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N'Abend :)
Was haltet ihr davon, als (klassischer) Kontrabassstudent zusätzlich Jazzbass oder E-Bass als Nebenfach zu belegen? Ich bekomme immer wieder den Rat, mich möglichst vielseitig zu qualifizieren und mir erscheint es auch nur sinnvoll (und auch reizvoll, ich war immer auch Gelegenheitsjazzer), z.B. um mal kompetent E-Bass unterrichten zu können usw. Andererseits kann ich nicht abschätzen, ob der zusätzliche Aufwand das Hauptfach negativ beeinträchtigen könnte. Ich will ja nicht nur "alles ein bisschen" machen, sondern die Studienzeit so effektiv wie möglich nutzen - aber dazu könnte doch auch gerade das gehören, nämlich alles mitzunehmen, was man kriegen kann, um einen vielseitigen Musiker abzugeben. Oder? Hat hier vielleicht jemand diesen zweigleisigen Weg eingeschlagen?
Das Nebenfach ergibt als Ergebnis einen Zettel mit Stempel. Entscheide selbst ob das eine "Qualifikation" ist oder ob man Musik auch aus Spaß / Interesse machen kann. mE hat das mit Kompetenz nichts zu tun.
Sowas hab ich befürchtet. Aber immerhin bekommt man guten Unterricht, da könnte man ja trotzdem das Beste draus machen, auch wenn der Zettel selbst nicht viel wert ist. Wenn ich ehrlich bin, suche ich vielleicht nur eine Rechtfertigung, es aus Spaß und Interesse zu tun. Es reizt mich nämlich unheimlich. Mein Studium fängt erst an, ich bin daher noch etwas unsicher und vorsichtig.
Moin,
wenn du einen guten Dozenten für klassischen Kontrabass hast, wirst du keine Zeit haben, dich um mehr als die ohnehin lästigen bereits vorhandenen Pflichtnebenfächer zu kümmern. Du solltest dein Studium nutzen, um dir in deinem Hauptbereich ordentliche Kompetenzen anzueignen, damit du hinterher auch was damit machen kannst.
Wer nach einem klassischen Kontrabasstudium nicht halberlei gescheit eBass spielen kann und es davor auch nicht konnte, sollte generell mal hinterfragen, wer ihm Begabung und Musikalität unterstellt hat und wie weit es damit her ist. Falls also - ich unterstelle das mal - beides reichlich vorhanden ist, kaufst du dir einfach nach deinem Studium einen eBass und irgend ein Buch mit vielen Noten drin, fertig. Die Sommerferien nach bestandenem Konzertexamen werden ausreichen, einen guten eBassisten aus dir zu machen.
Konzentriere dich auf dein Hauptfach. Das Ansinnen, ein möglichst flexibler Musiker zu werden, ist löblich, jedoch streng genommen nur für so Typen wie mich von Bedeutung, die nichts richtig können und deshalb irgendwie alles machen müssen.
Auf die Qualität der so genannten Ausbildung an den so genannten Jazzhochschulen oder vergleichbaren so genannten Instituten will ich erst garnicht eingehen - kein relevanter Jazzmusiker auf diesem Planeten hat jemals Jazz studiert!
Just my 2 cents, wie es so schön heißt und, liebe eBassère: ich habe nichts gegen euch, ich nehme dieses Instrument einfach nicht wirklich ernst.....
... kaufst du dir einfach nach deinem Studium einen eBass und irgend ein Buch mit vielen Noten drin, fertig. Die Sommerferien nach bestandenem Konzertexamen werden ausreichen, einen guten eBassisten aus dir zu machen.
Das ist genau die Ansicht vieler Klassiker, was Jazz- und Popularmusik angeht, die mich regelmäßig aufregt. "Stell uns ein paar Noten hin und wir spielen Dir alles, Stilrichtung egal." Dementsprechend gehören auch Jazz-Standards wie Summertime oder Take 5 in jedes Set eines (klassischen) Bläserensembles, Saxophonquartetts, etc., zumindest als Zugabe. Dass es bei dieser Musik vor allem auch um Groove und Rhythmusgefühl, Improvisationsfähigkeit, Sound, etc. geht, Dinge, die jahrelange Erfahrung und Spielpraxis voraussetzen, wird dabei völlig ignoriert. Ein guter E-Bassist wird man eben nicht schnell in den Sommerferien.
Old_Slapperhand, das geht jetzt nicht gegen Dich persönlich, denn ich nehme an, dass Du kein Klassiker bist und das einfach etwas missverständlich geschrieben hast. Du meinst, die Technik des E-Basses kann man sich schnell aneignen (Auch da würde ich Dir übrigens widersprechen. Man kann schnell eine Kontrabass-Mix-Technik auf den E-Bass übertragen, die halbwegs funktioniert, ja. Wie weit man damit kommt, steht auf einem anderen Blatt...)
kein relevanter Jazzmusiker auf diesem Planeten hat jemals Jazz studiert!
Hierzu schreibe ich besser gar nichts, sondern stelle lediglich fest, dass unser Relevanzbegriff stark variiert.
Ich bin ja (gottlob) kein "Profi" (mehr). Der eBass steht neben meinem Schreibtisch. Komme ich mal wieder nicht richtig weiter nehme ich den und klimpere ein wenig herum. Das ist mit dem KB (3m weit weg) naturgemäß etwas schwieriger.
Also hat ein eBass doch so seine Berechtigung
@ old_slapperhand
>Auf die Qualität der so genannten Ausbildung an den so genannten Jazzhochschulen oder vergleichbaren
> so genannten Instituten will ich erst garnicht eingehen - kein relevanter Jazzmusiker auf diesem Planeten
> hat jemals Jazz studiert!
Ohh, wie recht Du ja hast! Nur ein klassisches Studium bereitet optimal auf Jazz vor. Deswegen können alle klassisch Ausgebildeten sofort ausnahmslos so großartig und veritabel improvisieren! Nimmst du ihnen das Notenblatt weg, rufst ein paar Changes zu, solieren sie absolut fehlerfrei und technisch versiert jeden Takt als perfekte und ausdruckstark gespielte Ganze Pause...
Spass beiseite:
Wenn man sich für Jazz und Populärmusik aufstellen will, sollte man das natürlich vertiefen. E-Bass als Nebenfach muß nicht sein, das kann man sich auch selbst draufschaffen, so das es leidlich ausreicht um auch einen Anfängerunterricht zu bestreiten oder einen Job zu spielen. Auf höherem spielerischenNiveau, wenn es um sehr schnelles Spiel, n-saitige Bässe (n>=6), spezielle Slap-Techniken oder zweihändiges Tapping geht, dann ist der E-Bass dann doch ein zu eigenes, eben anderes Instrument um das ohne intensives Beschäftigen drauf zu haben - da hilft das KB-spielen-können nicht so richtig viel.
Aber welcher Mensch will ernsthaft Jazz mit dem E-Bass spielen, wenn er KB spielen kann...??
dazu muss ich sagen, ich habe mich, bevor ich auf den kontrabass gekommen bin (ich bin spätzünder), lange auf e-bass konzentriert, habe zwei hochwertige sechssaiter und war zumindest eine zeit lang recht versiert. in meiner heimatprovinz hatte ich schon einen namen als bassist, habe studiojobs und in profibands gespielt. als ich angefangen habe, mich auf ein klassisches studium vorzubereiten, habe ich das von einem tag auf den anderen mehr oder weniger aufgegeben, aber hinterfrage langsam, ob das richtig war. der (klassische) kontrabass liegt mir definitiv mehr, die kehrtwende geschah aus tiefer, wenn auch später, überzeugung.
viele bassisten lernen ja auch violone - könnte ich mir auch vorstellen, aber ich glaube fast, ein bisschen jazzvertiefung stattdessen wäre bei in meinem fall effektiver, s.o.. mein ehemaliger klavierlehrer, ein erfolgreicher pianist mit professur, hat mir immer dazu geraten und auf seine meinung kann man bei sowas viel geben, somit gibt mir das zu denken.
hinzu kommt, dass man in dem bachelorkram ja sowieso zig wahlmodule braucht und bevor ich einen französischkurs mache....
Jazz schadet nicht, sofern es Dein Hauptstudium nicht zeitlich behindert. Interessant dürften da die verschiedenen Ansätze zum Üben sein und lesen rhythmisch schwieriger Passagen (z.B. Latin, Rock). Du kannst ja wenn Du beides eine zeitlang parallel machst ggf. zwischendrin noch umschalten und Haupt- und Nebenfach wechseln.
Bassgitarre ist ein komplett anderes Instrument. Wen Du da schon einiges drauf hast solltest Du diese Fähigkeiten zumindest bewahren (also hin und wieder mal üben wenn sofern das Studium es zuläßt). Hin und wieder eine Weiterbildung in speziellen (Anschlags-)Techniken und Stilen kann nützlich sein, aber zwei Instrumente zeitgleich auf professionellem Niveau zu lernen schaffen nur sehr wenige.
Ich würde Dir vorschlagen bleibe für das Studium beim Kontrabaß, mach' Dein Klassikstudium und schau öfter mal in den Jazz rein. Vieles an Rock und Funk kann man auch mit dem Kontrabass spielen, wenn man klanglich auf die Hammer-on-Techniken der Bassgitarre verzichten kann. Du kannst ja immer noch das eine oder andere Seminar mit der Bassgitarre besuchen und dich da weiterbilden. Wenn es für den akustischen Kontrabass zu laut wird kann man dann immer noch je nach innerer Neigung auf einen elektrischen Kontrabass oder eine elektrische Bassgitarre wechseln.
Den Violone kannst du dir erst einmal sparen. Wenn Du nicht ohnehin eine Neigung zur Musik des 16./17. Jh. hast (hast Du villeicht einmal Viola da Gamba gespielt?) dann kannst Du Dir das für das Studium schenken. Die andere Stimmung wird Dich bezüglich des Kontrabasses eher irritieren. Da (eine verbreitete) Stimmung des Violone die gleiche ist wie die der Tenor-/Bass-Gambe, kannst Du auch versuchen eine einfache sechssaitige Schülergambe günstig zu erstehen und auf ihr zu lernen. Damit hast Du in einem Gambenensemble (später alternativ mit Violone) mehr Möglichkeiten und Du lernst mit dem geringeren Streichwinkel eines sechssaitigen Instruments umzugehen. So ein Violone ist ganz schön teuer und die Darmsaiten wollen auch regelmäßig ihre Pflege haben.
Du solltest Dich, insbesondere wenn Du am Anfang des Studium stehst, unbedingt darüber informieren wie du wo, was und womit spielen kannst um später Dein Geld zu verdienen. Es hilft enorm die bei Dir jetzt anstehenen Entscheidungen zu treffen, wenn du dir realistisch klarmachen kannst in welchem Umfeld Du später am ehesten Dein Geld verdienen kannst (das lassen die Künstler ja gern außen vor bis sie gezwungen sind sich damit zu beschäftigen). Deine Interessenlage sollte da natürlich mit berücksichtigt werden, aber wenn du dich nicht festlegen musst oder willst sollte da sekundär sein.
Bzgl. der Hochschuljazzer: Diejenigen, die ich gehört habe, können mit dem Mainstream spielen, sind technisch gut aber musikalisch häufig tendeziell uninteressant. Oft werden die Stücke so schnell gespielt wie es eben geht. Man sollte nicht meinen, das Studium allein mache einen zu einem fertigen Jazzer. Ob das im Studium selbst begründet ist oder nur eine Nebenwirkung desselben ist, kann ich nicht beurteilen.
Am Jazz und an der Musikalität muss man selbst arbeiten, die Ausbildung kann da nur Hilfestellung und Anregung sein. Ich finde auch, dass z.B. Transkriptionen ein Hilfestellung zum Verständnis anderer Bassisten sind und nicht eine Vorlage der es nachzueifern gilt. Man picke sich die Anregungen heraus, die einem weiterhelfen, behalte die anderen im Gedächtnis (oder auf Papier) falls man sie später einemal doch nützlich findet und versuche das zu machen was man selbst möchte (auch wenn man nicht immer weiss wie es geht, dafür ist ja das Studium da). Unter einem gewissen (Prüfungs-)Druck kann das dann leider eher etwas zu kurz kommen. Viele Profi-Jazzbassisten in den USA haben durch ein klassisches Studium und das mitspielen mit ganz normalen guten Jazz-Schallplatten (nicht der Aebersold-Kram oder MMO) gelernt. Als Profi-Jazzer solltest Du einerseits den Mainstream beherrschen und mit möglichst jedem anderen Musiker menschlich klarkommen (das ist schon eine Herausforderung), andererseits solltest Du irgendeine persönliche Spezialität haben weshalb man mit dir und nicht jemand anderem spielen will. Das können Musikstile sein oder die Art wie Du mit einem Musikstil umgehst, besonderes Einfühlungsvermögen und schnelle Reaktionen auf deine Mitmusiker, die Verarbeitung anderer Musikstile im Jazz etc. Dies sollte aber unbedingt Deine Persönlichkeit wiederspiegeln und nicht etwas Gelerntes aber nicht Verinnerlichtes sein. (Fast) ohne den Mainstream kann man durchaus auch über die Runden kommen, es wird dann nur schwieriger passende Musiker und Auftritte zu finden.
Die Wahlmodule im Studium sind ja gerade dafür da dass Du eine breitere Sicht der Dinge bekommst. Das sollte man auch wahrnehmen. Wenn Du später eigene Stücke schreiben willst (egal ob Unterhaltungs- oder Kunstmusik), dann ist es auch sehr nützlich mal bei den entspechenden Instrumenten vorbeizuschauen, um ein Gefühl dafür zu bekommen was man damit gut und weniger gut machen kann. Schaustunden, bei denen der Lehrer dem Publikum die Arbeitsweise theoretisch und am praktischen Beispiel erklärt sind da sehr hilfreich, finde ich.
Das ist natürlich nur meine Meinung, andere mögen da anders drüber denken und sollten das auch hier kundtun damit Du ein ausgewogenes Meinungsspektrum bekommst.
Der Französischkurs kann durchaus nützlich sein, wenn Du häufig mit Franzosen zusammenarbeiten oder in Frankreich auftreten willst. Aber das musst Du letztlich entscheiden. (Wenn Du das jetzt schon kannst.)
Wenn du da schon so weitreichende Vorkenntnisse hast, dann musst du evtl. gar keinen Unterricht für E-Bass an der Uni nehmen. Wenn du dich weiterbilden willst, nimm doch mal das "Standing in the Shadows of Motown" in die Hand, da sind viele essentielle Sachen enthalten (Transkriptionen von James Jamerson).
Aus eigener Erfahrung (selbst. Musiker) ist es so, dass es sich auf jeden Fall auszahlt, mehr als ein Instrument zu beherrschen und unterrichten zu können.
Du lernst jetzt Kontrabass, bist schon ein erfahrener E-Bassist und vielleicht möchtest du noch etwas Gitarre lernen? Wenigstens so, dass du gescheit unterrichten kannst, also die Literatur für Anfänger und Fortgeschrittene kennst und die richtige Technik hast?
Denn mit den Schülern ist es so: Auf einen Kontrabassisten kommen zehn E-Bassisten und auf den kommen zehn Gitarristen.
Musiker, die nur Kontrabass unterrichten haben eben einen wesentlich kleineren Pool an potentiellen Schülern.
Aber sicher ist auch, dass du den Hauptfokus auf den Kontrabass richten solltest.
Hi playbass!
Zu Deinem letzten Satz:
- John Patitucci?
- Stanley Clarke?
- Christian McBride?
Und ich habe leichte Zweifel, ganz allgemein gesagt, daß sich die Fertigkeiten dieser Jungs mal eben so in den Sommerferien aneignen lassen...
Grüße
Thomas
Ich misch mich hier mal ein, ohne den Schimmer einer Ahnung vom Hochschulbetrieb.
Meine persoenliche Meinung ist, dass der Jazz von der verhochschulisierung nicht gerade profitiert hat, eher im Gegenteil. Das will ich jetzt gar nicht weiter diskutieren - es ist halt Geschmackssache. Ich habe mir youtube-Clips von verschiedenen deutschen Hochshcul-Jazzprofessoren angehoert, wahrscheinlich nicht genug, um repraesentativ zu sein, aber das meiste war echt kalter Kaffee. Man muss sich das mal reinziehen, heute gibt es schoin Puyblikationen wie," die vermiderte Skala in der Jazzimprovisation", oder die Leute ziehen sich "Giant steps" in allen Tonarten rein. Zeigt doch nur, den totalen kuenstlerischen Bankrott, diese Leute haben anscheinend nichts zu sagen und nichts besseres zu tun als solche todlangweiligen Spielchen.
Also um auf dein Anliegen zurueckzukommen, ich glaube dass du dir das mit dem Nebenfach schenken kannst.
Fuer mich sind die Begriffe "E-Bass" als auch "Jazz" mit learning by doing verbunden, wobei fuer E-Bass nicht wirklich ein Jazz Instrument ist, sondern seine Wurzeln in R'n'B Motowon und Funk hat.
Als klassicher KB wirst du lernen, wie man Instrumentaltechnik lernt, und mit dem richtigen methodischen Ansatz kannst du dir dann leicht raufschaffen, was dir am KB fehlt (z.B. Pizz-Technik mit Jazz sound, oder meinetwegen auch E-Bass -- stimme Scheppertreiber zu, ein eher langweiliges Instrument. Entweder nimmt man das Instrument so wie es gemeint war, naemlich ein Bassinstrument wo man eigentlich kaum eine Ausbildung braucht, und sofort in einer Band spielen kann. Oder man braucht eine Ausbildung: dies entweder fuer diese Hoeher-schneller-weiter Schiene des Jazzrocks, die ich persoenlich einfach nur zum Gaehnen finde, oder um zum hartgesottenen Studioprofi zu werden, der auf Zuruf saemtliche Klischees von 50 Jahren Jazz-Popmusikgeschichte bedienen kann, sozusagen human sampler).
Was jetzt Improvisation angeht, das dauert halt. Und ist halt wieder Geschmackssache. Ich persoenlich finde wie gesagt dass die meisten Jazzer mit Hochschulausbildung als Improvisatoren langweilig sind. Wie soll das auch anders gehen? Man macht einen Kanon, erstes Semester dieses, zweites jenes --- Jazz hat sich aber staendig geaendert, da gab es nie einen festes Repertoire. Und wenn man sich verschiedene Bassisten ansieht - die spielen alle voellig unterschiedlich (zumindest die die mir gefallen). Das muss man sich muehsam selber selber erarbeiten. Klar muss man sich mit Skalen- und Co auseinandersetzen, und auch mit der Tradition - verscheidene Stile usw - sozusagen als Navigationssyetm. Wenn man Skalen und co dann drauf hat, stellt man fest, dass es einfach nur langweilig ist, wenn man sowas spielt. OK, fuers Real-Book Standards schrammeln in einer Eck-Kneipe wird es reichen. Wenn man hoehere Ansprueche hat, muss man sich eben was anderes einfallen lassen, und das weiter entwickeln. Auf die Gefahr hin, dass das ergebnis den Unmut des hochschul-Jazzestablishments findet, weil es nicht in ihren Buechern steht. So auf Spoarflamme im Nebenfach, wird man da nicht weit kommen, wuerde ich mal vermuten.
Axel Schlosser, Rainer Böhm, Nils Wogram (gut, unterrichtet in der Schweiz), Frederik Köster, Steffen Weber, ... um nur mal ein paar zu nennen, machen in meinen Augen alles andere als lahme, langweilige, verkopfte Jazz-Musik. Aber das ist natürlich Geschmacksache.
Dass ein Jazz-Studium hinreichend für einen guten Jazzmusiker ist, ist übrigens auch nicht meine Meinung. Dass es eher hinderlich ist, will ich jetzt aber auch nicht unterschreiben.
Behrendt: äääh, hi, freddy, sis is se famous djörman jazz musician albert m.!!
Hubbard: there is no famous german jazz musician!!!!!
Oder, mit anderen Worten: so lange die Lehrenden an deutschen (!!) Jazzinstituten das kleine Nachschlagewerk "die Sozialgeschichte des Jazz" (Eckhardt Jost glaube ich war´s) fleißig vor sich hin ignorieren und BLUES für die Aneinanderreihung der richtigen Töne zur richtigen Tonleiter halten ist in dieser Szene Hopfen und Malz verloren. Die Hochschuljazzpädagogik hierzulande ist mit "Malen nach Zahlen" noch freundlich beschrieben.
Ich will das nicht weiter vertiefen, es lohnt sich nicht. Weiter unten steht ja ein romanhaftes Traktat, das die Situation schön beschreibt: wolle orchester?? guggst du proff, der wo viele unterbringen tut. rest egal. wolle mukker werden? guggst du straße, guggst du taxischein, guggst du vor allem freundlich in die wäsche. wolle kunst machen? guggst du erbschaft!!
schönen abend allahseits!
Hmm, so ist das wenn man aelter wird: die Professoren werden immer juenger!
Von den genannten kannte ich nur Nils Wogram, sind aber alle ganz gut, sieht nach einem Generationswechsel an den Hochschulen aus. Danke fuer die Tipps, und den Anstoss, eingefahrene Meinungen mal zu revidieren.
Bei der Frage, wie wird man ein guter Jazzmusiker, ist NW natuerlich ein spezielles Beispiel--- soweit ich weiss, ist er nicht die Hochschuljazzroute gegangen, sondern mehr oder weniger gleich nach der Schule nach NY.
Auch interessante Karrieren: Mini Schulz (Solobassist irgendwo und Prof für Jazzkontrabass in Stuttgart) und Thomas Stahr (Gewandhaus und Dozent für E-Bass in Leipzsch).
Von einigen (jüngeren) Jazz-Hochschuldozenten, u.a. auch vom o.g. Rainer Böhm, weiß ich, dass sie längere Zeit in NY waren.
If I can make it there
I'll make it anywhere
It's up to you
New York, New York
:) (...will unbedingt auch mal dorthin - natürlich nur als Zuhörer.)
>> oder die Leute ziehen sich "Giant steps" in allen Tonarten rein. Zeigt doch nur, den totalen kuenstlerischen Bankrott
Dazu einen Schwank aus meinem Leben:
Jazzsängerinnen: "And the next Song is ... Days of Whine and Roses" - Kopfdrehung zur Band "F, please"
Schlagzeuger: "A one, a two, ..."
Ja, dann bist Du nicht nur froh, wenn Du den Standard kennst, sondern den auch in allen Tonarten spielen kannst.
Dies durchlebte ich bei einem ganz normalen Hochzeitsgig, bei dem die Band eine französische Sängerin begleitete. Ich schwitze Blut und Wasser und erfuhr Gott-sei-Dank erst HINTERHER, dass Abdullah Ibrahim unter den geladenen Gästen weilte!
Jazz und Populärmusik ist ein seriöses Studium in dem die Beherrschung des Instrumentes genau so gut oder schlecht gelehrt wird wie in der klassischen Musik; ein guter Prof. ist nicht automatisch der der die geilsten scheiben aufgenommen oder die meisten gigs hat, auch in der Klassik sind die besten Solisten nicht immer die besten Lehrer.
Kurz und knapp: wenn du für wenig bis kein Geld die Möglichkeit und Zeit hast, deinen musikalischen Horizont zu erweitern mache es und lasse dich nicht von den Puristen ablenken, die gibt es leider in jedem Genre.
Ich halte es mit meinem Bass-Lehrer aus der Schulzeit in den USA: I'm simply a bassist and play the stuff on the stand! (was zugegebenermaßen als Freelancer in NYC einfacher ist als in D auf dem Land). Damit ist und fährt er weit besser als die engstirnigen Puristen. Die meinen ja "Spezialist" zu sein und nur dafür Zeit zu haben und "nur" Klassik oder Jazz oder....spielen aber auch nicht berühmter sind als der Tutti-Kollege im selben B-Orchester der mit Spass und Freu(n)de nebenbei ne Top40-Kapelle hat und bei Lust und Laune in ner Jazz-Combo mitspielt und v.m....
Hi LuBe,
meines Erachtens ist die Sache viel schwieriger und komplexer. Ich sehe dabei 3 Faktoren, welche du bedenken solltest. Ziel sollte es sein, diese in Einklang zu bringen.
Faktor 1: Dein Berufsziel
Was willst du genau werden? Wie stellst du Dir deine "Karriere" als Berufsmusiker vor?
Angenommen du möchtest die klassische Orchesterkarriere gehen, also durch Probespiele in einem Orchester in Deutschland aufgenommen werden und möglichst gut vergütet werden. In diesem Fall wird sich ein Zusatzfach auf keinen Fall positiv auf deine Bewerbungen auswirken, eher kann es sogar das Gegenteil bewirken. Viele Musiker in Orchestern sind sehr traditionell und konservativ, sie haben keine Probleme mit der Popularmusik aber schenken ihr auch nicht viel Beachtung und für viele Kontrabassisten ist der E-Bass nicht mehr als ein Spielzeug. Bewirbst du dich bei einem Orchester und die Bewerbung kommt in die falsche Hand, zB. der etwas ältere Solo-Bassisten und liest darauf "Zusatzfach E-Bass", so kann es passieren, dass du sofort aussortiert wirst. Das ist natürlich ein sehr extremes Klischee-Beispiel, aber die Realität außerhalb der Hochschule sieht nicht selten so aus. Aber natürlich gibt es auch die Gegenbeispiele, etc...
Oder möchtest du als Lehrer arbeiten, nach Möglichkeit an einer Musikschule mit Festanstellung? In diesem Fall sind vor allem erst ein mal deine pädagogischen Fähigkeiten entscheidend, stärker als deine instrumentalen. Diese erwirbst du dir (neben viel Praxis) in Vorlesungen und Seminaren, soll heißen in theoretischen Fächern. Deine Noten machst du mit Klausuren. So trocken das klingen mag und so verpönt das ist unter den Studenten (man beachte nur die gängige Meinung der „richtigen“ Musikstudenten zu den Schulmusikern...), einer Musikschule ist es lieber das du ein guter Lehrer bist der die Schüler motiviert und an der Stange hält als das du einen super Bassist bist, denn letzteres bringt der Schule kein Geld, ersteres schon. In Zeiten knapper Kulturkassen ist der Musikschulmarkt sehr umkämpft, die Devise der meisten Schulen lautet: Möglichst viel Angebot bei geringen Kosten. Bewirbst du dich an einer Musikschule als Kontrabasslehrer und kannst ein Zusatzfach E-Bass aufweisen, kann dir das einen Vorteil zu einem Kollegen verschaffen, der gleiches bringt aber kein Zusatzfach hat, denn in diesem Fall bist du universeller einsetzbar und die Musikschule kann ihr Angebot vergrößern. Ich selbst habe bereits Kontrabass, E-Bass, Klavier und klassische Gitarre unterrichtet – und ich kann nicht behaupten das ich eines der Instrumente wirklich sehr gut beherrsche. Jeder vom Fach würde mir die Ohren lang ziehen. Aber die Musikschulen waren zufrieden mit mir und ich hatte meine Jobs. Über die moralischen Aspekte, ob man als Nicht-Fachlehrer trotzdem das Fach unterrichten soll, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich möchte hier keine Diskussion starten sondern nur übliche Praxis verdeutlichen.
Soll es am Ende vielleicht doch der freiberufliche Musiker werden? Das heißt in Bands oder kleinen Kammermusikensembles/Orchestern spielen, auf Tour sein und (meisten) um die 200 Gigs im Jahr spielen (falls du nicht in die höheren Preisklassen aufsteigst)? Dann interessiert es keinen Menschen ob und was du studiert hast, es ist entscheidend das du deinen Kram zum richtigen Zeitpunkt spielen kannst und ob du ein netter und umgänglicher Zeitgenosse bist, mit dem man neben der Bühne auch seine Freude hat. Ensembles jeglicher Art, die viel auf Tour sind und deswegen auch einen großen Teil ihrer Zeit mit Reisen verbringen, sind vor allem deine Qualitäten neben der Bühne wichtig. Nicht selten erlebt man, dass der qualitativ schlechtere Musiker den Job bekommt weil er Vitamin B hat bzw. einfach der sympathischere Typ ist, was natürlich völlig subjektiv ist. Im Popularmusikbereich kann ein Hochschulstudium teilweise sogar negativ für die eigene Karriere sein. Eine Band, welche musikalisch auf einem hohem Niveau spielt (mit der passenden Musik dazu) und sehr gut verdient, ist selten. Es gibt viele semiprofessionelle Bands aus teils Amateuren, teils Profis, die sehr gut im Geschäft sind, obwohl sie gar nicht so gut sein bzw. nur im einem ganz bestimmtem Stil. Selbst habe ich folgende Geschichte erlebt: Ich spielte einige Gigs Aushilfe in einer Top-40-Band (ein Musiker kannte mich von früher, vor dem Studium). In der Probe spielten wir „Let it be“, welches in der Strophe die Akkordfolge C-G-Am hat. In der zweiten Strophe, die etwas offener vom Sound war, spielte ich in einer höheren Lage c-h-a, die Terz als Durchgang über G. Sofort hörten alle auf zu spielen und schauten mich an. „Was war denn das für ne falsche Note?!?“ „Naja ich hab mal die Terz gespielt anstatt den Grundton, bissle Abwechslung...“ „Achso ja klar, studiert halt...“ Nur so viel noch dazu: Es waren alles Amateurmusiker aber die Band war in ihrem Bereich sehr gut. Viele Gigs und musikalisch wirklich gut, aber natürlich auch begrenzt: Bei einem Gig sollten wir zu Beginn ein Dinner-Jazz-Set spielen. Ich werde nie die durchgehende Bassdrum bei „Night and Day“ und die 80er-Jahre-Snare vergessen, dazu ein Blues-Gitarren-Solo und im Klavier Akkordvoicings, welche nur selten mehr als Grundton, Terz und Quinte hatte...
Faktor 2: Dein Professor
Ohne daraus eingehen zu wollen wo du studierst, kann man doch sagen, das Professoren einige bestimmte Eigenschaften besitzen. Egal welches Fach (Instrument, Tonsatz, Geschichte, etc..), jeder glaubt seines wäre das wichtigste. Das kann auch nicht anders sein, den Biographie prägt den Menschen. Ein Professor für Kontrabass hat in der Regel einen sehr harten Weg bis dahin gehabt. Er hat jahrelang viel geübt, hat viele Probespiele hinter sich mit großem Konkurrenzdruck, hat vor seiner Professur in einem internationalen Spitzenorchester gespielt mit immensem Leistungsdruck, hat dann einen längeren akademischen Weg eingeschlagen, zuerst als bescheiden bezahlter Dozent dann als Honorarprofessor und am Ende, durch ein schwieriges Auswahlverfahren, hat er eine Professur bekommen. So verschieden die Menschen auch sind, du kannst mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass er einen Großteil seines Lebens damit verbracht hat, Kontrabass zu spielen, zu üben, ja Kontrabass richtig zu arbeiten um dahin zu kommen, wo er jetzt ist. Und egal wie „locker und cool“ er auch sein mag, er wird bestimmt nicht begeistert sein wenn du noch ein weiteres Fach dazunimmst, welches dir Zeit für das Hauptfach, für „sein“ Fach nimmt. Daher solltest du unbedingt mit ihm reden und ihn in deine Entscheidung miteinbeziehen. Mache dir da aber auch nichts vor: Wenn er „locker und cool“ ist, wird er natürlich sagen „Kein Problem, mach doch, finde ich gut.“. Aber sei dir bewusst das er dies nur solange tut, solange du im Hauptfach deine Leistung bringst. Wenn es irgendwann man mal nicht mehr der Fall sein soll, und wir wissen alle wie subjektiv das oft ist, dann wirst du genau diese Entscheidung von damals vorgehalten bekommen. Und so lieb und nett er auch ist, so sehr er dich mag, bei schlechter Leistung hört bei den meisten „die Freundschaft auf“. Er ist dafür verantwortlich das du ein erfolgreiches Studium absolvierst und ein erfolgreicher Musiker wird – zu einem nicht geringen Teil besteht sein Erfolg und Ruf auch aus den Ergebnissen seiner Studenten – und wenn er dieses in Gefahr sieht, wird er entsprechende Konsequenzen ziehen. Dies meint er auch nicht böse, er tut dann einfach „nur seinen Job“.
Faktor 3: Du
Natürlich gibt es auch immer noch dich bei der ganzen Sache. Was willst du? Was macht die Spaß? Worin liegen deine Stärken, deine Fähigkeiten, das was dich „besonders“ macht? Wenn du etwas machst, was nicht in Einklang mit dir ist, wirst du darin nur sehr schwer Erfolg haben, was auch immer es ist. Deshalb musst du am Ende das tun, was du auch willst. Mal ein Fallbeispiel:
Dein Ziel ist es später eine Stelle im Orchester zu bekommen. Das müssen nicht gleich die Berliner Philharmoniker oder die Wiener Philharmoniker sein (um einfach mal zwei gegensätzliche Spitzenorchester zu nennen, es gibt natürlich noch andere), es sollte aber auch nicht die Philharmonie Hinter Tupfingen, Tarifvertrag C sein (denn da verdient man nach heutigen Maßstäben nicht mehr wirklich genug zum Leben, was aber nicht heißt das man dort nicht auch inspirierte und großartige Musik macht und glücklich ist). Wenn der Wunsch nach dem E-Bass nicht besonders groß ist, dann solltest du das besser lassen, dich um dein Hauptfach kümmern und später dann mal, wenn du deine beruflichen Ziele zu einem gewissen Teil erreicht hast, das Instrument privat erlernen. Damit wirst du auch mit aller Wahrscheinlichkeit deinen Professor glücklich machen. Wenn aber der Wunsch deutlich größer ist, du also wirklich spürst das es dich dahin ziehst, dann musst du den E-Bass jetzt in die Hand nehmen und spielen und das Zusatzfach belegen, denn über längere Sicht wirst du du dich darüber ärgern, dass du es nicht gemacht hast, und das wird die Motivation für den Kontrabass rauben. Dann ist es besser du machst es, auch wenn dein Professor vielleicht nicht so begeistert sein wird, aber die Stunde, die du alle zwei Abende mal zu deiner Lieblingsplatte spielen wirst (und mehr wird es nicht sein auf Dauer, da sollte man realistisch bleiben) und der kleine Gig in der Kneipe für Freigetränke am Abend wird dir so viel Kraft und Energie geben, dass du voller Elan und Motivation auf dem Kontrabass am nächsten Vormittag üben wirst. Und dann wird dein Professor auch glücklich mit dir sein und du wirst später beim Probespiel so gut sein, das es jedem noch so konservative Orchester egal sein wird, was du wann und wie noch wo studiert hast.
Das kann natürlich auch genau anders herum sein. Wenn du weist was du später machen willst, und das ist vielleicht Freiberufler und Musikschullehrer, dann musst du das Modul machen. Erkläre es deinem Professor wie du dir das vorstellst und warum du das machst. Wenn er dich unterstützt, umso besser. Wenn nicht dann musst dich halt durchsetzten. Es kann sein das der eine oder andere Spruch kommen wird, vielleicht auch nicht, in jedem Fall musst du für dich wissen was dir wichtig ist. Das Studium geht dann auch vorbei und später wird dich auch keiner mehr fragen „Und was hat dein Professor dazu gesagt?“.... Du verstehst worauf ich hinaus will. Am Ende liegt es also allein bei Dir!
Was ist nun wichtig für dich? Mach dir genau Gedanken was du willst, prüfe dich auf Herz und Nieren und das nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder. Du veränderst dich und mit dir deine Wünsche und Vorstellungen vom Leben. Heute hast hier in diesem Threat das geschrieben und in einigen Jahren wirst du das lesen und dir denken „oh man, das war mal ich??“. Und da komme ich genau zum letzten und eigentlich wichtigsten Punkt:
Mache dir deine Gedanken nicht hier, nicht öffentlich!! Wir leben im Zeitalter von Internet und Globalisierung. Facebook sammelt Infos über dich und die werden immer bleiben. Und auch hier im Forum ist es gefährlich. Es lesen mehr Leute mit als man glaubt, auch Leute auf die du später treffen könntest und von denen du vielleicht abhängig bist, die Szene ist klein in Deutschland. Vielleicht schreibst du hier, dass du gar nicht unbedingt ins Orchester willst und meinst das jetzt auch so. In 5 Jahren hast du aber eine Frau und ihr habt den Wunsch nach Familie. Dann überlegst du dir das eine feste Stelle doch nicht so schlecht wäre und bewirbst dich. Die Leute werden deine Bewerbungen prüfen, auch übers Internet (das ist heute gängige Praxis). Du magst hier ein Pseudonym haben, aber irgendjemanden hast du mal verraten, dass du der oder der bist, oder du hast eine Anzeige im Marktplatz geschaltet mit deinem richtigen Namen. Der erzählt das durch Zufall dem und der kennt wieder einen der die Saiten bei Dir gekauft hat. Und so liest dann der Solobassist vom Orchester, bei dem du dich bewirbst, dass du gar nicht ins Orchester willst. Er wird schon zwei und zwei zusammenzählen können. Und das ist nicht gerade optimale Werbung für dich, oder?
So, genug geschrieben. Vielleicht klingt das jetzt alles auch ein bissle übertrieben, es ist auch nur meine ganz subjektive Sicht auf die Dinge, aber es verdeutlicht die Komplexität dieser „kleinen Sache“. Ich wünsche Dir viel Erfolg bei deiner Entscheidung und wenn du klug bist, wirst du diese hier keinem verraten ;-)
Viele Grüße
Hen
Vielen Dank, Hen!
Schöner und treffender hat in den letzten Jahren niemand mehr zusammengefasst, warum ich meine Kinder davon abhalten werde, Berufsmusiker zu werden. Das ist nicht böse gemeint, nur traurig.
Falls sie sich nicht davon abhalten lassen, würde ich ihnen sagen, was ich mal an Dich @ LuBe vorziehe: wenn Du wirklich Musiker werden willst, werd' wirklicher Musiker. Mach', was DU für richtig hältst, was für DICH wichtig ist. Dann bist Du authentisch, dann wirst Du auch Deinen Weg finden und gehen. Vielleicht mit 500 Euronen weniger im Monat, aber glücklicher.
Leben ist das, was Dir passiert, während Du Deine Karriere planst (frei nach John Lennon).
Und den Job im Orchester bekommt nachher sowieso jemand, der seinen kleinen Finger so hält, wie der erste Bassist das vor 200 Jahren gelernt hat.
LGBB
Ich bin begeistert! Vielen Dank an euch alle! Ich nehme jetzt aus Zeitmangel nur mal auf ein paar Punkte Bezug:
Weswegen es mich trotz vielleicht ausreichender Vorkenntnisse juckt, meine Jazzkenntnisse an der Hochschule zu vertiefen: ich hatte in der Richtung nie Unterricht. Mittlerweile bin ich zwar durch die Praxis ein passabler Jazzer, aber irgendwie habe ich immer das Gefühl, dass mir was entgangen ist. Den ganzen Skalenkram habe ich mir angeeignet und dann wieder vergessen, da mein gehör und meine finger mittlerweile gut genug zusammenarbeiten, dass ich meine soli einfach spiele ohne nachdenken zu müssen. Dafür muss ich eine Nummer aber umso besser kennen und im Ohr haben und leider beschränkt sich mein Repertoire auf das, was so auf Provinzsessions gespielt wird. Ein weiterer Grund, das methodisch auszubauen.
Mein Plan nach euerer Beratung: Vorerst lasse ich das mal auf mich zu kommen und werde so weiter machen wie bisher, soweit es das studium zulässt. für eine session im monat und um abends mal ein solo zu analysieren, wird sich Zeit finden. Sollte sich meine Planung eher in die Richtung des Freiberuflers konkretisieren, werde ich noch Gelegenheit haben die Option Nebenfach nochmal in erwägung zu ziehen.
midioma: mein französisch ist aus schulzeiten (leistungskurs) noch ganz gut und hat mir tatsächlich schon bei tourneen durch frankreich genutzt :)
Hallo,
das ist alles ziemlich interessant. Ich darf meine Meinung hier als offiziell Unstudierter kundtun. Drei Jahre bei einem pensionierten Philharmoniker sind in Richtung Klassik alles, was ich zu bieten habe. Und das ist auch schon eine Weile her. Der Rest atmet 1-A-Street-Credibility. Es reicht aber.
Das heißt, ich kann nur vermuten, was einem Studenten der klassischen Musik heutzutage abverlangt wird.
Andererseits - wer immer mal wieder den E-Bass zur Hand nimmt und das über Jahre - vielleicht mit Unterricht, vielleicht mit Büchern - tut, wird auch da ein passabler Instrumentalist werden. Ob es für einen Schein im Nebenfach "E-Bass" reicht, weiß ich nicht. Ob es sowas gibt, weiß ich auch nicht, ist mir auch egal. Es gibt eine Menge guter Bücher, und im U-Musik-Gewerbe zählt ein Schein eh nix. Also machen!
Dann hab ich noch was nettes gefunden - ich habe bei Google mal "John Coltrane Biographie" eingegeben und dies gefunden (unter anderem):
"Im Sommer des Jahres 1943 zog der mittlerweile siebzehnjährige Coltrane mit einigen Freunden nach Philadelphia um zunächst in der Ornstein School Of Music, später in den Granoff-Studios, Klarinette und Saxophon zu studieren."
Natürlich kenne ich die Schulen nicht. aber wer hier die Lanze für die Jazz-Street-Credibility bricht, ohne sich vorher zu informieren, hätte da mal was nachlesen sollen. Gut, John Coltrane ist in der Tat nur eine unbedeutende Randerscheinung des Jazz - er hat nur ein halbwegs interessantes Stück (namens "Giant Steps") geschrieben und, noch schlimmer, sowas wie 26-2 verbrochen, bei dem man noch mehr üben muß. Andererseits bewunderten ihn interessante Musik-Aussenseiter wie der mäßig begabte Gitarrist Jimi Hendrix wohl auch (der in der Tat , soweit ich weiß, keine offizielle musikalische Ausbildung genoss). Ach ja, Coltrane soll geübt haben. Sagt man. Sein ganzes Leben, inklusive der Pausen zwischen den Sets.
In dieser Zeit gab es sicherlich noch keine Jazzschule, aber wer hier erzählen will, daß die Jungs, die die Musik damals erfunden haben, nicht jede, aber auch jede Möglichkeit zur Aus- und Weiterbildung (um diesen schönen Begriff zu gebrauchen) genutzt hätten und haben, hat einfach keine Ahnung...
Und was die Ausbildung im Bereich Jazz an Hochschulen angeht, wäre ich auch etwas vorsichtig. Ich selbst habe durchaus auch ein Problem mit der Verschulung und in gewisser Weise damit einhergehender "Klischeeisierung" von Musik. Es entstehen definitiv eine große Menge dürftiger und windiger Musikergestalten - das empfindet sicher jeder so - allerdings jeder auf seine Weise. Allerdings kommen da auch eine Menge großer Musiker raus. Es sind schlicht und einfach viel mehr geworden.
Und wer mal mit einigen Hochschuldozenten aus dem Bereich "Jazz" gespielt hat, weiß auch, daß das Personal nicht ganz so schlecht ist, wie der Eindruck hier erweckt wurde.
Ich hab gerade noch ein wenig gestöbert und habe mal bei Wikipedia (Jaaaa - ich weiß, ich hätte auch ein richtiges Buch zur Hand nehmen können...) geschaut, was da über den - auch ziemlich irrelevanten Jazztrompeter Clifford Brown steht... Als da wäre:
"1949 wechselte Brown an das Maryland State College, das für seinen guten Musik-Fachbereich bekannt war...". OhOh- klingt fast nach Unterricht. Nachdem er schon als Junge seinen ersten Unterricht von seinem Vater bekommen hatte. Also schon vorverdorben war.
(Apropos - LuBe: Wenn Du etwas weiter gediehen bist: schreib Dir sein Solo von "Blues Walk" raus. Es liegt super auf dem Bass...)
Hups. Da hab ich doch noch was... "At age 17, Wynton was the youngest musician admitted to Tanglewood's Berkshire Music Center, where he won the school's Harvey Shapiro Award for outstanding brass student. Wynton moved to New York City to attend Juilliard in 1979..."
Langer Rede kurzer Sinn: Wenn es irgendwie geht, alles, aber auch alles mitnehmen, was an musikalischer Ausbildung möglich ist. Wenn Du in den U-Bereich willst: unbedingt E-Bass anschauen, wieviel, musst Du selbst abwägen. Wenn nur E-Bereich, soviel, daß der klassische Unterricht nicht leidet. Vielseitigkeit hilft.
Und einfach war es noch nie. Das kann Dir aber jeder sagen, der schon eine gewisse Zeit mitspielt.
viele Grüße
Alex
Hallo Alex,
ich wollte eigentlich nicht näher eingehen auf diese kuriosen Jazzstudiengänge, weil du aber ein paar wichtige Details in den Raum und mir damit einen Knochen geworfen hast, schnappe ich mal kurz nach und konkretisiere wie folgt:
Meiner Behauptung, wonach kein relevanter Jazzmusiker je Jazz studiert habe, widerspricht dein Zitat aus der Coltrane-Bio leider nicht. Ich sagte: JAZZ studiert. Von MUSIK studiert war da keine Rede. Ich bin also kein Gegner von Musikhochschulen - obschon 10 Prozent der aktuellen Dichte reichen würden - ich bin zuvörderst dagegen, dass arschgepuderte europäische Jünglinge sich anmassen, eine Musik auf universitärem Niveau vermitteln zu können, von der sie bestenfalls einen blassen Schimmer an Ahnung haben. Ich halte das schlicht für unseriös.
Und, Zustimmung: selbstverständlich muss geübt und gearbeitet und so viel wie möglich aufgesogen werden!!!!! Wer behauptet etwas anderes?
Was die Ausbildung an deutschen sogenannten Jazzhochschulen betrifft, muss ich nicht vorsichtig sein, im Gegenteil, ich kann mich in Kenntnis zu vieler Interna ganz weit aus dem Fenster lehnen. Natürlich gibt es dein ein oder anderen Dozenten oder Studenten, der etwas kann. Und doch ignorieren beide Seiten, wie dereinst Jazz gelernt wurde: by doing!! Und das hieß: man hatte einen Job in einer Bigband zum Beispiel, spielte jeden Tag mehrere Stunden, stand im Austausch mit erfahreneren Kollegen UND dem Publikum (!!!!!das spielt heute eher keine Rolle mehr...), konnte nach 10 Jahren on the road das komplette great american songbook ausm Hut in allen Tonarten rückwärts und hat sich bei den cracks abgekuckt, wie man´s macht. Die Basie-Band, und nicht nur die, spielte auswendig!
Da kannst du so viele Jazzinstitute gründen, wie du willst: Kindergeburtstag! Die Praxis macht den Unterschied, und abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen haben die Jungs heute, Dozenten wie Studenten, gar keine Gelegenheit mehr, Jazz (oder sonstwas) öffentlich dauernd zu spielen. Man hört das schön, wenn man eine der wenigen professionellen BigBands, die vom WDR, und die gehört zu den guten, mal mit einer BigBand auf Dauertournee vergleicht - sorry, das wird nix. Dienst ist Dienst und Jazz ist Jazz.
Was nicht nur dem Jazz dringend fehlt: Spielmöglichkeiten, Verdienstmöglichkeiten. Ich schlage vor, 9 von 10 Musikhochschulen umgehend zu schließen und die Kohle zur Subventionierung von öffentlichen Veranstaltungen einzusetzen. Was meinst du, was da los wäre! Plötzlich gäbe es Gigs ohne Ende und damit SPIELPRAXIS in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Sogar der ein oder andere Dozent täte davon profitieren und käme mal wieder regelmäßig auf die Bühne, anstatt leichtgläubigen 18jährigen was von lydian augmented und seinem Pferd zu erzählen.
Auf den sozialgeschichtlichen Aspekt gehe ich jetzt nicht ein. Nur so viel: Mingus würde kotzen wenn er sehen müsste, wer wofür eine Jazzprofessur in Deutschland bekommt.
Schönen Tach allahseits!
:-) Touché!
na dann man tau... Klar, das mit dem Jazz/Musikstudium ist mir auch schon aufgefallen. War auch klar, daß das Argument auf dünnem Eis steht. Meine Theorie ist da eher die, daß ich glaube, die Jungs, die mangels Schule irgendwo und irgendwie (weil Du Mingus erwähnst - er hat seinen ersten Unterricht bei einem kruden Menschen gehabt, der ihn irgendwie und ohne System hat improvisieren lassen. Mingus hat zwar gesagt, daß er da das improvisieren gelernt hat - nichtsdestoweniger hat er sich auch später anständigen Unterricht genommen...) gelernt haben, in den Big Bands bzw, wo und wie man halt in der Zeit gelernt hat, daß die Musiker liebend gern Unterricht genommen hätten. Um eben den ganzen lydian augneted-Kram zu lernen. Und nicht nur durch Zufall, sondern geordnet und nach System. Wie es eigentlich in vielen Kulturen üblich ist. Um ehrlich zu sein, in allen. Das Learning-by-doing ist eher ein Problem vor dem rassistischen Hintergrund Amerikas. Welcher Schwarze konnte vor den 60ern studieren? Und dann noch diese Negermusik? Also doch sozialgeschichtlich. Irgendwie...
Da denke ich doch, daß die Ausbildungssituation junger farbiger Musiker ohne den ganzen Schwarz-Weiß-Mist und der Rassentrennung anders gewesen wäre. Ich denke mal, es ist immer noch kein Zuckerlecken. Aber immerhin gibt es in Amerika eine Menge erstklassiger Institute. Und ein guter Lehrer muß nicht unbedingt ein erstklassiger, vielbeschäftitgter Musiker sein. Finde ich. Er muß ein guter Lehrer sein.
Andererseits: Recht hast Du schon, wenn Du von Spielpraxis redest. Jazz ist eine lebendige Kunst, die gespielt werden muß. Jeden Tag neu und immer wieder anders. Und viele Gigs erleichtern das natürlich erheblich. Und ohne Gigs ---> Problem.
Das mit den Big-Bands glaube ich auch, wenn ich da auch eher vorsichtig sein will - ich hab seit den 90ern nicht mehr Big-Band gespielt und bin da aus der Szene.
Ich habe übrigens vorgestern mit einem Dozenten der Munchner Hochschule gespielt. Pianist. Und kann sagen: kein arschpudern! Auch kein Jüngling mehr. Aber dicke Eier... jedenfalls musikalisch... Wenn ich das mal so sagen darf.
So. und jetzt geh ich und erzähle 28-jährigen was vom Pferd. Gute Idee :-)
Grüße
Alex
Nuja, das Buch "Sozialgeschichte des Jazz" kenne ich auch, aber ich wuerde etwas vorsichtig sein, Schluesse zu ziehen.
Der klassische Jazz - was immer das sein mag (je nach Definition sind dies die 30er, 40er, 50er oder 60er Jahre) - gehoert einfach der Geschichte an. Mit welcher Berechtigung und welcher Definition man heute noch von Jazz reden kann sei dahin gestellt, es gibt aber jedenfalls Leute, die sich (wie auch immer) auf diese Tradition beziehen, und vielleicht auch den einen oder anderen Grund dafuer haben.
So klar sind fuer mich die Fronten nicht: da stehen nicht Charles Mingus und co gegen die blasshaeutuigen Dozenten der deutschen Hochschulen, so einfach ist es ja nicht.
Leute wie Miles und Mingus (und viele andere) haben den Begriff Jazz abgelehnt, weil die sozialen und piolitischen Bedingungen fuer ihre Generation so aussahen, dass Schwarze nur Blues oder Jazz spielen konnten, Klasssikkarriere war nicht drin. Ferner wurden Jazzmusiker kuenstlerisch nicht ernst genommen. Wie das jetzt genau mit musikalischer Ausbildung damals in der USA aussah, weiss ich nicht, aber ich denke die meisten Jazzmusiker haben (wenn ueberhaupt) eine kurze, praxisorientierte Ausbildung an technischen Colleges gemacht, die sie fuer Jobs in der Unterhaltungsmusikindustrie oder als Musiklehrer vorbereitete, die aber nicht fuer eine Orchesterstelle gereicht haette.
Die Rassenproblematik hat sich ja seitdem zum Glueck voellig veraendert, durch politische Prozesse von Buergerrechtsbewegung bis zu Affirmative Action. Organisationen wie der AACM in Chicago haben durch Grasswurzelarbeit geschafft, die Bereiche Klassik und Komposition fuer Schwarze zu oeffnen --- Anthony Braxton war der erste Schwarze Musiker, der ein angesehenes Komponistenstipenmdium bekam - vorher wurden Schwarze mit dem Argument abgelehnt, sie seien ja Jazzmusiker (was automatisch aufgrund ihrer ethnischen Identitaet angenommen wurde). Die Leute aus dem AACM-Umfeld betreiben in ihrer Lehrtaetigkeit sowohl Traditionspflege schwarzer Musik, als auch Auseinandersetzung mit der europaeischen Kunstmusik von ... bis zur Avantgarde. Von daher hatte der Erfolg Konservativer Schwarzer wie Wynton Marsalis, die dazu laut p[roklam,ierten, dies sei kein Jazz, die Avantgardisten koennten nicht spielen usw., schon eine gewisse Ironie: Viele AACM Leute haben absolut glaubhafte Lebenslaeufe mit "Lehrzeiten" bei Jazzmusikern der aelteren Generationen (z.B. George Lewis, der in jungen Jahren seinen ersten grossen professionellen Job bei Count Basie hatte, seinen zweiten dann bei Anthony Braxton !). Mittlerweile haben sich die Wogen anscheinend etwas geglaettet --- als ich mal in einem Projekt involviert war mit GL, hatte er in einem Interview keine grosse Lust sich zu der Problematik "was ist Jazz" zu aeussern - er sagte dazu nur sinngemaess, solceh Definitionsfragen wuerden zunehmend an Relevanz verlieren, weil Genregrenzen mehr und mehr verschwinden, Leute queerbeet hoeren, Musiker die verschiedensten cross-over Kooperatuionen machen usw.
In diesem Sinne finde ich es voellig in Ordnung und auch kein Etikettenschwindel wenn Leute heute in Europa anders spielen als US-Jazzer in den 1960ern (das ist, nebenbei gesagt, auch in den USA nicht anders), und das trotzdem Jazz nennen. Leute wie NilsWogram beziehen sich sowohl auf europaeische als auch amerikanische Musiktraditionen, machen das mit spielerischem Witz und Verve. Ich habe da kein Problem mit, finde das eher gut, dass der europaeiosche Jazz durch diese Generation von Musikern wieder einen neuen Kick bekommt. Ich moechte indem Zusammenhang auch zu bedenken geben, dass Europa ja gerade fuer eher experimentelle US-Jazzer fast die einzige Moeglichkeit war, mal etwas Kohle zu machen durch Touren (z.B. Mingus), und es gibt ja durchaus viele Beispiele von Kontakt --- seien es englische Musiker wie Dave Holland oder John McLaughlin, die von Miles engagiert wurden, oder US Jazzer wie Don Cherry und viele andere, die zeitweise in Europa gelebt haben und hier mit Musikern kooperiert oder unterrichtet haben. Davon faellt natuerlich viel in den Bereich entweder Fusion oder Free Jazz, was also nach Marsalis gar kein Jazz ist.
Guten Tag Bassfans,
der Umgang mit Leadsheets, in einer Band spielen sowie über Themen oder Changes zu solieren, lernt man im Klassikstudium leider nicht. Angewandte Harmonielehre, könnte man das nennen. Gibt es was besseres um Gehörbildung/Harmonielehre spielend und übend zu erleben? Die Jazzer sind fleißige Über mit sehr interessanten Ansätzen, von denen der eine oder andere Vollblutklassiker schon noch was lernen könnte. Allein die Skalen ausser halb von Dur, moll und Pentatonik. Da gibt's noch einiges! Sehr empfehlendswert ist Frank Sikoras Jazzharmonielehre, auch live auf Kursen ebenso wie Karsten Gorzel mit seiner Methode!
Viele Grüße Akustikbass
Leider bezeichnend, wenn beim Blick hinüber zum Jazz zunächst die Skalen genannt werden. Das ist so ziemlich das Unwichtigste, und für den Bass gilt das nochmal besonders (wann braucht man die schon beim Walking Bass?!?)
Viel wichtiger ist das Lernziel, ein Lied (oder einen Standard) nach Gehör und ad hoc begleiten zu können, selbst wenn man das Stück noch gar nicht kennt. Autark zu werden von irgendwelchen Hilfskonstrukten, sei es Harmonielehre, Skala oder Leadsheet, das sollte das Ziel der Ausbildung sein.
Zum Thema Hochschule: die Zeiten sind heute andere. Ich habe der Verhochschulung des Jazz auch lange Zeit eher kritisch gesehen. Heute habe ich mich damit arrangiert. Denn das was in Deutschland heute an Jazz stattfindet, ist nunmal universitär geprägt. Die Jazzszene ist heute keine mehr, die sich aus Profiorchestern oder Jazzclubs speist. Nehmt als Beispiel Frankfurt (zufällig mein Lebensmittelpunkt): Frankfurt galt früher als die Hauptstadt des Jazz in Deutschland. Lange her. Es gab etliche Clubs, die Amerikaner, den Hessischen Rundfunk. Und viele namhafte Musiker mit Leuchtturm-Wirkung.
Aber als es losging mit dem Jazz an Hochschulen, hat man das in Frankfurt verpennt. Der weniger als halbherzige Ansatz der HfMDK, einen "Aufbaustudiengang Jazz" zu etablieren, wurde letztes Jahr zu Grabe getragen, so dass man bis heute in ganz Hessen an keiner Hochschule Jazz studieren kann. Zwar gibt es alternative Angebote (die private FMW oder das städtische Konservatorium). Aber benachbarte Städte wie Mainz und Mannheim haben hier wesentlich attraktivere Angebote als unserer Mainmetropole. Von Köln, Berlin usw. mal ganz zu schweigen. Ich kenne Mannheim/Heidelberg noch aus den Zeiten, als die Hochschule gerade anfing, Jazz auf den Lehrplan zu nehmen. Was sich da in den letzten Jahrzehnten in der Jazzszene getan hat, da kann man aus Frankfurter Sicht nur neidisch werden.
Man darf nicht den Fehler machen, Jazzstudenten per se als angehende Profimusiker zu sehen. Das kann nicht funktionieren. Soviel Jazzmusiker braucht der Markt nicht, daran kann kein Zweifel bestehen. Aber an den Musikschulen sind sie durchaus gut aufgehoben, und da besteht ja durchaus auch große Nachfrage an Musikvermittlung jenseits von Mozart, Bartok und Beethoven. Das Feld der Pädagogik kann man ja nicht nur den Klassikern überlassen. Und Voraussetzung für einen Musikschuljob ist eben oft genug ein Hochschulstudium.
Jonas
Jonas, vielleicht sollte ich mal ne Lehrstunde bzgl. Walkingbass bei Dir nehmen.
Wenn ich in einem Leadsheet beispielsweise
E-7b5 | A7b9 | Dmin
sehe, dann weiß ich doch sofort, dass ich da HM 2-5-1 vorliegen haben und werde mich eifrig des Tonmaterials bedienend im Sound von Harmonisch Moll Walkend bewegen, ggfs. unter Hinzunahmen von skalenfremden Durchgangstönen.
Setze ich die Grundtöne E,A,D als taktische Ankertöne, dann habe ich natürlich auch die Skalen der entsprechende Stufen automatisch unter den Fingern, ohne jetzt Lokrisch(6), Mixo(b9/b13) zu denken.
Das dann noch die Melodie, und die harmonische und rhytmische Gestaltung des Solierenden mein Spiel beeinflussen wird, ist völlig klar.
Du scheinst ganz anderen Konzepten nachzugehen???
Das ist bei mir auch so, weil ich mir das eben alles mal eingepaukt habe, trotzdem bin ich ganz Jonas' Meinung. Man macht es sich sehr einfach, wenn man sich nur auf Skalen/Fingersätze verlässt, die man rauf - und runterdudelt. Das muss (nach meiner Auffassung) erstmal über das Gehör laufen. Bei vielen Musikern merkt man das deutlich, dass sie ihre Fingersätze abrufen, aber dabei gar nicht im Ohr haben, was sie spielen. Ein solches Solo kling dann zwar schlüssig, weil das Tonmaterial ja an sich stimmig gewählt ist, aber oft konzeptlos drauf losgespielt. Versuch mal über eine Aufnahme ein Solo zu singen, da denkst du wohl kaum über Mixo(b9b13) nach und schon gar nicht über Fingersätze. Meiner Meinung nach ist es das Ziel, genau so intuitiv auch auf dem Instrument spielen zu können.
"ohne jetzt Lokrisch(6), Mixo(b9/b13) zu denken."
So ähnlich mach ich's auch. Die Zeit, um eine ganze Skala je Akkord unterzubringen, hat man ja beim Walking Bass typischerweise gar nicht. Und warum man den Stufen (II-V-I) dann nochmal andere Namen geben muss (lokrisch, mixodingsbums) hat mir noch niemand schlüssig erklären können.
Vielleicht ist dabei der Begriff „Skala“ einfach etwas irreführend. Sofern man eine Dur- oder Molltonleiter als Skala bezeichnet, sind diese natürlich wichtige „Bauteile“. Im Jazzkontext wird aber der Begriff Skala ja gerne für die Pseudo-Kirchentonarten verwendet. Deren praktischen Nutzen für's Walking Bass-Spielen bezweifle ich stark.
>Im Jazzkontext wird aber der Begriff Skala ja gerne für die Pseudo-Kirchentonarten verwendet. Deren praktischen Nutzen für's Walking Bass-Spielen >bezweifle ich stark.
Ich nicht.
So wie Moll und Dur "Klänge" sind, die sogar ein musisch Ungebildeter hörmäßig unterscheiden kann, so sind auch die anderen der Kirchentonarten "Klänge" oder "Sounds" die ganz für sich bestehen können und klangliches Eigenleben beseitzen. Der phyrgische Modus wurde z.B. von Pink Floyd, Michael Jackson, u.a. in Songs verwendet. Und wenn Du über Chick Corea "La Fiesta" walkest, dann spielst Du hoffentlich nicht Moll noch Dur sonder eben phrygisch. Lokrisch, welches auch im Jazz nicht als Hautsound verwendet wird, ist z.B. im Klezmer ein eigener Sound (Yshtabach).
Was Schwachsinn ist, ist diese unsägliche Erläuterung der Kirchentonarten als Stufen einer Dur-Tonleiter" ab C" ist ionisch (I), " abD" ist dann dorisch (II), ...
nein die Kichentonleiten abseits von Moll(VI) und Dur(I) sind eigene Sounds für sich. Und wenn man es so sieht ziemlich praktisch beim Walken, weil man dann eben den richtigen Sound bedient.
"Was Schwachsinn ist, ist diese unsägliche Erläuterung der Kirchentonarten als Stufen einer Dur-Tonleiter "ab C" ist ionisch (I), " ab D" ist dann dorisch (II), ..."
Der Schwachsinn kommt aber nicht von mir, so steht's nun mal in den Büchern?!? (Mal abgesehen davon, dass Kirchentonleitern ursprünglich etwas anderes waren.)
Als man sich in den 60ern das mit den Skalen ausdachte, war die Entwicklung des Jazz ja schon weitgehend abgeschlossen. Keiner der Cats auf der 52nd Street hatte davon jemals was gehört oder gelesen. Es *muss* grundsätzlich also auch ohne funktionieren ;-)
Mag sein, dass Skalen heute manchen helfen, das will ich gar nicht ausschließen. Aber mir hilft es nicht, bei Dm7-G7-Cj an "D dorisch - G mixolydisch - C ionisch" zu denken. Ich finde, da wird etwas eigentlich ganz einfaches künstlich verkompliziert. Und mein Widerspruch regt sich immer dann, wenn die Skalen zu etwas ganz Wesentlichen im Jazz hochstilisiert werden. Das halte ich für ausgemachten Unsinn.
(Für modale Kompositionen, die explizit auf dem Konzept der Skalen aufbauen, sieht die Sache natürlich etwas anders aus.)
"nicht Moll noch Dur sonder eben phrygisch" – Phrygisch besteht doch aber aus den Tönen der Durtonleiter?
Klar, Jonas, kommt der Schwachsinn nicht von Dir, sondern ist in vielen Lehrbüchern zu finden - und - Sikora mokiert sich ebenfalls drüber.
Und das die Cats die Sounds der Tonleitern spielen konnten ohne sie irgendwie systemisch zu benamen, ist doch auch klar - sie sind ja auf den Instrumenten abrufbar.
>> "nicht Moll noch Dur sonder eben phrygisch" – Phrygisch besteht doch aber aus den Tönen der Durtonleiter?
Eben das gerade ist nicht das Entscheidende und eben das Entscheidende wird durch diese schwachsinnige Stufenfunktionsherleitung verschleiert.
Du wirst mir nicht wiedersprechen, das Moll auch aus den Tönen der verwandten Durtonleiter besteht.
Dennoch hat ein Lied in Moll geschrieben einen anderen Klang (melancholisch, traurig) als ein duriges-Lied, auch wenn es die gleichen Töne sind.
Phrygisch klingt etwas wenig orientalisch-spanisch, auch wenn es die gleichen Töne der verwandten Dur-Tonleiter hat - denn das ist für die musikalische Wirkung völlig unerheblich.
Wenn ich ein Lied komponiere/spielen will, das eben orientalisch-spanisch klingt, dann nehme ich z.B. die phrygsiche Tonleiter auf meiner Wunschroot, zB. E wie in "La Fiesta" - ich komme doch nicht auf die blödsinnige Idee die 3. Stufe aus der C-Dur Tonleiter zu denken - das macht kein Mensch.
Musikalisch sich in diesen Tonleitern bewegen zu können heißt doch eigentlich nur deren Klang zu erkennen, benutzen, naja, und auch auch benamen zu können. Etwas was die Cats auf der 52nd Street halt einfach gemacht haben und etwas was Du halt auch einfach machst. Und zu sagen ey, ich spiele "phrygisch" oder "alteriert" ist in der Kommunikation ein bischen effizienter als sich die Terzschichtungen vorzubeten/vorzuspielen. Der Mensch tendiert halt dazu Artefakte zu benamen, mit denen er umgeht...
Und dann gibt es Menschen, die meinen die verschiedenen Sounds/Klänge besser durch Herleiten aus einem diatonisches Stufensystem erklären zu können und segeln damit meilenweit am Ziel vorbei... Zumindest bei mir und offenbar auch bei Dir...
Unabhängig vom Ursprungsthema empfehle ich die DVD "Groove Workshop" von Victor Wooten. Diese ist NICHT auf den E-Bass zugeschnitten, wie man meinen könnte, sondern behandelt Musik ganz allgemein und ich finde, er stellt da sehr gesunde Denkanstöße zum Thema Improvisation, Bassspiel und Musik allgemein vor, nämlich fernab von scholarisierten Methoden, wie sie hier kritisiert werden. Ich dachte, vielleicht interessiert es ein paar von euch.
Wie das jetzt genau war in den 60ern weiss ich nicht --- die Skalentheorie geht auf George Russell zurueck, der darueber ein Buch geschrieben hat, dessen Neuauflage astronomisch teuer ist, und dass ich mir deswegen nie gekauft habe. Von dem "Lydian chromatic concept" haben sich Miles und co. inspirieren lassen --- also so voelliger Schwachsinn kann es ja nicht sein.
Meiner Ansicht nach ist in der amerikanischen Jazzpaedagogik spaeter das Konzept Skala und Akkord gekoppelt worden, d.h. die Skala ist ein theoretisches Konstrukt von dem man dann den Akkordaufbau ableiten kann mit allen Erweiterungen. Das hat dem urspruenglichen Konzept von Miles/Russell/Gil Evans nur noch entfernt zu tun: hier ging es ja um die Reduktion von Material (alles auf moeglichst wenige Skalen zu reduzieren), nicht darum fuer jeden Akkord eine neue Skala zu definieren. Diese letztere Methode hat den Nachteil, dass man von Akkord zu Akkord hechelt und jeden Akkord als isoliertes Etwas auffasst, und dadurch auch tendiert an den Grundtoenen zu kleben. Nicht sehr musikalisch halt. Funktioniert als mechanik wenn man spielen moechte aber keine Ideen hat.
Wie auch immer, bei mir ist eh immer alles pullmoll.
"Von dem "Lydian chromatic concept" haben sich Miles und co. inspirieren lassen --- also so voelliger Schwachsinn kann es ja nicht sein."
Nein, es gibt ja auch etliche Kompositionen, die auf der Idee der Skalen aufbauen und wo die Skalen dann auch den gewünschten Zweck erfüllen. Das streite ich gar nicht ab. Und wenn Skalen auch darüber hinaus jemandem helfen, besser zu spielen – was sollte man schon dagegen sagen?
"Das hat dem urspruenglichen Konzept von Miles/Russell/Gil Evans nur noch entfernt zu tun: hier ging es ja um die Reduktion von Material (alles auf moeglichst wenige Skalen zu reduzieren), nicht darum fuer jeden Akkord eine neue Skala zu definieren."
Eben. Mal ganz davon abgesehen, dass Kirchentonarten mal etwas ganz anderes waren und der Begriff hierbei etwas ahistorisch verwendet wurde.
Mein Widerspruch knüpfte ja auch an der Stelle an, wo der Eindruck entsteht (oder entstehen könnte), dass es im Jazz in erster Linie um "verrückte“ Skalen geht. Wer von er Klassik kommend so an die Sache herangeht, hat m. E. einen Umweg vor sich. Vorallem auch aus dem von dir genannten Grund: "Diese letztere Methode hat den Nachteil, dass man von Akkord zu Akkord hechelt und jeden Akkord als isoliertes Etwas auffasst …"
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