Hallo Jan,
Dein Problem kenne ich ... die Dinger sind einfach nicht billig. Es folgen ein paar Tipps, die meine subjektive Meinung widerspiegeln und vielleicht nicht die Zustimmung aller Bassistinnen und Bassisten finden werden.
Zunaechst rate ich davon ab, einen guenstigen Bass im allgemeinen Musikalienhandel zu kaufen. Diese Instrumente sind im allgemeinen schlecht eingestellt und mit minderwertigen/Jazz-ungeeigneten Saiten ausgestattet. Der Effekt ist, dass Du u.U. nicht viel Spass mit deiner Neuanschaffung hast. Eine Ueberholung beim Geigenbauer kann Dich eine Menge Geld kosten. Deshalb rate ich eher dazu, nach Geigenbauern in Deiner Region zu suchen, die auf Kontrabaesse spezialisiert sind, und Dir ein adaequat eingerichtetes Instrument anbieten koennen. Die vermeintlichen Mehrkosten werden sich lohnen! Alternativ wuerde ich auch mal schauen, wer bei Dir in der Gegend Kontrabass unterrichtet, und Dich in Sachen Kauf von privat beraten kann, oder vielleicht sogar Schueler hat, die ihr derzeitiges Instrument verkaufen. Ueber Lehrer oder etablierte Bassisten kannst Du auch versuchen, Infos zu den Geigenbauern der Region zu bekommen. Manche sind eher auf hoch- bis hoechstwertige Instrumente spezialisiert, so dass Du als Einsteiger, der einen billigen Bass sucht, nicht Top-Prioritaet hast. Andere sind eher auf Einstellung spezialisiert und scheuen auch bei einem Billig-Bass nicht die Muehe, das optimale aus dem Instrument herauszuholen. Wenn du Jazz machen willst, ist es ferner wichtig, dass du geeignete Saiten drauf hast (Ich selber spiele seit Jahren Thomastik Spirocore. Das waren mal DIE Saiten fuer Jazz - klingen gepizzt klasse, gestrichen eher bescheiden. Jedoch hat sich in letzter Zeit hat sich viel getan, es gibt mittlerweile wohl einiges an Alternativen. Hoer dich mal um, kann dir da keine Tips aus erster Hand geben). Weitere Fragen waeren, muss es ein Massivbass sein, bzw. muss es ein altes Instrument sein. Meine Erfahrung ist hier wiederum limitiert, da ich auch nicht die Kohle habe, mir staendig eine neue Oma zuzulegen. Selber spiele ich einen ca. 30 Jahre alten, deutschen (?), massiven Schueler-Bass, der ganz klasse klingt und heute vielleicht so 3000 bis 3500 Eurotaler wert sein mag (vor 15 Jahren kostete er 4800 Mark ... war damals auch ne Stange Geld). Gegenueber alten Instrument fehlt natuerlich eine gewisse warme, samtige Qualitaet in den Tiefen, aber die meisten Kollegen sind doch eher positiv ueberrascht - Bass sieht neu aus, klingt aber doch ganz nett. Davor hatte ich kurz einen etwas billigeren, ca. 100 Jahre alten Bass, der aber mies eingestellt war (Abgrundhohe Saitenlage, uralte Saiten) und diverse Macken hatte. Das war ein Flachbodenbass mit maroden Leisten und zunehmendem "Hohlkreuz", er ging dann irgendwann aus dem Leim. Gluecklicherweise hat der Geigenbauer, der ihn mir angedreht hat, relativ guenstig repariert und verkauft. Dieser Fachmann hatte die Philosophie, neue Baesse taugen nichts. Dem muss ich entgegen halten, dass ich als Einsteiger mit dem relativ neuen Bass, den ich danach gekauft habe und noch heute spiele, wesentlich besser bedient gewesen waere als mit einem Bass, der zwar alt war, aber schwer bespielbar war und nicht klang. Sperrholzbaesse: Ich habe in den letzten Jahren auf Sessions oft auf Sperrholzbaessen gespielt, und es stimmt, oft kommt da nicht so recht Sound raus, die Dinger haben eine eher pappige Soundcharakteristik und sind eher leise. Es gibt aber Ausnahmen. Ein Freund von mir hat seine Sperrholzkiste mit Velvet-Nylonsaiten versehen, und sie klingt jetzt gar nicht schlecht. Gestern habe ich auf einem alten Sperrholzbass mit Thomastik Saiten gespielt, und es war auch in Ordnung, auch wenn der Klang etwas metallisch war. Eine Sperrholzkiste KANN also ganz in Ordnung sein, insbesondere wenn Du Jazz spielst und einen Pickup verwendest. Voraussetzung ist aber eine gute Einrichtung und Besaitung, ausserdem scheint es von Instrument zu instrument starke Schwankungen zu geben. Ich wuerde dir raten, Dir Zeit fuer den Kauf zu nehmen und verschiedene Instrumente anzuspielen. Vielleicht kannst Du bei Deiner lokalen Musikschule Unterricht nehmen und erstmal ein Leihinstrument bekommen. Dann entwickelst du ein Feeling fuer das Instrument und kannst selber beim Anspielen angebotener Baesse hoeren, was sie hergeben. Fuer die Spielbarkeit eines Instruments ist in meiner Erfahrung es superwichtig, dass das Griffbrett gut abgerichtet ist und vernuenftige Saiten drauf sind. Die Saitenlage ist immer ein Kompromiss zwischen Sound und Spielkomfort, doch HOCH muss nicht GUTER SOUND heissen. Wenn das Griffbrett in schlechtem Zustand ist, muss die Saitenlage hoch sein, um Schnarrer zu vermeiden, und Du quaelst Dich fuer nichts und abernichts.
Zu dem elektrischen Aufrechten: Ich kam damals wie Du vom E-Bass und hatte aus aehnlichen Ueberlegungen wie Du mir eine Framus-Stange gekauft (Solidbody, elektromagnetische PUs). Der Sound war der eines miserablen Fretless, obwohl die Dinger natuerlich optisch was hermachen. Der bescheidene Sound kam wahrscheinlich durch die Kombination eines vorsintflutlichen PUs mit uralten Flatwound Saiten zustande (versuch mal fuer son Ding neue Saiten zu kriegen...), habe ich dann schnell wieder abgestossen. Fuer Aufrechte mit einem besseren Sound, d.h. Semiacoustic Konstruktionen mit schwingender Decke, Holzsteg und mikrophonischen PUs, musst du soviel Kohle hinlegen, dass du dafuer durchaus einen massiven Kontrabass der unteren Preislage bekommst. Ich auch mal so ein Ding gespielt (war nicht meins, sondern das einer Jazz-Musikschule, ich glaube eine Koproduktion von Framus und Warwick, die in den 90ern vermarktet wurde), und es war gepizzt ganz OK (wobei du DEN Sound mit Glueck verstaerkt auch auch aus einem optimal eingerichteten Sperrholzbass rauskriegst), doch Arco war es Banane. Abgesehen vom Sound ist das Spielgefuehl ziemlich anders. Ich spiele Kontrabass im Stehen, und (nach ein bisschen Uebung) ist das ein sehr organisches Ding: das Instrument ruht gegen die Bauch/Leistengegend gelehnt, die Haende hast du frei zum Spielen und brauchst sie nicht zum Bass halten. Bei der Framus Stange hat man dagegen eine Metallstuetze, die sich penetrant in den Bauch bohrt, und troztdem droht das Ding immer zu kippen, so dass die linke Hand hauptsaechlich den Bass haelt. Bestimmte neuere Konstruktionsweisen sind da wohl etwas ergonischer, trotzdem, erwarte nicht, dass du nach dem Spiel auf so einem Instrument ohne weiteres auf einem Kontrabass klarkommst. Des weiteren ist das Spiel der Aufrechten in den mittleren und hohen Lagen fuer die linke Hand recht anders - das Halsende wesentlich hoeher, daher fehlt es als Orientierung fuer die vierte und fuenfte Lage, hat aber den Vorteil, dass man ohne Daumenaufsatz wesentlich hoeher spielen kann. Fazit: Die elektrischen Aufrechten sind keine Billig-Alternative zum Kontrabass, sondern sind eher eine neue Intrumentklasse, die bestimmte Vorteile bietet (leichtere Transportierbarkeit, bessere Verstaerkbarkeit in lauteren Bands, z.B. Salsa), aber eben keinen Kontrabass darstellt, genau wie eine Stratocaster zwar eine Gitarre ist, aber halt was anders als eine Konzertgitarre.
So far, ich danke fuer die Aufmerksamkeit und hoffe, Dir irgendwie weitergeholfen zu haben.