Hallo, Du berührst mit Deiner Frage ein etwas heikles Thema. Heikel, weil hinter präferierten Spielhaltungen / Körperhaltungen immer auch sehr persönliche Überzeugungen stecken und daher neigen viele Leute dazu nichts neben den eigenen Erfahrungen und Überzeugungen gelten zu lassen.
Zum Thema Ludwig Streicher Schule hat es hier vor einiger Zeit eine sehr unschöne Diskussion gegeben, bei der ein Kritiker der Streicher Schule sehr persönlich angegangen wurde und es Hiebe unterhalb der Gürtellinie nur so gehagelt hat.
Ich gehe davon aus das eine Körperhaltung beim Kontrabassspielen relativ lange Zeit und regelmässig eingenommen wird. Durch sie sollten keine Schmerzen oder dauerhafte körperlichen Beeinträchtigungen hervorgerufen werden, sie sollte unter dem Aspekt "ökonomische Bewegungsmöglichkeit" das Spielen auf dem Instrument so leicht wie möglich machen. Daher meine erste Grundregel: Wenn Du regelmässig mehr als eine Stunde am Tag übst und Dir tut hinterher ein anderes Körperteil (ausser den Fingerkuppen) auffällig weh, dann stimmt etwas an Deiner Haltung nicht.
Ich meine eine Körperhaltung ist immer recht individuell, man muß seine eigene Haltung unter Anleitung und Korrektur eines Lehrers finden. Was z.B. bei Herrn Streicher gut funktioniert muß beim Rest der Menschheit noch lange nicht so gut funktionieren, bloß weil er ein bekannter Mann ist. Das was Herr Streicher propagiert ist in etlichen Punkten sehr konträr zu Spieltechniken von Bassisten die nicht schlechter spielen aber nicht so bekannt sind, bzw. keine Ambitionen hatten ein Unterrichtswerk für Kontrabass zu schreiben. Das Ganze ist für mich ein signifikanter Beweis dafür, daß Kontrabassspieltechnik viel weniger Vereinheitlicht ist als Spieltechniken anderer Instrumente und das ist auch gut so!
Mein zweiter Tip: Du solltest einen Lehrer suchen der sich selbst nicht als den bassistischen Nabel der Welt begreift bzw. einen Bassguru zu ewigen Leben verklären möchte. Er sollte so souverän sein Dir zu einer Haltung zu verhelfen, die Dir nützt und nicht lediglich ihm oder sonst wem als Spiegel dient.
Ich habe gute Erfahrungen damit Anfänger zunächst nur stehsitzend in einer sehr symmetrischen, celloähnlichen Haltung spielen zu lassen. Die Haltung im Stehen entwickelt sich später dann aus der Sitzhaltung wobei der Winkel Instrument / Körperlängsachse fast identisch ist.
Ich halte symmetrische / ausbalancierte Haltungen immer für die körperfreundlichere Variante. Nimm eine der verbreiteten stehenden Spielhaltungen ein, bei der das Körpergewicht zum Großteil auf einem Bein ("dem Spielbein") lagert. Nun friere in dieser Haltung ein und bitte jemanden Dir das Instrument aus den Händen zu nehmen und schau Dich im bereitgestellten Spiegel an. Anschließend stell Dir vor Dein Zug hat Verspätung und Du wartest in dieser Haltung eine Stunde auf die Bahn. Stelle Dir nun folgende Frage "Warum käme ich nie auf die Idee in dieser Körperhaltung eine Stunde lang auf den Zug zu warten, nehme sie aber Tag für Tag hinterm Kontrabass verborgen ein?" Weil ein Lehrer sagt es muß sein? Weil Du es beim Spielen nicht merkst wie unnatürlich Deine Körperhaltung ist? Weil Du unter 30 bist und glaubst Probleme mit Hüftgelenken tauchen erst nach der Rente auf? Weil Du gerade Dein Coming Out als Fakir hast? - Spaß beiseite, ich will weder Dir noch sonst wem zu nahe treten und eigentlich nur sagen, daß Du mit Deiner Frage nach "Richtlinien" sehr leicht in eine Dogmen - Falle tappen kannst. Viel Erfolg
Roland