Plötzlicher Bogentod
Nach einen guten Bogen suchen viele meistens länger als nach einem guten Kontrabass - dieser Spruch eines früheren Lehrers klingelt mir seit 25 Jahren in den Ohren, denn bei mir ist das in der Tat so. Ich habe deshalb vor vielen Jahren aus Verzweifelung eine lange Reise in Kauf genommen und damals 2500 DM für 130 Gramm Holz ausgegeben. Später bekam ich durch Glück einen H. R. Pfretzschner für deutlich weniger Geld und dachte immer ich wäre optimal ausgerüstet, weil beide Bögen sehr unterschiedliche Eigenschaften haben und sich je nach Anwendungszweck ergänzen.
Vor 2 Jahren ersteigerte ich einen Fernambuk Bogen für einen relativ moderaten Preis (300 Euro), eigentlich nur um diesen zum Unterrichten zu benutzen und die beiden "Spitzenbögen" nicht mehr dem ständigen Transportrisiko auszusetzen. Seit dem ich diesen Bogen hatte, hingen die beiden "guten" allerdings nur noch am Haken. Grund, der sogenannte Schülerbogen konnte alles was die beiden Profiteile konnten und sogar noch mehr. Ein prima Anlaß um mal wieder über das Preis Leistungsverhältnis von Kontrabassbögen zu philosophieren oder zu schimpfen - egal, diese Diskussion will ich gar nicht und das Jammern über diese Misere ändert eh nichts an der Preispolitik. Ich habe mein Klangwerkzeug was ich immer haben wollte und dachte schon darüber nach ob und wie ich die beiden Staubfänger in drei oder vier Toskanaurlaube transformiere.
So war die Situation bis heute Abend, bis mein Bogen während der Generalprobe vor dem Konzert EINFACH BRACH. Es ist nichts weiter geschehen als das ich den Bogen normal gespannt hatte und im mf Abstrich an der Spitze angelangt war. Kein Daraufsetzen, kein Herunterfallen, kein Anstossen an irgend etwas, kein Col Legno, kein Wurfbogen, ich schwöre es ist in einer ganz unspektakulären Situation einfach passiert und ohne das sich irgend etwas vorher angekündigt hätte!
Ganz ähnliche Dinge haben mir zwei Schüler über ihre gebrochenen Brasilholzbögen erzählt und wenn ich ehrlich bin habe ich es nicht ganz geglaubt und ehrer eine Tendenz zu Erschleichung von Kulanz vermutet. Nun bin ich eines Besseren belehrt, es gibt offenbar so etwas wie den "plötzlichen Bogentod" und das macht mich in zweierlei Hinsicht ganz kirre. Einerseits muß ich nun wahrscheinlich wieder zig Jahre "meinen" Bogen suchen und viel Geld ausgeben (die Zeit für die Sucherei ist das Schlimmste), andererseits möchte ich mich vor so einer Panne natürlich gerne schützen und weis nicht recht wie ich da sinnvoll Vorsorge betreiben soll. Nochmal gesagt, es gab nicht das leiseste Indiz (Haarriss o.ä.) dafür, daß der Bogen brechen würde.
Gibt es die Erfahrung mit dem geschilderten "plötzlichen Bogentod" bei mehreren Leuten von euch?
Nach allem was ich weiß und mir vorstellen kann ist ein (an seiner Schwachstelle, vor dem Kopf) gebrochener Bogen nicht mehr so zu reparieren das er wieder wie vorher funktionieren kann. Vielleicht sehe ich das aber zu schwarz, weiß jemand von euch eine Reparaturmethode oder einen zaubernden Handwerker der soetwas kann?
Ich möchte eigentlich ungern jedesmal zwei Bögen mit zum Konzert nehmen, nur weil einer plötzlich brechen könnte. Ich denke, daß ein Kohlefaserbogen unter normalen Betriebsbedingungen unkaputtbar sein müsste, ist er das aber wirklich oder ist man auch mit Hightech Werkstoffen nicht vor einem solchen Dilemma gefeit?
Grüsse Roland