Grüße

Thomas

Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 12.10.2012, 00:54:14

Grundsatzdiskussionen bringen oft nicht so viel...

Vorteil von Klassik ist, hier gibt es eine ausgereifte Methodik wie man das Instrument spielt und wie man das im Unterricht vermittelt. Also als Bass Anfaenger ist man sicher nicht schlecht bedient, erstmal Klassik-Stunden zu nehmen.

Ansonsten: Nachteile von Klassik im engen Sinn sind fast zu zahlreich sie hier aufzulisten. Wobei die guten Klassiker es geschafft haben, sich ueber die Gehirnwaesche und die Limitationen des Genres oder dessen wozu es gemacht wird hinwegzusetzen.

Diesen Limitationen (sowie denen des durch Hochschulisierung begradigten Jazz) kann man sich aber leicht entziehen, indem man einfach versucht, soviel wie moeglich in unterschiedlichsten Kontexten zu spielen. Durch das Spielen und Diskutieren mit anderen Musikern kann man Dinge lernen, die einem der beste Lehrer nicht vermitteln kann.

Neuester Beitrag Bassist14 Profilseite von Bassist14, 12.10.2012, 10:43:24

"Nachteile von Klassik im engen Sinn sind fast zu zahlreich sie hier aufzulisten."

Kannst Du das bitte ein bischen weiter ausführen?

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