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Zugeordnete Kategorien: Bogen & Streichtechnik
Meine drei guten Bögen, manch einer (ausser mir) würde den einen oder anderen vielleicht sogar einen sehr guten Bogen nennen (HR Pfretzschner, Felix Martin und Lothar Seifert) hängen seit ca fünf Jahren ungenutzt am Haken.
Grund, ich habe vor einige Zeit den unerwarteten Bruch eines Bogens während eines Auftritt mitten im mp Abstrich erlebt und traute seitdem keinem Holzbogen mehr, da es anscheinend soetwas wie den „plötzlichen Bogentod“gibt. Nach einigen Suchen habe ich eine Sorte Carbonbögen entdeckt, die jeden mir bekannten Holzbogen vom Preis / Leistungsverhältnis schlagen. Die Dinger klingen nicht nur gut, sondern sind auch haltbar und keine wirklichen Unikate, bei Bedarf leicht zu ersetzen . Daher spiele ich nur noch Carbon.
Nun habe ich meine Entscheidung über die Jahre zwischendurch selbst immer wieder mal infrage gestellt und meine Bögen untereinander verglichen, es blieb und bleibt dabei, ich spiele Carbonbögen und will nichts anderes mehr.
Die Behaarungen die ich vor ca sechs Jahren machen lies, waren damals völlig in Ordnung, ich stellte fest, das sie sich praktisch ohne grossartig damit gespielt zu haben, im Laufe der Jahre vom Grip her veränderten und dies kontinuierlich. Eigenartigerweise fühlt es sich zunächst so an als wäre alles OK, dann verhalten sich die Bögen ganz zäh und katzig, dann so als wäre zuwenig Kolophonium drauf. Frisches Kolophonium kann ich nicht mehr wie gewohnt dosieren, die Grenzen zwischen Zuviel und Zuwenig sind für mich unberechenbar geworden.
Die Bögen sind von Interessenten gar nicht mehr objektiv zu bewerten. Haare in Spiritus auswaschen verändert nichts. Zwei Bögen sind schwarz, einer hell behaart, ich benutze auf zweien ausschließlich Pops, auf dem anderen Nymans. Ich sehe keinen Weg als den, die Behaarungen aller drei Bögen erneuern lassen, denn da hängt ja eine Menge totes Kapital am Haken.
Woran kann´s liegen, altern Bogenhaare tatsächlich ohne zu spielen?
Ciao Roland
Hallo Roland,
kann nicht mehr beitragen als ein bisschen klugzuscheissen:
Da Haare letztendlich aus Protein bestehen, wuerde es mich eher wundern, wenn da nichts nachlaesst. Biologische Einwirkung (Motten, Kaefer und Pilze) kann man wohl bei korrekter Lagerung ausschliessen, ebenso nehme ich an, dass du die Boegen keinem direkten Sonnenlicht aussetzt. Im Schrank waere aber auch nicht gut weil Holz Acetat ausdampft, was wiederum angreifen koennte (das ist fuer Restauratoren ein Thema, weswegen Holz bei Museumsvitrinen bei bestimmten Exponaten nicht in Frage kommt). In der Raumluft koennen dagegen auch bestimmte reaktive Stoffe sein - z.B. das beruehmte Ozon - die molekular angreifen. Ich stelle mir das strukturell so vor, dass die Haare ueber winzige Haken und Unebenheiten verfuegen, die den Griff des Bogens ausmachen. Da diese Strukturen viel Oberflaeche und wenig Masse haben, kann ich mir vorstellen dass sie schon im beschriebenen Zeitraum nachlassen koennten. Also sicher waere man nur bei Lagerung unter einem inerten Gas, sagen wir Argon, und Dunkelheit sowie Kaelte ;-)
Armin
Meine Bogenhaare werden mit der Zeit immer brüchiger, besonders an der Bogenspitze. Kolophonieren geht nur noch vom Frosch richtung Spitze, ohne daß zu viele reißen. Übrigens bei einem Carbonbogen. Werd mir wohl bald mal einen "Bogenfrisör" suchen müssen ...
Grüße
Uli
Danke Armin, dass ist doch durchdacht uns für mich schlüssig was Du schreibst. Letztendlich kann man über das Phänomen auch nur spekulieren, da es wahrscheinlich nicht oft vorkommt , dass jemand mehrere Bögen solange am Haken lässt. Ich erwarte daher auch nicht das jemand dieses Problem schon mal hatte und die Ursachen abschliessend erforscht hat. Vielleicht Geigenbauer die alte Bögen aus Nachlässen wieder fit machen, aber so wichtig ist mir die Geschichte auch nicht, ich bin nur Neugierig. Eine Problemlösung suche ich eigentlich auch nicht, denn das Kind ist offenbar schon in den Brunnen gefallen, ich muss die Neubehaarungskosten von einem eventuellen Verkaufserlös halt wieder abziehen oder ich mache es selbst, wie das geht ist kein Geheimnis. Ponys aus Rubusthaltung sind bei mir am Grundstück nebenan, Problem ist eigentlich nur der Hengst der mich nicht mag, die Stuten sind freundlicher, pinkeln sich aber immer auf den Schweif und das ist nicht der Bringer für Bogenhaare. Lösungen die beim ersten Eindruck abstrus erscheinen liebe ich ja, aber die Vorstellung eine Tiefkühltruhe von meinem Autoschraubernachbarn mit Schutzgas füllen zu lassen um darin Kontrabassbögen einzulagern ist selbst für einen Ausschäumpraktiker wie mich ein harter Brocken. Chapeau Roland
Ich habe mal gehört das das Kolophonium auf der Bogen mit der Zeit oxidiert und dadurch sich gelblich verfärbt. Das greift dann die Haare an und macht sie brüchig. Ob das stimmt weis ich aber nichtg, hat mir mal ein Geiger erzählt der viele Bögen hat.
Kolophonium enthält sogennante Freiharze und ungebundene Säuren (genaueres zum Thema Sulfonsäure etc. kann man in der Papierchemie und in der zugehörigen Restaurierungspraxis unter dem Stichwort Leimung/Sizing finden - sorry, ist eben mehr mein Gebiet als hist. Instrumente;-). Beides ist Gift für Zellulose (Papier) und/oder Eiweiß (Haare). Nur ob das nach so kurzer Zeit schon die Bogenbehaarung zersetzt? Das wage ich doch zu bezweifeln. Und ich denke mal, ein Profibasser hängt seine Bögen ja auch nicht für lange Zeit dreckig auf. Ich könnte mir eher vorstellen, daß die lange Zeit des nicht Bewegtwerdens und Hängens in trockener Luft eine gewisse Art von Verhornung hervorgerufen hat. Das ist ein Effekt, der auch bei lagernden Ledern und bei Echthaar-Puppen bzw. -Perücken vorkommt.
Laß dch die Bögen mal bei einem Restaurator begutachten! Das kostet nicht viel und ist allemal billiger als neu bespannen!
Gruß
Roman
PS: Noch ein Tip zur Reinigung - Haare waschen am besten mit mildem und möglichst von jeglichem Conditioner/Spülungskram freien Shampoo. Spezialshampoos für trockenes Haar vermeiden, die enthalten meist Lanolin!
Hallo Roland, was sind das denn für Karbon-Bögen, die mit dem unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis? Ich hab auch scjhon mit dem Gedanken gespielt, auf Karbon umzusteigen aus Angst vor plötzlichem Bogentod durch Runterfallen oder was anderes Drauffallen oder sonst welche Art Gefährdung im rauhen Bühnenalltag. Daher bin ich sehr dankbar für einen Tip. - Gruß, Janek.
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