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gary karr

> Immer das Selbe... Saiten?

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Zugeordnete Kategorien: Bassisten & -innen

philipp Profilseite von , 09.12.2004, 21:52:28
gary karr
ich hab vor kurzem ein paar stücke von gary karr gehört.... ich habe sie auch durchaus bewusst und aufmerksam gehört.... und leider muss ich sagen das ich davon sehr enttäuscht bin... :(
was der mensch da mit seinem bass macht ist sicherlich erstaunlich.... aus der sicht eines "technikers" aber klanglich ist das resultat meiner meinung nach einfach viel zu nah am cello... bei einigen stücken ist das zwar nicht der fall aber bei 80-90% aller seiner stücke klingt er fast genau wie ein cello.... und wenn man sich dann yoyo ma oder rostropovich im direkten vergleich anhört verblasst karr doch sehr arg (natürlich rein klanglich!!!)
ich wollte mal gerne eure meinungen dazu hören.... denn irgendwie finde ich gary karr natürlich in rein technischer hinsicht klasse... einer dieser "unerreichbaren götter am bass" eben.... aber andererseits finde ich das sein sound einfach irgendwie klingt wie der versuch ein kontrabass zu einem cello zu machen wobei dieser sound allerdings keinesfalls das format eines cello-solisten erreicht....
ich habe keinesfalls vor meinen bass gegen ein cello zu tauschen oder nie wieder soli zu spielen... aber irgendwie erscheint mir eine orientierung am klangbild eines cellos doch sehr seltsam... zumal grade wenn man im orchester spielt sollte dann nicht eher der cellist ein solo spielen das für ihn nicht einmal sehr schwer ist oder sollte sich der bassist einen abbrechen mit einem solo im cello-tonumfang wenn allerbestenfalls der zuSCHAUER staunen würde über das tolle bass-solo während der zuHÖRER enttäuscht wäre von dem laschen cello-solo....

in diesem sinne MfG
philipp
Jeremias Danz Profilseite von , 10.12.2004, 08:06:33
Lieber Philipp,

nach meiner Meinung ist das Spiel von Gary Karr inzwischen nicht nur schlecht, sondern sogar peinlich und unerträglich. Ich habe mir eine seiner letzten CDs gekauft (Mendelssohn-Stücke), die ist völlig daneben. Die Intonation ist grauslig, der Klang permanent aufdringlich und indifferenziert etc. etc. Schade eigentlich, denn vor zwanzig Jahren hat Gary interessant gespielt und durch seine "slow-bow" Technik durchaus zur Weiterentwicklung unserer Spielkultur beigetragen.
Noch etwas zum Thema Cello: Ich denke nicht, dass Karr wie ein Cellist spielt, allenfalls wie ein schlechter. Was spricht dagegen, anzustreben, auch auf dem Bass wie ein guter Cellist (oder Geiger) spielen zu können, nämlich mit intelligenter und musikalisch sinnvoller Phrasierung, lupenreiner Intonation, dynamischer Differenzierung und dichtem, intensivem Klang. Das, was vielen Bassisten vorschwebt, ist in meinen Augen nicht unbedingt erstrebenswert, weil man sich damit in eine musikalische Isolierung begibt. Wenn für Kontrabassisten andere musikalische Gesetze gelten sollen, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn sie -zumindest im Bereich der Klassik- von den anderen Streichern nicht richtig ernst genommen werden.

Bis bald

Jeremias
Wolf-Dieter Profilseite von , 10.12.2004, 08:09:47
Lieber Philipp,
wenn ich mal die Saiten zu zaghaft strich, sagte mein Lehrer zu mir: "Das ist doch kein vergrößertes Cello, ein Bass muss richtig knacken". Das ist leider das Problem mit unserem Instrument, dass man durch unglaubliche technische Virtuosität ein großen Eindruck machen kann und dabei vergisst, dass ein Bass eine andere Funktion hat als ein Cello. Der Kontrabass ist ein Orchesterinstrument, das für das harmonische und rhyhtmische Fundament sorgt, auf dem die übrigen Instrumente aufbauen. Der Bass ist vom Tonumfang und der Klangcharakteristik her kein typisches Soloinstrument, auch wenn es Virtuosen gibt, die unglaubliche Dinge darauf vollbringen. Ein Fagottist käme kaum auf die Idee, das Fagottkonzert von Mozart auf seinem Kontrafagott zu spielen, nur um zu zeigen, dass er auch hohe und schnelle Töne darauf erzeugen kann. Du hast recht: wenn ein Bassist ein virtuoses Stück spielt, findet man das ganz toll, aber wenn ein Cellist das Stück mit den gleichen hörbaren Defiziten in Technik und Ton spielt, möchte man ihn davonjagen. Seien wir selbstbewusst und nehmen den Bass, so wie er ist und in der Funktion, für die er geschaffen wurde. Und erfreuen uns gelegentlich an Virtuosen wie Ludwig Streicher (und anderen), die uns zeigen, was auf dem Instrument auch noch geht.
Beste Grüße, Wolf-Dieter
philipp Profilseite von , 10.12.2004, 12:15:11
wow..... ich dachte ich würde mit dieser meinung recht alleine da stehen und mehr oder weniger in der luft zerissen werden von karr-fans....
aber gut zu wissen das ich mir seine defizite nicht nur aus neid einbilde :)
und um ma noch nen bischen was los zu werden... ich finde einen virtuosen am bass zeichnet auch nicht unbedingt seine fähigkeit aus ganz doll schnell spielen zu können oder die bach'schen cellosuiten nachzumachen sondern viel eher sowas wie lupenreine intonation und eben seine aufgabe als fundament so gut zu erfüllen das eben die anderen (geige, etc.) erst in der lage sind ihre höhenflüge zu spielen und so zu glänzen das sie ihre ovationen vom publikum bekommen...
oder um mal hier jemanden zu zitieren den wohl alle kennen die mal nen kontrabass angefasst haben:

"Aber er (der bass) bildet das gesamte orchestrale Grundgefüge, auf dem das übrige Orchester erst fußen kann, Dirigent eingeschlossen."

richtig das hat der herr süskind geschrieben... :)
orchester ohne bass(stimme) gibts nunmal einfach nicht... mir fiele jedenfalls kein beispiel ein... und wenn man mal von der orchestermusik absieht und zu jazz oder anderen musikrichtungen schaut wird das auch wieder bestätigt sehen denn ohne bass oder bassdrum wirds da auch kriminell für die anderen.... und wenn man mal bei nem jazzstück irgendwo hängt und nen takt aussetzt fliegt der rest der band unter garantie mit raus :) hab ich jedenfalls immer wenn ich mich beim walken "verlaufe" so erfahren....

mfg
philipp
Dave 1 Profilseite von Dave, 21.12.2004, 00:54:41
Es tut gut zu lesen, dass es noch Realisten gibt, welche die Rolle des Basses in seiner Fundament-Funktion anerkennen, und sich nicht mit grauenhaften Kunststückchen in der Bratschenlage produzieren.
Mittlerweile kotzen mich auch die meisten Soli von Jazzbassisten an, die in affenartigem Tempo 5 cm vor dem Steg dem Publikum um die Ohren gehauen werden. Ich will vom Bass die Basslage hören, sie ist schön, besänftigt die Hektik der Alt-und Sopraninstrumente im Jazz, kurz: Sie hat ihre ureigene Funktion und Wirkung. Pfeif auf alle Kontrabasskonzerte, transponierten Paganinisuiten; 4 Takte z.B. von Charlie Haden und die Welt ist wieder in Ordnung.

dave 1
Neuester Beitrag heini Profilseite von , 24.01.2005, 18:15:24
"4 Takte von Charlie Haden und die Welt ist wieder in Ordnung" - JAWOLL!
Eberhard Weber Profilseite von , 22.12.2004, 20:44:59
Die besten Beiträge seit langem in diesem Forum.
Aber es gibt noch mehr Irre , siehe Edgar Meyer etc. Was haltet ihr von dem Sound gemetzel ?
Dave 1 Profilseite von Dave, 22.12.2004, 23:08:53
"DER" Eberhard Weber himself? Hut ab....Ja, Sie sind einer der wenigen renommierten Musiker, die den Bass Bass sein lassen.

dave 1
Winkler Profilseite von , 29.12.2004, 01:03:06
Alors, den Bemerkungen von E. Weber - wenn es "DER" ist oder auch nicht - ist nix hinzuzufügen. Endlich mal eine fundierte, ausführliche Diskussion, die durchaus kontrovers, aber auch mit Sinn un Verstand geführt wird.
Ich bin nu seit über 30 Jahren mit meinem Bass klassich wie auch im JAzzbereich unterwegs (soz. gehobener Amateur, meinen Lebensunterhalt verdiene ich anderswo) und muss sagen, dass mich die zunehmend artifiziellen , artistischen , circensichen Kunststücke mancher "Kollegen" nur mäßig - auf keinen Fall nachhaltig - faszinieren.

Tatsächlich hat Süßkind recht - die Kernfunktion des KB ist das Fundament, bleibt das Fundament. Ich habe immer wieder erlebt - auch übrigens selber - dass in den Augenblicken, wo der BAssist versucht, sich als Solist hervorzutung (unvermittelt, plötzlich, für die anderen nicht nachvollziehbar) die Formation auseinanderflog.

Hört man Ch. Haden, E. Weber, J. Pastorius et. alt. so
bleiben Sie bei allen Soli immer noch Bassisten im "Fundamentalen" Sinne. Idealerweise schleppen Sie während ihrer SOli das Fundament noch mit.
Und: warum soll der Bass seine Stärken im fundamentalen, man mag schon fast sagen grundsätzlichen, Bereich aufgeben, um sich in schwieriges Gelände zu begeben, für die er weder mechanisch noch akustisch wirklich gebaut ist?
Also bleibt am Ende die Erkenntnis: Schuster bleib bei Deinem Leisten. Hat aber auch Nachteile: den Applaus bekommen die anderen. Wenn man dazu nicht gebaut ist, sollte man ein anderes Instrument spielen. (Querflöte z.B., da kann man an E. Pahud (zumindest stellenweise) hören, wie hochartifizielles Können sich mit neuen interpretatorischen Ansätzen verbinden kann ( nicht immer, aber immer öfter.)

Schöne GRüße an alle, die ein erfolgreiches Jahr hinter sich haben, vor allem an die Kollegen, die im nächsten Jahr groß rauskommen werden.

Guten Rutsch miteinander.

M. WInkler
manu Profilseite von , 30.12.2004, 12:37:44
Schöne, geistreiche Diskussion. Ich würde mir mehr von dieser Art hier im Forum wünschen, schließlich sollte es doch in erster Linie um die Kunst und erst danach ums Zubehör oder was weiß ich gehen! Meine Meinung: Der Kontrabass kann durchaus singen, und darüber wird nun gar nicht gesprochen, die Pole sind "Groove" kontra "Steggekratze". Es gibt aber noch etwas anderes, nämlich große Bögen, kantable Phrasen, sowohl in der Klassik wie auch im Jazz. Und dafür ist, nach meiner bescheidenen Meinung, unser Instrument durchaus geegnet.

Gruß an alle und ein gutes 2005 von Manu
norbert.szirch Profilseite von , 30.12.2004, 15:55:25
Ich bin als Amateurmusiker in der klassischen Musik zu Hause, besitze einen Fünfsaiter und kann nur berichten, mit welchem Vergnügen für mich das Produzieren vor allem ganz tiefer Töne verbunden ist. Wer schon jemals von Euch
den Schlusschor der Bach'schen Matthäus-Passion gespielt hat, wird das wahrscheinlich nachvollziehen können, wenn immer wieder die tiefe C-Saite zum Einsatz kommt.
Ich kann mir dieses Stück ohne diese Töne gar nicht vorstellen.
Derzeit spiele ich die Vierte von Brahms - da gibts im zweiten Satz auch eine herrliche Passage für den Fünfsaiter - da fühle ich mich total wohl!
Außerdem finde ich, dass "große Bögen" bzw. "kantable Phrasen" auch außerhalb des Bereiches des ewigen Kolophoniums möglich und durchaus notwendig sind!

Es schaut so aus, als ob mir die Vorliebe für die tiefen Töne schon in die Wiege gelegt wurde - bereits als Kind, als vom Kontrabass-Spiel noch keine Rede war, haben mich immer schon die tiefsten Töne von Orgeln fasziniert!

Wünsche allen ein gutes Jahr 2005
Norbert
Dave Profilseite von Dave, 30.12.2004, 19:51:03
Norbert, Du Glücklicher mit Deinem Fünfsaiter! Leider ist meine Linke für eine zusätzliche C-Saite zu klein.

Das ist eine sehr interessante Beobachtung von Dir, dass Du quasi schon immer, bereits als Kind, die tiefsten Register favorisiert hast. Ob dies wissenschaftlich schon einmal untersucht wurde, die individuelle Bevorzugung einzelner Tonlagen? Und die übliche Frage: Die Gene oder die Umwelt? Möglicherweise gibt es ja auch angeborene Variationen der Cochlea (Schnecke im Innenohr), dieses unglaublichen Präzisionsinstrumentes. Praktische Folgerung: Ein Kind sollte nicht sofort auf ein Instrument festgelegt werden (Opa's Geige), sondern erst mal eine Probierphase durchlaufen dürfen.
Auch ich würde mich sofort zu den sechzehnfüssigen Subbassern zählen, welche die Tiefen physisch und psychisch spüren. Gäbs da nicht die Ausnahme, das andere Extrem, die nervenzerreissende Piccolo, die leicht ein 80 Mann-Orchester "schafft", auch das über grosser Trommel und Kaisertuba jubilierende Es-Klarinettel, und - schauts mal weg, weil ich da immer schlucken muss - der Gesang einer einsamen hohen Oboe.

Vergleichbar vielleicht die Freude der Steppenleute am Obertongesang, der den tiefsten Bass mit höchstem Flötendiskant verbindet.

Eine Gute Zeit allen Forumsfrauen und -männern,

dave 1
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