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Zugeordnete Kategorien: Bogen & Streichtechnik

Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 21.04.2006, 14:36:00
Barockbogen versus deutscher Bogen
Hallo Leute,

ich habe gestern einen Freejazz-Bassisten namens Paul Rogers gesehen/gehört, der seinen Sieben (!)- Saiter mit Barockbögen bearbeitet. Daher würde mich mal interessieren, was so die Eigenschaften eines Barockbogens sind, und wie diese (und die Spieltechnik) sich von denen anderer Bögen unterscheiden.

Wie ihr vielleicht erraten habt, habe ich ähnliche musikalische Interessen wie Herr Rogers (wenn auch auf Amateurlevel). Ich versuche seit einiger Zeit etwas Bogentechnik aufzubauen, und habe einen Lehrer für deutschen Bogen gefunden (gar nicht so einfach hier in London, die meisten spielen franz. Bogen), bei dem ich mich sporadisch korrigieren lasse.

Die Bogenhaltung meines Lehrers sieht so aus, dass das Teil des Bogens, womit man spannt, zwischen dem Wurzelgelenk und dem ersten Gelenk des Zeigefingers aufliegt, während der Daumen von oben auf der Bogenstange aufliegt, so dass man eine Art Hebelwirkung hat. Bei vielen Bassisten habe ich dagegen gesehen, dass das "Spannteil" des Bogens eher im fleischigen Bereich zwischen den Wurzelgelenken des Zeigefingers und Daumens liegt. Letzteres war auch in etwa die von Paul Rogers mit dem Barockbogen.

Meine Fragen an Euch:
1) gibt es verschiedene Schulen was die Haltung des deutschen Bogens angeht, und was sind eure Erfahrungen damit?
2) was hat es mit dem Barockbogen auf sich?

Danke für eure Kommentare, und bässte Grüsse
Armin
bassknecht Profilseite von bassknecht, 23.04.2006, 00:11:22
Hallo Armin, an anderer Stelle schrieb ich davon, dass ich Dein Problem in umgedrehter Weise erlebte, ich fand hier einfach niemand der mir in akzeptabler Weise eine Obergriff Kontrabassbogenhaltung (die sogenannte französische Bogenhaltung) beibringen konnte. Aus Verlegenheit nahm ich Cellounterricht und habe es mir davon ausgehend bis zu einem gewissen Grad mittlerweile selbst beigebracht. Ist ganz interessant, ich bin noch am probieren, komme aber so langsam dahinter was seinerzeit Theodor Albin Findeisen auf seinem Weg vom Untergriffbogen über den Obergriffbogen wieder zurück zum Untergriffbogen gebracht hat und ihn dann seine spezielle Untergriff Bogenhaltung hat entwickeln lassen. Diese nach ihm benannte "Findeisen Haltung" ist die modifizierte deutsche Bogenhaltung die Du bei Deinem Lehrer für "deutsche Kontrabassbogenhaltung" beobachtest. Meiner sehr subjektiven Meinung nach eine empfehlenswerte Untergriffhaltung. Einen siebensaitigen Kontrabass würde ich zunächst erst mal für die Spezialausführung eines Violone halten, dazu würde auch ein Barockbogen passen. Einen zeitgenössischen Kontrabass (zumal stahlbesaitet) mit einem Barockbogen zu bespielen macht meiner Meinung nach nicht so furchtbar viel Sinn, das klangliche Ergebnis ist vergleichsweise krächzend dünn und leise, das kann auf Dauer auch im Free Jazz nicht gewünscht sein. Vielleicht hatte Herr Rogers unmittelbar vor dem Free Konzert auf dem Du ihn gesehen hast eine fette Renaissancemucke und weil er nur ein Instrument transportieren konnte und di Lasso,Gibbons und Consorten mit einem zeitgenössischen Kontrabass im Kreuz zum ko... klingen hat er sich vielleicht gedacht ok, klopfen , röhren und schaben kann ich auf dem Violone genau so gut und quiken sogar noch viel besser also p off double bass
Ciao Roland
Neuester Beitrag Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 24.04.2006, 13:19:48
Hi Roland,

wieder einmal eine sehr sachkompetente Auskunft, wie man's von Dir gewohnt ist, Thanks!!!

Wollte nur noch zu Paul Rogers anmerken, dass sein Spiel, zumindest an dem Abend, in der Tat wenig mit Bass spielen in herkömmlichen Sinn zu tun hat. Sein eigenartiges Instrument, eine Art kastrierter Bass (mandelförmiger Korpus, maximale Breite auf Höhe der F-Löcher, meiner Schätzung nach etwa ein 1/2 Mensur), brauchte die elektrische Verstärkung (Abnahme mit angeklemmtem Mikro) und konnte mich im tiefen Bereich nicht so recht überzeugen (klang halt so wie ein elektrisch abgenommener, extrem niedrig eingestellter und sanft gespielter KB). Im hohen Bereich schien es in der Tat von Renaissance Intrumenten inspiriert zu sein - ich hatte den Eindruck dass die beiden höchsten Saiten Terzabstand hatten - und hier machte Rogers wirklich überraschende Sounds, unter Einbeziehung von natürlichen und künstlichen Flageoletts, sehr virtuos, und fast an Harfenklänge erinnernd. Passte gut zum Zirkularatmungs-Obertongetröte von Evan Parker, der mitspielte. Alles in allem ein interessantes Konzert, jedoch bassistisch nur bedingt als Inspiration zu gebrauchen, wenn man (wie ich) den Bass auch als rhythmischen Impulsgeber sieht.

Cheers
Armin
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