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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich hab mal so ein Blick in die europäische orchestrale Runde getan.
Es fällt mir irgendwo auf, daß die "Religionsgrenzen" zwischen 5-Saiter und Extension zu verschwimmen scheinen. Früher war es eigentlich klar, Amerika und Englad sowie kulturell denen nahestehende Länder wie Australien, Kanada oder auch Israel haben größtenteils die Extensions eingesetzt, Kontinentaleuropa dagegen den guten alten 5-Saiter.
In den Niederlanden war irgendwie noch selbst ne Grenze, die Orchester im Norden und im Osten spielten 5-Saiter (incl. Concertgebouw), die im Westen (Rotterdam und südlich) eher Extension.
Jetzt zeigt sich aber, daß gerade auch schwedische und norwegische Orchester bevorzugt Extensions einsetzen, in der Schweiz ist Frank Sanderell von der Tonhalle ein Vorreiter, bei der Mailänder Scala spielt Giuseppe Ettore eine Extension und bei der Sinfonia Varsovia in Polen Michal Sobus. Im Concertgebouw haben wir jetzt auch einen hohen Anteil durch viele neue Kollegen, die aus England oder Amerika stammen.
Daher ist meine Frage in die Runde, meint Ihr, daß wir auch in Deutschland und Österreich uns mehr mit Extensions auseinandersetzen müssen? Auf der anderen Seite sieht man gerade in vielen der großen englischen Orchester verstärkt 5-Saiter (Philharmonia, BBC Philharmonic usw.).
Eure Meinungen? Neue Technologie am deutschen Horizont oder nur einfach weniger klare Abgrenzung?
In der Orchesterwelt kenne ich mich nicht hinreichend aus, aber eine Extension kann schon sinnvoll sein. Man braucht die tiefen Töne ja nicht ständig, die fünfte Saite hat man aber permanent (und die damit verbundene schlechtere Ergonomie). Auch ist so eine Extension leichter rückbaubar als aus einem 4- einen 5-Saiter zu machen. Für mich als jemanden, der seine Bässe selbst bezahlen muss, stellt sich da auch die Kostenfrage. Gute 5-Saiter sind i.d.R. extrem teuer.
Hallo Langisch,
zur Ergänzung möchte ich nur anmerken, daß auch bei den Wiener Philharmonikern ein jüngerer Kollege eine Extension spielt, und in Deutschland ist es mir bekannt von Köln (Gürzenich-Orchester) und dem Südwestfunk Freiburg (früher Baden-Baden) und dem Städt. Orchester Aachen.
Hallo Langisch,
interessante Frage!
Meine Meinung aus der Sicht eines Nicht-Klassikers:
Ich glaube, daß die Zeit, in der die Verwendung von 5-Saitern oder Extensions geogaphisch oder kultutell zuzuordnen sind, langsam ausläuft und beide Versionen Vor- und Nachteile haben.
Die Entwicklung im Internet macht es möglich, daß sich Menschen (die einen PC bedienen können oder besitzen) in Echtzeit global austauschen können. Das hat natürlich Einfluß auf kulturelle Eigenheiten die sich durch Isolation bzw mangelnden Austausch entwickelt haben.
Beispielsweise wird der Bass auf diesem Planeten wahlweise mit Untergriff oder Obergriff gestrichen. Die Bezeichnung deutscher Bogen und französischer Bogen mag etwas über Entstehung oder frühere geographische Verwendung aussagen, aber heutzutage ist der Obergriffspieler nicht zwingend Franzose oder muß in Frankreich leben.
Daher denke ich - ohne das bewerten zu wollen - daß "neue Technologie am deutschen Horizont und nur einfach weniger klare Abgrenzung" langsam zur Normalität werden wird.
LG
Jan
Da fällt mir noch ein: Eigentlich ist die Extension eine deutsche Erfindung (Max Poike, Berlin um 1900) und somit ja auch nicht gerade neueste Technologie. Der gute Poike hatte nur insofern Pech, weil sich gerade der 5-Saiter durchzusetzen begann. Diese Erfindung wurde aber von den Engländern angenommen, da dort sehr viele, sehr schöne und alte Instrumente vorhanden waren, die man nicht unbedingt zu 5-Saitern machen wollte. In Deutschland hingegen war der 5-Saiterzug schon abgefahren. Ich finde es gut, daß sich jetzt Kollegen über die Vorurteile hinwegsetzen ( Spott und böse Bemerkungen von Kollegen hält keiner gern aus) und sich mit der Extension befassen, es wäre sehr falsch, da auch einen solchen Religionskrieg zu entfachen, wie er manchmal zwischen französischer und deutscher Bogenhaltung geführt wird. Also nur Mut, und wenns nicht gleich so gut klappt wie auf dem 5-Saiter: Üben hilft. Und der Bass muß sich auch erst dran gewöhnen, jetzt auch tiefere Frequenzen von sich zu geben, nach einer Weile werden diese Töne auch schön voluminös, wenn man es raushat, sie richtig anzustreichen. Jedoch sollte sich jeder, der mit dem Gedanken spielt, eine Extension montieren zu lassen, vorher genau überlegen, welches System er wählt. Es gibt die gegriffene Extension, also die einfache Verlängerung des Griffbrettes und lediglich mit einem Capo zur Fixierung des E, diese läßt sich natürlich auch mit Capos auf jedem Halbton ausstatten, so daß man je nach Musikstück, nur den jeweils tiefsten Ton fixiert, hat aber den Nachteil, daß man bei den tiefen Tönen mit der Hand unbequem überm Wirbelkasten rumturnen muß, oder man entscheidet sich für eine Extension mit Spielmechanik, bei der man die zusätzlichen Töne nicht auf dem Griffbrett, sondern mit Tasten greift und diese dann mechanisch auf der Saite mit Hebeln gegriffen werden. Gibts bei thomasmartin.co.uk Also unbedingt vorher bei Kollegen ansehen und ausprobieren. Jeder Extensionspieler ist bestimmt gern bereit, seine Erfahrungen und Erkenntnisse zu teilen und weiterzugeben und Kollegen, die sich dafur interessieren, mal probieren zu lassen.
Viel Erfolg (Ex-) Fivestringer
Liebe Kollegen,
Seit 30 Jahren spiele ich sowohl 5-Saiter als 4-Saiter mit Extension. Inzwischen spiele ich im Orchester sehr oft 4-Saiter mit der tiefen Saite auf D gestimmt und dazu eine kurze Extension bis zum tiefen C. Für mich ist das eine sehr gute Lösung. Was die tiefen Regionen überhaupt angeht : schnellere Passagen in der (sub-)kontra-oktave sind nach meiner Meinung eher etwas hypothetisches oder theoretisches : im wirklichen Leben wirkt das eigentlich nicht und man soll sich nicht allzuviel anstrengen solche Dinge zu meistern. Ich spiele dann meistens eine Oktave höher, wo die Noten ansprechen und ortbar sind. Extension oder 5-saiter sind in diesem Sinne egal, die tiefsten Noten sind wunderbar wenn's langsam geht, wenn sie liegen bleiben, wenn Bass und Saite genügend Zeit bekommen um anzusprechen und richtig zu klingen. Deshalb benutze ich auch keine schwere Mechanik auf der Extension oder spiele ich bei Extensionen ohne Mechanik fast nie auf der Extension selbst. Am besten wirkt für mich eine Extension mit festen Klappen, wo man den tiefsten Ton zosusagen vorprogrammieren kann. Das deute ich dann in der Basstimme an. Innerhalb von einer Symphonie kann man dann immer den tiefsten Ton anpassen je nachdem was eine gewisse Passage verlangt.
Mit der E-Saite auf D runtergestimmt fallen sowieso viele Schwierigkeiten weg und man gewöhnt sich sehr schnell an der neuen Stimmung. Wir haben ja schon eine D-Saite. Der gleiche Ton wie auf der 2. Saite findet man dann auch auf der 4.Saite, eine Oktave tiefer.
Im 21. Jahrhundert soll man übrigens, wie die Kollegen schon sagten, vielleicht endlich mal aufhören mit den politisierten und polarisierenden Benennungen wie "Deutsche" und "Französische" Bogenführung, oder mit der Illusion dass es nur eine einzige "richtige" Weise gibt den Bass zu halten, stimmen, spielen usw.
Liebe Grüsse
Bassta7
Danke für Eure Antworten.
Also hab ich mich nicht getäuscht, die Religionskriege sind also vorbei. Wobei ich das auch selber an mir merke, ich stehe Extensions auch nicht mehr so kritisch gegenüber, wie ich das noch vor ein paar Jahren getan hab.
Wobei ich auch ehrlich sein muß, eins der Haupt-"Argumente" gegen die Extension ist eben auch die Optik, also nicht wirklich was Rationelles. Sich vorzustellen, auf einen schönen Gasparo da Salo oder einen Gagliano so ein Ding aufzupröppeln, das ist natürlich nix für ein Ästhetenherz. Andererseits ist eben genau DAS auch der Vorteil, man kann vorzügliche Soloinstrumente auch zum Orchestereinsatz mit vollem Tonumfang fitmachen, und genau das ist es wohl, was die Kollegen beim SWR und beim Gürzenich (hier sind es jeweils Solobassisten, die das gemacht haben) auch dazu bewogen hat. Mir waren die deutschen Beispiele völlig entfallen, es gibt auch in Nürnberg einen Kollegen mit Extension am Baß.
Welche Extension nun am besten verwendbar ist, wird wohl immer was Individuelles bleiben, ich selber bin am Besten auf der Mechanic Extension zurechtgekommen, also der, mit den vielen Griffhebelchen neben dem Griffbrett.
Andersherum hab ich auch bezüglich 5-Saiter meist Glück gehabt, was die Instrumente anbelangt, die ich spiele. Und das voluminösere Klangerlebnis darf in den Orchestern auch nicht fehlen. Daher könnte ich mir ne gesunde Mischung im Orchester gut vorstellen, vielleicht Solobassisten mit Extension, und das Tutti mit den dicken Diesel-5-Zylindern
Übrigens arbeitet Patrick Charton (Paris) im Moment an meinem neuen Bass ("Basse-Partout") mit abnehmbaren Hals. Der hat eine Extension auf der 5. (D-) Saite und dazu für jede Saite einen Hipshot Extender am Saitenhalter und einen Hipshot D-tuner am Wirbelkasten... Die Hipshots sind alle vorprogrammierbar und ermöglichen blitzschnelles umstimmen nach oben oder nach unten.
Der Extender kann in gewissen Fällen die Extension ersetzen, benötigt null Arbeit am Instrument und kann ohne Problem wieder weggenommen werden. Also, in beschränkter Weise, eine Alternative zur 5. Saite und zur Extension.
Viele Grüsse
Von dem Baß würden mich ja mal Bilder interessieren, auch von den Extendern.
In nem anderen Thread wurde ja auch schon der Extender diskutiert, den man am Saitenhalter festmacht. Wie löst Ihr denn beim Basse-Partout das Problem mit den Saiten auf dem Steg, daß die den nicht verziehen? Röhrchen, oder einfach nur viel Graphit auf die Stegkerbe?
LG
Hi Langisch!
http://www.kontrabass-atelier.de/teile.html -> Free Range XTender. Einstellbar bis zu einer Quinte... Wird dann Ersatz für den "Dive Bomb" Effekt sein...
Grüße
Thomas
Jou Thomas,
genau die Extender meinte ich ja mit denen, die am Saitenhalter angebracht werden. Jonas Lohse vertreibt die ja, und ich denk laut über die Anschaffung nach, um beim Barockbaß vom Kontra-D schnell aufs Kontra-C umzusteimmen.
Aber die Hipshot Extenders werden ja laut meiner Googlerei direkt am Wirbel angebracht, udn da tät mich ja das Ergebnis sehr interessieren.
Grüße
Peter
Hi Peter!
Die Hipshot Tuner kenne ich nur vom E-Baß. Ich selbst hatte nie so einen, hatte aber einige damit ausgestattete E-Bässe in der Hand - und die Mechanik hat mich nicht überzeugt. Zumeist (geschätzt bei vier von fünf E-Bässen) muß man doch nochmal selbst Hand anlegen um zur richtigen Stimmung - in beide Richtungen - zu gelangen. Gut, das mag auch von den Saiten und dem Zustand des Sattels abhängen, aber auch live ist mir auch aufgefallen, daß E-Bassisten mit Hipshot Tuner nach dessen Betätigung immer gerne nochmal manuell korrigieren.
Die Sache mit der Umstimmung von Kontra-D auf Kontra-C beim Barockbaß finde ich sehr interessant .
Grüße
Thomas
Patrick Charton hat eine Website, dort gibt es Bilder vom B21 (21 steht für 21. Jahrhundert). Auch auf YouTube findet man ein paar Clips. Dieser Bass ist ein echtes "Work in Progress", und bei der neuen Version "Basse-Partout" gibt es verschiedene Neuerungen : Schalloch in der Oberzarge für besseres Hören im Orchester, Hipshot D-tuners und X-tenders, vielleicht nachher auch verwechselbares Griffbrett mit oder ohne Bünden, und einen Hals für 6 Saiten in Violonestimmung...
Das Instrument wird hauptsächlich die Wiener Stimmung als Basis haben (D-A-D-Fis-a) aber mit dem verwechselbaren Wirbelkasten (der Hals selber bleibt derselbe in 4- oder 5-Saitenbetrieb) ist es ganz einfach den Bass auch mit 4 Saiten zu spielen.
Aktuelle Bilder gibt es noch nicht, Patrick hat erst vorige Woche mit dem konkreten Bau angefangen. Soll ende März fertig sein...
Wie er das mit den X-tendermechaniken machen wird weiss ich noch nicht, aber der Mann ist unglaublich inventiv und findet für alles eine Lösung :-) Vielleicht wären kleine Rollen im Steg, wie bei einigen E-Gitarren mit Vibrato, eine gute Lösung.
Und wer wegen dem Sound skeptisch ist : der B21 klingt auserordentlich gut. Wenigs die 4 die ich schon gesehen, gehört und gespielt habe sind ausnahmslos Oberklasse.
Viele Grüsse
Für Hipshot D-tuner einfach mal Michael Manring anschauen (YouTube). Der scheint mit den Dings keine Probleme zu haben, und er hat sie auf jeder Saite...
Allerdings muss man die erst mal richtig montieren und "programmieren". Das ist für jeden Bass anders, und beim Saitenwechsel muss das immer neu feinjustiert werden.
Viele Grüsse
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