Hallo Stefan, Deine Frage war "wie funktioniert das? und nicht "wie erlerne ich das", deshalb spare ich mir die üblichen Patentrezepte und Binsenweisheiten hierzu. Deine Vermutungen zu Deiner Frage sind beide richtig, beim intonationsreinen Spielen eines bundlosen Instrumentes kommen antrainierte Reflexe zur Geltung, die ich gerne "Muskelgedächtnis" nenne. Damit meine ich die Fähigkeit des menschlichen Geistes sich eine Summe von Muskelspannungszuständen sowie Gelenkstellungen als Ganzkörpergefühl zu merken und dieses Körpergefühl bestimmten Tönen und Positionen auf dem Griffbrett zuzuordnen. Bei Sängern gibt es ein ganz ähnliches Phänomen, was von Gesangslehrern oft "Stimmgriff" genannt wird, hier ist die Fähigkeit gemeint sich eine ganz bestimmte Konstellation von Kehlkopf und Stimmbänderspannung als Körpergefühl zu speichern. Leute die diesen "Stimmgriff" beherrschen, können ohne Referenzton jeden Ton ansingen und jeden gehörten Ton nach kurzer Zeit ableiten. Hier wird oft der Mythos vom absoluten Gehör bemüht und als Ausdruck höchster musikalischer Begabung überhöht und verklärt. Das ist alles Unsinn und musikpädagogisches Dilletantengelaber. Alles ist erlernbar, u.U. auch systematisch erlernbar, bei den meisten Leuten ergeben sich besagte Fähigkeiten durch den ständigen Usus im laufe von Jahren automatisch. Man braucht als Lernender also entweder viel Zeit und Geduld oder einen guten Lehrer und einen dicken Nerv um sich die Fähigkeiten durch systematisches Arbeiten zeitnäher draufzuziehen.
Abgesehen vom "Muskelgedächtnis", was einen im Idealfall schon mal sehr in die Nähe der korrekten Tonhöhe bringt, sind permanent sehr schnelle Korrekturreflexe nötig.
Ich hoffe Du hast einen guten Lehrer der Dir alles praktisch demonstrieren kann. Ciao Roland