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Spielen auf fremden Kontrabässen auf Jam-Sessions

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Zugeordnete Kategorien: Jazz

LockeJ Profilseite von LockeJ, 31.03.2008, 14:56:05
Spielen auf fremden Kontrabässen auf Jam-Sessions

Hallo liebe Kollegen,

Eure Meinung würde mich interessieren: Ich habe gemerkt, dass ich auf Jam-Sessions große Probleme habe, auf fremden Kontrabässen klar zu kommen. Die andere Saitenlage, andere Saitenmarke, andere Mensur etc. macht es mir sehr schwierig. Sowohl die Intonation ist grausam, aber aufch das Zupfen der Saiten mit der rechten Hand beim Swingen klappt sehr schlecht. Gestern auf der Session hatte ich das Gefühl, wie ein Anfänger zu spielen. Geht Euch das auch so, oder kommt Ihr auf fremden Kontrabässen auf Anhieb gut zurecht? Eure Meinung würde mich sehr interessieren!!

Danke und Grüße

Philipp

jlohse Profilseite von jlohse, 31.03.2008, 15:34:21
Ich habe mal in einem Anfall von Selbstüberschätzung auf einem 5-saiter mit hoher c-saite gespielt. Das hat mir soviel Konzentration abverlangt, das alles andere (Timing, Groove, ...) den Bach runter ging. Einfach nur grausam. Und auf Bässen mit (für mich) zu hoher Saitenlage kann ich sowieso nicht richtig spielen. Willkommen im Club.
LockeJ Profilseite von LockeJ, 01.04.2008, 08:16:14

Ok ich bin froh dass ich nicht alleine bin. Merci.

Philipp

Jörn Profilseite von , 31.03.2008, 20:03:23
Ging mir auch so. Auf meinen Bässen kann ich stundenlang Akustikgigs spielen, habe aber einmal bei einer Session nach zwei Stücken eine riesen Blase an der rechten Flosse gehabt. Die gnadenlosen Saitenlagen schocken mich im Moment weniger, weil ich selbst eine sehr hohe Saitenlage für Darmsaiten habe. Ich stehe aber weiterhin nicht auf dicke Hälse, die mir das Spielen auf anderen Bässen sehr erschweren. Ich hatte aber einmal einen Baß auf einer Session gespielt, mit dem ich auf Anhieb besser zurecht kam als auf meinem derzeitigen.

Schräg finde ich auch, wo man überall Blasen bekommen kann. Ich habe bei meinen Bässen die Unterseite des Griffbretts für den rechten Daumen rund geschmirgelt, was sich sehr bequem anfühlt. Wenn die Kante aber sehr scharf ist, kriege ich manchmal selbst am Daumen eine Blase.
jlohse Profilseite von jlohse, 31.03.2008, 21:29:48
Die Griffbrettunterseitenkante ist eine der ersten Stellen, die ich anpacke, wenn ich an einem Bass etwas mache. Wenn die nicht abgerundet und glatt ist, finde ich das auch sehr unangenehm. Das gehört zu den Kleinigkeiten, die schnell gemacht sind (bzw. wären), aber eine große Wirkung haben.
Wie bei uns allen sind auch meine Finger mit einer dicken Hornhaut versehen, aber es ist schon erstaunlich, wie schnell man Blasen an die Griffel bekommt, wenn man mal (z. B. bedingt durch eine andere Saitenlage) ein paar Millimeter woanders zupft als gewöhnlich.
LockeJ Profilseite von LockeJ, 01.04.2008, 08:17:09

Eine Blase nach 2 Stücken?? Das Problem habe ich nun allerdings nicht..

Phil

bassknecht Profilseite von bassknecht, 01.04.2008, 01:51:46

 Ja wie?? Hallo Jörn und Jonas, was meint ihr mit Kante an der Griffbrettunterseite? Die Griffbrettunterseite sollte eigentlich nahtlos bündig mit dem Hals verleimt sein, da gibt es gar nichts abzurunden lediglich  am Griffbrettüberstand über dem Korpus komme ich an die Unterseite des Griffbrettes heran aber da muss man eigentlich nicht dran. Ihr scheint euch bei diesem Problem ja einig zu sein aber ich kapiere irgend etwas nicht.

Zum Thema  "Spielen auf fremden Instrumenten". Ich kenne keinen der überhaupt keine Umstellungsprobleme bei ungewohnten Instrumenten hätte. Mein früherer Lehrer, ein 1,62m grosser Japaner spielte bei einem Soloabend auf einem uralten kleinen Bass mit 97er Mensur, der ihm proportional wie auf den Leib geschnitten schien. Nach dem  Bottesinikonzert und der Glieresuite die einen regelrecht besoffen machten vor Virtuosität und traumwandlerischer Sicherheit kam  die Suite im alten Stil, wie man weis ein unbegleitetes Stück. Hierfür brauchte er einen lauteren Bass (erzählte er später) und holte einen 4/4 Fünfsaiter aus dem Stimmzimmer.

Wir Studis damals hielten alle die Luft an, weil wir dachten das sich der gute Eindruck der sich bis dato entwickelt hatte nun ins Gegenteil verkehren würde. Dem war aber nicht so, der Vortrag setzte sich in kontinuierlicher Präzision und mit überzeugenden musikalischen Ausdruck fort - astrein. Wie er das genau bewältigt hat weis ich nicht, klar war nur, dass er beide Instrumente gewohnt war und die Stücke auf jedem Instrument separat geübt hatte. Er sah übrigens immer den gesamten Konzertabend incl. einleitende Erläuterung zu den Stücken, Zugaben, Verbeugung usw. als Gesamtpaket an, logischerweise gehörte der Instrumentenwechsel auch zur Gesamtaktion und das hat er schlicht und ergreifend geübt, so wie er eine schwierige Pasage innerhalb eines Stückes auch geübt hat.

Von diesem Erlebnis ausgehend glaube ich, dass man seine Anpassungsfähigkeit auch auf einer allgemeinen und unvorhersehbaren Ebene trainieren kann, ebenso wie ich vom Blattspielen trainieren kann Ich weis, das man üben kann mit Lampenfiber umzugehen (welches sich von mal zu mal sehr unterschiedlich auswirken kann) sowie kann man auch üben die Huster, Stühlerücker und Zuspätkommer auszublenden. Wenn der Umstand durch ein fremdes Instrument zunächst irritiert zu sein ein rein psycholoisches Phänomen ist, glaube ich, das man sich darauf  wie auf andere grundsätzliche Schwierigkeiten  vorbereiten kann. Mit anderen Worten, wenn ich dreimal die Woche mit fremden und sehr unterschiedlichen Instrumenten spielen muss, dann wird mich  nach einem Jahr solchen Trainings die Umstellung von  97er auf 108er Mensur zwar  nicht freuen und zunächst viel Konzentration kosten aber längst nicht so aus der Bahn werfen wie ohne Training. Anders sieht die Sache natürlich aus, wenn extreme physikalische Umstände zum Tragen kommen und damit meine ich nicht den breiteren Hals, sondern heftigere Unterschiede, z B. ein so grosses Instrument bei dem ich als kleiner Mensch hüpfen muss um einen Ton in der halben Lage zu greifen. Ganz alleine mir unseren Problemen sind wir auch nicht, Pianisten müssen sich immer wieder an andere Anschlageigenschaften und Klangfarben wechselnder Instrumente gewöhnen.  Konzertorganisten müssen sich bisweilen auch mit unterschiedlichen Tastenbreiten arrangieren. Ciao Roland

LockeJ Profilseite von LockeJ, 01.04.2008, 08:15:22

Hallo bassknecht,

danke für Deine Antwort. Also auf einem fremden Klavier zu spielen finde ich 10 Mal leichter als auf einem fremdem Bass! Aber wie auch immer.. Ich bin froh dass ich anscheinend nicht der Einzige bin, der auf fremdem Bässen spielen schwierig findet.

Aber was anderes: wie übt man, mit Lampenfieber umzugehen? Bei mir ist das Lampenfieber sehr schwankend. Wenn ich vor Leuten spielen, die selbst Musiker sind, bin ich sau-aufgeregt, und vor Nicht-Musikern bin ich ab dem 1.Ton die Ruhe selbst. Aber das ist sicher irgendwo normal...

 

Viele Grüße

Philipp

bassknecht Profilseite von bassknecht, 02.04.2008, 00:47:26

Hallo Locke, ich finde das vergleichsweise auch viel einfacher auf unterschiedlichen Klavieren zu spielen als auf unterschiedlichen Bässen aber ich bin kein Pianist im engeren Sinne. Ein wirklicher Tastenfachmann wird das sicher anders sehen, die Möglichkeit dass Du so einer bist will ich aber keinesfalls ausschließen. 

Wie man übt mit Lampenfieber umzugehen, darüber will ich mich hier nicht auslassen, ich persönlich habe kein wirkliches Problem damit und könnte nur das widergeben was tausend Leute geforscht haben und auf Workshops und per Medien dazu anbieten.

http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/261275.html

Ich kenne Musiker die mit fremder Hilfe und Training erfolgreich Lampenfieber in den Griff bekommen haben und habe den  vorher / nachher Effekt  bei ihnen gut mitbekommen. Ich bin ganz sicher, das es möglich ist Lf zu kanalisieren und dies sogar so, dass man sich den erhöhten Ausstoß von Adrenalin und Noradrenalin zu Nutzen machen kann. Die positive Funktion des Lampenfiebers besteht darin, alle Kräfte zu mobilisieren, den Auftretenden in einen hellwachen und hochkonzentrierten Zustand zu versetzen.

Zit.:Kirchenvater Augustinus (354–430): „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst“.

Roland

jlohse Profilseite von jlohse, 01.04.2008, 17:59:03
"was meint ihr mit Kante an der Griffbrettunterseite? Die Griffbrettunterseite sollte eigentlich nahtlos bündig mit dem Hals verleimt sein, da gibt es gar nichts abzurunden lediglich am Griffbrettüberstand über dem Korpus komme ich an die Unterseite des Griffbrettes heran aber da muss man eigentlich nicht dran."
Doch, genau den Überstand meine ich. Da kommt man sehr wohl dran: mein rechter Daumen hakt sich da ein.
bassknecht Profilseite von bassknecht, 02.04.2008, 00:27:13

Ja , jetzt ist es mir klar, ich bin schwerpunktmässig eher Streicher und habe nur an die linke Hand gedacht die Blasenstress bekommen könnte und die muss eigentlich nicht unbedingt an der Griffbrettunterseite agieren, natürlich kann man alles versuchen aber mir erscheint das unpraktisch. Mit rechts einhaken macht Sinn und das sollte dann auch ergonomisch ok sein aber schränkt Dich das nicht ein wenn Du auf de E Saite schnellere Noten im Wechselschlag spielen willst? Ich brauche dabei immer meinen Daumen als Stop für die anschlagenden Finger und wenn der Daumen zu weit weg ist klappt das nicht. 

Hansbass Profilseite von , 01.04.2008, 09:36:06
Auf fremden Bässen ist das wie bei den Frauen:
Mit der eigenen Frau weis man was man hat und wo man ist, bei anderen muss man sich erst mal umschauen und dazu durchaus mal etwas tiefer blicken, bevor man alles sieht ...... ;-)

Was ich als Erlebniss mal hatte war auf der Musikmesse. Dort durfte ich die Bässe aus dem Hause Pöllmann ausprobieren. Als ich da einen Bass mit einer 105,5 Mensur nahm dachte ich auf einmal nur "Wow, das ist es!" Und zum ersten Mal in meinem Leben war meine Intonation gut und sauber. Dazu konnte man so filligran mit dem Bogen arbeiten, der Bass sprang auf die leichteste Bewegung an. Als ich zu Hause war spielte ich gleich meinen Bass im Vergleich und siehe da, ich kam nicht so gut zurecht wie auf dem Pöllmann. Deswegen muss ich sagen das man auf fremden Bässen auch gut spielen kann, wenn sie denn auch passen. Aber wie oft darf man auch einfach so auf einem 22000€ Bass spielen... Ich tröstete mich damit das meiner, der weniger als ein Viertel davon kostet auch sehr schön klingt und ich mich auf dem auch sehr zu Hause fühl.

Zum Thema Lampenfieber fällt mir nur folgendes ein:
Lampemfieber vor Musiker zu haben ist unnötig da jeder Musiker nur mit Wasser kocht und es deshalb keinen Grund gibt nervös zu sein. Das schlimme sind meine Meinung da auch nur die Berühmte Musikerpolizei. Das sind die, die den ganzen Abend mit verschränkten Armen dasitzen und böse in die Luft schauen und beim ersten nicht mehr ganz so sauberen Ton dann rufen: "Falsch!" Ich lege auf solche Leute überhaupt keinen Wert mehr. Die wirklichen Größen sind ganz bescheiden und locker und haben das nicht mehr nötig. Ich kam mal in den Genuß mit Ack van Royn spielen zu dürfen. Mein Lehrer spielte eigentlich mit ihm ein Konzert doch machten ihm die Finger schlapp in der Hälfte des Konzerts (er ist ja auch schon 76 !!) Nun was nun... Mein Lehrer schlug vor mich zu nehmen und Ack van Royn stimmte zu. Das war Nervosität sag ich nur. Ich hab mir vor Angst in die Hose gemacht. Ich war damals 18 Jahre und stand mit Emils Mangelsdorf und Ack van Royn auf der Bühne... Nach aber 2 Nummern (stingnormale Standarts) war diese Aufregung verflogen. Diese großen Jungs behandelten mich wie einen Gleichgestellten und gaben mir eine Unglaubliche Sicherheit. Am Ende des Konzerts beim Abbau setzte sich Ack dann mit mir auf ein Bier hin und fragte mich nach meinem musikalischen Schaffen aus. Unglaublich, das hatte der doch gar nicht nötig! Seit dem bin ich nicht mehr nervös denn ich weis das die wirklich Großen Leute sind so sind wie die vielen Möchtegern-Amateure, die so stinkig geworden sind weil sie es nicht geschafft haben nach oben zu kommen...Aber vielleicht kannst du dich damit ja ein wenig trösten und bei der nächsten Session oder dem nächsten Gig vor Musiker einer daran denken. Mir hilft das immer und dann sche** ich einfach auf die alle und spiel meinen Stiefel!
Ansonsten ist es meiner Meinung nach vor allem die Erfahrung die gegen Lampenfieber wirkt.

Ich darf dazu schreiben das ich nicht in irgendeiner Weise prahlen will mit der Geschichte oder sonst was. Ich bin nicht besonders gut aufm Bass, bin einer reiner Spaßmusiker und hatte einfach nur unglaubliches Glück zur richtiger Zeit am richtigen Ort zu sein. Ich weis da aber unendlich viele Andere Bassisten diese Gelegenheit eher verdient hätten!
Jörn Profilseite von , 01.04.2008, 13:48:42
Die Jazzpolizei ist ein Thema für sich. Das Gehabe wirkt natürlich sehr unsympathisch, ich gebe aber zu, daß ich mich nicht gegen die Fehlererkennung wehren kann. Die Falschheitskriterien sind im Jazz wohl nicht leicht zu bestimmen, dennoch: Ich hatte mal einen OhneProbeGig mit einem Trio und wir haben Oleo mit Thema Baß und Sax Unisono ausgemacht. Der Saxer konnte das Thema nicht und nach dem ersten A-Teil bin ich aus dem Thema ausgestiegen. Natürlich ist so etwas ärgerlich und ich meine, daß der Saxer nicht Oleo annehmen sollte, wenn er das Thema nicht kann. Außerdem klingt dann die ganze Band schlecht und nicht auf den Punkt.

Aber auch wenn ich nur aus Spaß auf eine Session gehe und gerade nicht spiele, kann ich mich gar nicht dagegen wehren, daß mir Fehler auffallen. Nimm die Rhythmik von It don't mean a thing, Takt 5-8 vom A-Teil. Wenn einer die 3-gegen-4-Bewegung falsch spielt, kann ich das nicht nicht mitkriegen.

Noch schlimmer sind die Sängerinnen-Stories: Mir hat auf der Bühne mal eine der besseren Sängerinnen Noten gegeben und meinte, die vom Pianisten seien besser. Ich dachte, die Kopie wäre besser, aber die Sängerin hat tatsächlich unterschiedliche Akkorde verteilt. Der Pianist spielte seine Akkorde und guckte rüber, ich spielte meine und hielt ihn für begriffsstutzig. Ich war nicht auf die Idee gekommen, daß wir unterschiedliche Leadsheets hatten.

Die Polizei geht aber nicht nur gegen Anfänger vor. Ich habe mal mit einem Quartett eine Session eröffnet; der Schlagzeuger war saugut und hat seine letzte Scheibe mit Eddie Gomez aufgenommen. Meine Ansage war ein paar Tage zuvor per Mail, daß wir One-by-One spielen. Das Stück ist von Wayne Shorter und mit Art Blakey aufgenommen worden, einmal auf der Ugetsu und einmal mit Wynton Marsalis. Das Stück lebt vom fetten Shuffle. Der Schlagzeuger kannte das Stück nicht und spielte einen normalen Modernjazz darüber. Obwohl der viel renommierter als ich ist, habe ich ihm dafür einen Anpfiff gegeben. Man muß die Stücke kennen.

Die musikalischen Anforderungen im Jazz sind hoch; der Jazzpolizei-Vorwurf kommt immer von Leuten, die nicht mithalten können. In Bezug auf Sessions habe ich immer für schlecht gehalten, daß bei einer guten Jazzszene das Niveau überall sehr hoch ist. Ich habe mal für einen Berliner-Club das Booking gemacht und angeregt, daß man so etwas wie eine Flaschen-Session organisieren möge, bei der auch Noten nicht tabuisiert sind. Das kam nicht zustande, ist aber in Berlin und in München ein Defizit.
jlohse Profilseite von jlohse, 01.04.2008, 18:06:20
Jazzpolizei ist die eine Seite, sich selbst überschätzende (vielleicht auch noch ignorante) Musiker die andere Seite der Medaille. Gegen echte Anfänger kann ja niemand ernsthaft etwas einwenden; jeder fängt mal an. Aber es gibt eben auch die "lebenslangen Anfänger", bei denen Hopfen und Malz verloren zu sein scheint. Aber vielleicht gehört beides eben dazu. Wenn alles immer Friede-Freude-Eierkuchen wäre, wäre es ja auch irgendwie langweilig.
max Profilseite von max, 01.04.2008, 19:08:16

Es geht dabei aber weniger um Fehlererkennung als darum, was man daraus macht! Jemanden darauf hinweisen, dass er/sie vielleicht noch ein wenig üben sollte ist m.E. völlig legitim- wenn es wirklich als Hinweis gemeint ist, um dem/der KollegIn "auf den rechten Weg zu helfen" und auch so gwäußert wird, ist es sogar kollegial.

Jazzpolizisten haben aber eine ganz andere Motivation: sie formulieren ihre Kritik so, dass es auch bloß jede im Publikum mitbekommt um klarzustellen, dass sie tausendmal besser sind als das Objekt ihrer Kritik. Es handelt sich um den Versuch, das eigene Ego auf den Knochen von vermeintlich Schwächeren aufzupolieren- und so was braucht nun wirklich kein Mensch.

Jörn Profilseite von , 01.04.2008, 19:46:06
jlohse und max sprechen Wahres. Man braucht weder sich selbst überschätzende Anfänger noch selbstherrliche Cracks. Zu dem Thema habe ich ein etwas gespaltenes Verhältnis, weil ich weiß, daß ich vor über zehn Jahren zur ersten Gruppe dazugezählt habe. Ich bin mal in München von der Bühne geflogen, weil ich Body and Soul nicht auswendig konnte. Der Typ, der mich runterbefördert hatte, war aber auch Prof am Konservatorium. Ich konnte zwar zumutbar spielen, hatte aber kein Repertoire. Ich bin dann bei der nächsten Begegnung zu ihm hin und habe gefragt, ob ich nicht mehr auf die Bühne kommen solle, wenn er darauf sei. Er meinte: "LERN DAS ZEUG AUSWENDIG!!!" Außerdem seien Sessions zum Spielen und nicht zum Üben da. Ich wollte aber mitspielen und habe erstmal zwei Jahre lang intensiv am Repertoire gearbeitet. Klar, die Story war unangenehm und eine diplomatischere Vermittlung begrüße ich noch im nachhinein, heute weiß ich aber, daß der Typ im musikalischer Hinsicht recht hatte.
jlohse Profilseite von jlohse, 01.04.2008, 20:37:12
Zum Thema "Lern das Zeug auswendig" bin ich etwas anderer Meinung. Mir ist es lieber, jemand schaut nochmal kurz aufs Leadsheet, als dass er nachhaltig und penetrant falsch spielt (und bei "jemand" schließe ich mich mit ein). Und ich unterscheide da auch ein wenig nach Instrument: für Musiker der Rhythmusgruppe finde ich es OK, auch unbekannte(re) Stücke mitzuspielen, die von den Solisten vorgeschlagen werden. Ist ja oft schwierig genug, interessante Vorschläge von den Solisten zu bekommen – wenn man da auch noch anfängt, ständig nein zu sagen ... Umgekehrt finde ich es oft sehr anstrengend, wenn die Solisten sich durch ein unbekanntes Stück schleppen, wo sie doch einfach auch mal ganz easy eine Nummer aussetzen und sich das erstmal in Ruhe anhören könnten (was bei der Rhythmusgruppe wiederum gleich mit etwas höherem organisatorischem Aufwand verbunden wäre). Aber ansonsten finde ich auch, dass die Bühne zum Spielen und nicht zum Üben da ist - allein schon den Zuschauern zuliebe. Wobei ja das Spielen an sich und eine Session im Besonderen ja auch immer eine Art Übung und Training ist ... aber das wäre jetzt Haarspalterei.
Neuester Beitrag Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 02.04.2008, 11:59:20

 

Musik machen ist - gluecklicherweise oder leider - eine soziale Aktivitaet, d.h. wenn man in einem bestimmten Setting (z.B. auf Sessions) spielen will, muss man sich zwangslaeufig mit den Ansprechen der hier spielenden MusikerInnen auseinandersetzen.

 

Jam-Sessions sind oft auch eine Buehne der persoenlichen Macken. Gibt oft unnoetige Aggressivitaet/Arroganz gegenueber Leuten, die tatsaechlich oder vermeintlich schlechter sind, und eine enge (um nicht zu sagen bornierte) Auffassung von dem, was Jazz ist.

 

Wenn man das alles nicht zu ernst nimmt, kann man sicher einiges lernen. Man sollte Kritik nicht persoenlich nehmen, sondern selbstkritisch schauen, was dran ist. Und sich halt eine Session aussuchen, wo nette Leute hingehen und nicht bescheuerte Poser.

 

Musikpolizei, das steht fuer mich fuer die o.g. Borniertheit, d.h. den Glauben, es gaebe nur eine musikalische Wahrheit, und die besteht darin, tradierte Klischees detailgenau zu kopieren. Plus diese unertraegliche Einstellung ”I ‘m better than you”.

 

Meiner Ansicht nach kann man aus jeder musikalischen Situation lernen. Sicher gibt es Musiker, die ”hoffnungslos” erscheinen – genau da ist die Herausforderung, konstruktiv zusammen zu spielen, vielleicht sogar so, dass die Betreffenden merken, dass sie irgendwo musikalisch limitiert sind, ohne dass man ihnen das brutal ins Gesicht sagt. Das habe ich in der Freie Improvisationsszene in London erlebt, auf Workshops mit Leuten wie Steve Beresford, Maggie Nicols, Eddie Prevost und Phil Minton, die jeden/jede Ernst nehmen, und generell keine Werturteile abgeben. John Tillbury hat es so formuliert: du stehst auf der Buehne, und jemand spielt voelligen Mist – was ist die Loesung? Eine Knarre zu ziehen und den Menschen abknallen? Sicher nicht – also sieh zu, eine andere Loesung zu finden. Natuerlich ist die Frage ob diese radikal utopische Einstellung auch im Jazz funktionieren kann – sicher braucht man im Jazz, d.h. einem idiomatischen Stil, mehr Grundlagen, um zusammenzuspielen, als in der Freien Improvisation. Trotzdem koennten sich davon manche der Provinz-Jazz-Session-’Stars’, mit denen ich in meiner (gluecklicherweise abgeschlossenen) Jazzamateur-Laufbahn kollidiert bin, eine fette Scheibe von abschneiden.

berni1 Profilseite von berni1, 01.04.2008, 11:49:40

ich spiele im moment auf 3 verschiedenen bässen.

grundsätzlich finde ich (als hobbymusiker) es nicht so schwer, sich auf die unterschiedlichen bässe einzustellen, solange diese die gleiche grösse haben und einwandfrei eingestellt sind.

mit einem der 3 bässen kämpfe ich jedoch ziemlich, da die g-saite relativ hoch liegt und dadurch die d-saite nur in einen sehr kleinen winkel (auch im vergleich zu den anderen saiten) gestrichen werden kann. dabei happert es allerdings an einer mangelhaften einstellung.

Hansbass Profilseite von , 01.04.2008, 16:25:30
@ Jörn:
Hey das sind wirklich gute Storys. Natürlich gebe ich Dir recht das man nicht direkt darüber hinweghören kann, doch ist mehr Toleranz und Freundlichkeit einfach eine Sache die auf Sessions und ähnliches fehlt. Und an deinem Beispiel mit dem Drummer sieht man da auch ganz klar: Die kochen alle nur mit Wasser! Und jeder macht Fehler! Mit einem richtigen Verhalten kann ich dem Musiker helfen daraus zu lernen und sie zu vermeiden, mit einem falschen Verhalten nehm ich ihm den Spaß und die Sicherheit. Und es gab schon Leute die dauraufhin aufgehört haben Musik zu machen. Leider ist das letztere öfter der Fall das das erstere und macht dann einen schnell Nervös wenn er vor Musikern spielt (--> so als Schwung back to topic gedacht ;-)
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