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Da ich mir einen neuen Bogen zugelegt habe, welcher auch mit Sternen neben dem Brandstempel des Meisters gekennzeichnet ist und keinen Schimmer habe, was das zu bedeuten hat, bin ich auf diesen Beitrag gestoßen....
Weiß den jemand was definitives, inwiefern die Sterne nur als Klassifizierungsmerkmal im Vergleich zweier Bögen desselben Meisters gelten können, oder ob man auch Bögen aus verschiedener Herstellung anhand der Sterne schon gröber kategorisieren kann?
Auf deutsch: Inwiefern (wenn überhaupt) ist solcherlei Markierung objektiv?
Liebe Grüße
F.
Guten Tag Kollegen,
ich glaube, das den Markierungen einer Bogenstange mit Sternen generell keine objektiv überprüfbaren Herstellungskriterien, im Sinne von amtlich bestimmten Qualitätsstandards, zugrunde liegen. Es mag sicherlich so sein, dass ein renommierter Bogenbauer innerhalb seines Programmes von unterschiedlichen Modellen mit diesem Ein- Zwei- Drei- Sterne-System seine "Meisterbögen" in gestaffelten Qualitäten noch einmal äußerlich sichtbar von einander unterschieden wissen will. Vielleicht haben die Mitglieder des Verbandes der Bogenmacher innerhalb ihrer Statuten dazu auch tatsächlich einen verpflichtenden Katalog für sich geschaffen (eine Recherche wäre interessant!), sodass sich der qualitätsbewußte Musiker allerbestens informieren und eine gute Vorauswahl für sich treffen kann.
Der heute beinahe unüberschaubare, globalisierte Zubehörmarkt für Streichinstrumente bietet jenseits der traditionellen Handwerkskunst (dort genügt doch in der Regel der brandgestempelte, bekannte gute Name/ das Siegel des Bogenmachers) inzwischen Billigstbögen mit eingeprägten Sternen als vermeintliches Premiumqualitätssiegel, zu Niedrigpreisen, aber mit Material- und Verarbeitungsmängeln, die einen erschaudern lassen!
Kann es nicht sein, dass hier schlicht und einfach mit dem, sich doch bei fast jedem von uns unbewußt im Gehirn eingegrabenen Sterne-Schema aus der Hotellerie-Gaststätten-Ferienwohnungen-Urlaub-Welt spekuliert wird, um damit den angestrebten Profit mit intelligent genutzter, konstenloser Fremdunterstützung zu befördern?
Schönes Wochenende in's Forum
Pollux
Ich sehe das genau so, diese Sternchen machen die Bogenbauer sehr wahrscheinlich nach eigenem Gusto und sind in keiner weise objektive Qualitätskriterien.
Es kann sogar sein, dass diese Sternchen nur eine künstliche Unterteilung darstellen um eine herstellerinterne Preisstaffelung zu erklären. Soetwas wird vom Verbraucher oft erwartet, manche Leute sind es gewohnt und daher auch gewillt mehr zu bezahlen wenn auf einem Prudukt "de luxe" oder "GTI" steht und ziehen aus gleichem Grund "Professional" der "Home" Version vor ohne vorab recht zu wissen was die spürbaren Unterschiede sind und ob es sich lohnt.
Ich habe vor Jahren einen 1 Sternchenbogen von Lothar Seifert gekauft und fand ihn deutlich besser als alle seine anderen Bögen und überhaupt alle Bögen auf der Messe, hinterher erst habe ich gesehen, dass ich das Schlußlicht erwählt hatte, schon damals bekam ich den Eindruck, das der Preissprung von 2000 zu 3000 DM für ein Sternchen mehr schwer erklärbar ist. Herr Seifert konnte es mir jedenfalls nicht plausibel machen, was bei mir hängen geblieben ist, sind seine Hinweise auf schöne Maserungen, dann hat er die Stange so gebogen dass ich schon dachte "Scheiße, der Bogen sagt gleich dankeschön, dann musst du das teure Teil nehmen", er hielt jedoch durch und welche Erkenntnis der Meister mir damit vermitteln wollte weis ich bis heute nicht.
Ich hatte nie Lust auf Kult und Mysterien was Kontrabassspielen angeht, seit einigen Jahren konnte ich das leidige Kapitel mit den Holzbögen abschließen, ich spiele aus praktischen und ästhetischen Gründen nur noch Carbonbögen. Die alten Fernambukprügel hängen genau so lange schon am Haken. Ein alter H.RPretzschner hat einen Brandstempel (Sterne weiss ich nicht mehr), der leider nicht mehr lesbar ist, die Stange ist dort sehr abgenudelt. Im Laufe von ein paar Jahren die ich damit gespielt habe wurde der Schriftzug immer unleserlicher, was mich aber nie gestört hat, da ich nie vorhatte ihn jemals zu verkaufen weil ich den Bogen so toll fand. Leider oder Gottseidank bin ich ein in Grenzen entwicklungs - und einsichtsfähiger Mensch und denke ich sollte ihn doch verkaufen, weil er wirklich nur noch rumhängt. Nun habe ich schon gedacht ob ich den Brandstempel mit einer art kriminaltechnischen Verfahren wieder lesbar machen könnte, weil potentielle Käufer auf den guten Namen und gegf. auf Sternchen fixiert wären. Ist von euch jemand bei der "Spurensicherungsabteilung einer Mordkommission" oder dergleichen oder hat auf anderer Grundlage eine pfiffige Idee? Ciao Roland
Vielleicht Schwarzlicht?
Nö, mit Schwarzlicht suchen Kriminologen nach Spermaflecken.
Als Nicht-Klassiker kann ich nicht mitreden, wenn's um das obere Preissegment bei Boegen geht - die Sternchen sind aber sicher das Element des Bogens, welches den geringsten Einfluss auf den Klang hat ;-)
Mein Carbondix Bogen hat z.B. drei Sternchen - klarer Fall von Sterninflation - korrekter Schuelerbogen (ca 300€), nicht mehr.
Was die einschlaegigen Bogenmacher angeht (also Leute, deren Sternchen man angeblich Glauben schenken sollte), so finde ich z.B. das Gewese ueber die Materialien der Wicklung laecherlich. Die Kosten fuer das bisschen Silberdraht sind doch irrelevant.
Ansonsten, wenn es Leute gibt, die gerne 3000 Euro und mehr fuer einen Bogen ausgeben und da einen Unterschied feststellen, warum nicht? Der Placebo-Effekt ist ja ein wirklicher Effekt - es gibt Leute denen Homoeopathie und Bach-Blueten helfen, also warum nicht Mammut-Elfenbein-Froesche als Balsam fuer sensible Kuenstlerseelen? Selbst wenn Plastik hier bessere Klangeigenschaften haette, es waere allein aus marktpsychologischen Gruenden nicht einsetzbar bei "Kuenstlerboegen". Mir duenkte beim letzten Besuch beim Geigenbauer schon, dass ein 1500 Euro Bogen besser 'faehrt' als meiner, trotzdem war es mir das nicht wert, da der limitierende Faktor einfach meine Technik ist, und mein jetziger Bogen voellig ausreicht, an dieser weiter zu arbeiten.
Was mir noch einfaellt als Argument fuer Carbonboegen, ist die angebliche Unzerstoerbarkeit des Materials, welche ich ausgiebig getestet habe (Bereich Freie Improvisation - Free Jazz) - mit guten Ergebnissen - das haette sicher kein Holzbogen so weit ueberlebt. Ich musste dagegen passen, als bei einer KOmposition fuer frei improvisierendes Orchester die Anweisung 'con legno' auftauchte - sorry, kein Holz zur Hand ...
Col Carbon gespielt klingt eigentlich aber genau so schön wie col legno, ich sehe da kein Problem.
Deiner Meinung wegen Gewese um Silberdrahtumwicklung kann ich mich anschließen, ich halte das bei Untergriff Bogenhaltung für ausgemachten Quatsch , was bei Geigenbögen noch einen halbwegs nachvollziehbaren Nutzen hat, ist bei Kontrabassbögen eine reine Verzierung. Ob man da Silber, Neusilber, gesponnenes altes Zahngold oder Gaffa nimmt ist einerlei.
Wenn aber die Silberwicklung Ausdruck der Wertschätzung ist, die ein Bogenmacher seiner Stange beimisst, dann frage ich wozu dann noch Sterne?
Spieleigenschaften sind sicher auch vom Design eines Bogens abhängig, ginge es hauptsächlich um das Material, könnte ich mich am Lagerfeuer mit meinem alten Pfadfindermesser daranbegeben und an der Meisterstange lustig drauflosschnitzen.
Wie man Holzqualitäten objekiv nachvollzieht, interessiert mich brennend, ich weiss wohl wie man Materialeigenschaften (Verwindungssteifigkeit, Federeigenschaften, Standzeit bis zur Materialermüdung) im Maschinenbau misst und solche Werkstoffeigenschaften in Relation zueinander bringt, wie man das bei raren Holz macht kann ich mir nicht vorstellen, vor allem, weil die meisten Materialprüfverfahren nicht zerstörungsfrei funktionieren. Vielleicht wird es mir Frau Knobel erklären, wenn es solche Verfahren für Meisterholz gibt, kann sie vielleicht auch noch sagen ob eine Materialprüfung überhaupt regelmässig gemacht wird.
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