Christian_Klein
, 17.06.2005, 15:44:45
Erstmal willkommen im Club der Wahnsinnigen, die sich mit uncoolen, riesigen Kisten abquälen.
Vielleicht kannst du im Musikhandel einen Blick in den ersten Band von Ludwig Streicher´s KB-Schule werfen (da sind, glaub ich, ein paar Fotos drin).
Wenn nicht – auch egal. Für das Zupfeln von ein paar Tönen reichen vielleicht die folgenden, höchst fragwürdigen Lektionen:
Lektion 1: Langweilige Vorrede
Lektion 2: Kontrabass knuddeln
Lektion 3: Der „Leersaiten-Song“
Lektion 4: „Alle molle Entchen“
1) Langweilige Vorrede
Das ist die schönste Zeit, wo wir frisch verliebt sind. War ja bei mir ebenso, ich konnte ihn nicht genug ansehen, obwohl er nur geliehen war. Und in der Zeit sind wir auch besonders aufmerksam und genießerisch … beim Kontrabass genießen wir die tiefen Töne. 40 Hertz! Das ist schon was. Vergleiche das mal mit deinem Computer: die CPU schwingt mit einigen Gigahertz – und was hörst du? Eben. Also besser tiefe Töne!
Du bringst ja schon viel mit – die Intonation vom Saxofon, den Bassschlüssel vom Klavier, die Greifhand von der Gitarre usw. Bleiben wir mal bei der Gitarre. Leg den 1. Finger auf den 1. Bund, den 2. auf den 2., und den 4. Finger auf den 3. Bund. Das ergibt 3 Töne, weil die Finger 3 und 4 vorerst immer nur gemeinsam in Erscheinung treten. Der 3. Finger unterstützt den 4., weil der etwas schwächelt.
Sonst ändert sich bei der linken Hand nix, außer dass sie mehr zur Kralle wird (also nicht so flach wie auf der Gitarre – eher runde Finger machen).
Beim Daumen scheiden sich die Geister, manche wollen ihn gegenüber des 2. Fingers, andere (so wie ich) wollen ihn in der Mitte zwischen 1. und 2. Nu ja …
Anders als bei der Gitarre wandert der Daumen aber nicht mit, wenn du auf hohen oder tiefen Saiten spielst – das heißt, er wandert schon, aber in der Gegenrichtung (hohe Saite: Daumen bei deinen Augen, tiefe Saite: Daumen weg von deinen Augen).
Das ist jetzt aber auch nicht so wichtig …
Wichtiger ist, dass deine Finger nicht einknicken, auch nicht unter Volllast, und dass dein Handgelenk ziemlich gestreckt ist – im Vergleich zur Gitarre. Im Idealfall bilden Unterarm und Hand eine Linie.
Aber das interessiert dich jetzt überhaupt nicht.
2) Kontrabass knuddeln
Da wird es schon interessanter. Sollte Mann glauben.
In der Soziologie gibt es faszinierende Untersuchungen, die die Verschiedenartigkeit der InstrumentalistInnen von der Perspektive der Haltung aus angehen. Da gibt es z.B. Leute, die ihr Instrument vom Körper weg drücken (extremste Ausformung: das Klavier), oder andere, die ihr Instrument inniglich umarmen (extremste Ausformung: der Kontrabass!).
So. Und was bringt uns das jetzt?
Ganz einfach: Der Kontrabass an sich hat nur ein Bein. Das ist relativ wenig (vgl. Klavier). Drum steht er auch nicht, sondern fällt auf die Nase. Wenn er uns nicht hätte.
Ist der Stachel höhenverstellbar? Wenn ja, zieh ihn so weit raus, dass der Sattel ungefähr in Augenhöhe ist, wenn ihr beide aufrecht vor einem Übungsspiegel steht.
Stell dir vor, du bist auf einer Bergwanderung und ur müde, und vor dir steht die Bergführerin (oder der Bergführer, ist mir doch egal). Jetzt umfängst du sie/ihn von hinten mit beiden Armen und lässt Kopf und Oberkörper sinken. Genau so beim Kontrabass: Stell ihn aufrecht hin, und geh von hinten so auf ihn zu, dass beim Umarmen seine Zarge dort Platz findet, wo der Zipp deiner Jeans ist (oder leicht seitlich davon). Während du dich jetzt langsam aufrichtest, belastest du das rechte Bein. Nun spürst du jede Menge Berührungspunkte: Brust, Bauch, Beine. Bitte keine Quetschungen! – einfach nur die Auflageflächen wahrnehmen. Je größer der „Hautkontakt“, desto stabiler wird der Kontrabass stehen – und das ist wichtig, weil du deine Arme künftig für sinnvollere Tätigkeiten als für das KB-Halten verwenden wirst. Ok, jetzt löse deine Hände mal vorsichtig vom KB – er wird umfallen wollen. Also geh einen halben Schritt nach rechts hinten – der KB folgt dir. Jetzt solltest ihn loslassen können. (Funktioniert noch nicht wirklich? – kein Problem, ist ja noch Übung).
Während deine linke Hand locker und lässig im Bereich Hals-Zarge liegt, lässt du den rechten Arm fallen und … schnippst mit den Fingern.
3) Der „Leersaiten-Song“
Hast du geschnippst? Gut so! Denn so soll das Zupfen sein. Im Gegensatz zur Gitarre, wo das die Fingerkuppe erledigt, setzen wir gleich ein ganzes Fingerglied ein. Mit nach unten hängenden Fingern legst du den Daumen an das Griffbrett, greifst dir eine Saite und schnippst noch mal – natürlich berühren sich die Schnipps-Finger jetzt nicht mehr, weil ja der Daumen am Griffbrett kleben bleibt.
Im Andante spielst du jetzt halbe Noten: E - d – A – g
Und dazwischen schnipsen! Also E - *schipps* - d - *schnipps* - A - *schnipps* - g - *schnipps*
Nach jedem Zupf-Ton lässt du den rechten Arm fallen und schnippst. Schön im Tempo bleiben!
Und weil du ja singen kannst – hier der Sinn der Sache:
Was du am KB spielst, ist nix anderes als || E7 | A7 ||
Und dazu kannst du schon ganz schön bluesig improvisieren, mit der Stimme.
Wenn dir das zu fad wird, greifst du halt ein H – dann hast du die harmonischen Stufen I, IV und V – damit kannst du schon einige Songs begleiten.
4) „Alle molle Entchen“
Warum nicht „Alle meine Entchen“? – aber in Moll!
(Also mit kl. Terz und kl. Sext). Das klingt dann ein wenig schwermütig und passt zum Bass …
Ah ja:
* Nix übertreiben – blutige Finger und Sehnenscheidenentzündungen gibt’s erst gegen Bezahlung (einer Lehrerin oder eines Lehrers).
* Da du ja grad keinen Bogen hast, würde ich vorschlagen, du stimmst das Tier nach den Leersaiten – und zur Kontrolle Flag. „am XII. Bund“.
* Und nicht vergessen: die Freude an den schönen tiefen Tönen ist jetzt mal das Wichtigste!