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das Bass-Solo im Jazz

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Zugeordnete Kategorien: Jazz - Bassisten & -innen

Dusan Profilseite von , 09.02.2007, 14:10:20
das Bass-Solo im Jazz

hallo

hier ein kleiner radio-tip für heute abend: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/jazz-dlf/586484/

bei deutschlandfunk läuft:

Jenseits der Grenzzäune

JazzFacts - 22:05 Uhr: Porträt des französischen Bassisten Bruno Chevillon

Von Karl Lippegaus

Duke Ellington mochte kein Solo vom Kontrabass und seine Begründung dafür lautete: "no commercial interruption", "keine Unterbrechung für Werbung". Noch in den 70er Jahren fehlte auf Live-Alben des Keith Jarrett-Quartetts das Solo des Bassisten Charlie Haden, weil man fand, die gesamte Musik verliere sonst ihre Attraktivität.

was meint ihr? hatten ellington und jarrett recht?

max Profilseite von max, 09.02.2007, 17:34:01

Wenn man je ein Solo von Charlie Haden gehört hat, kann man gar nicht mehr dieser Meinung sein- finde ich!

Wobei der allgemeine Stand der Bassisten vor solchen Helden wie eben C. Haden oder Scott LaFaro den damaligen Standpunkt von Jarrett etc. etwas verständlicher scheinen lassen.

Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 09.02.2007, 19:13:01
Naja, da spielen halt verschiedene Dinge eine Rolle. Allein Sound- und Lautstaerkemaessig ist ein Basssolo im Bigband Kontext was anderes als in einem Klaviertrio. Als Bigbandleader, gerade in den 30ern, musste Ellington ja einfach auch eine bestimmte Erwartungshaltung bedienen. Wobei Jimmy Blanton ja durchaus auch mal durfte - und sich des Dukes Statement darauf wahrscheinlich nicht auf diesen Ausnahme-Bassisten bezieht.

Jarrett  hat mir frueher mal ganz gut gefallen, mittlerweile kann ich das nicht mehr hoeren,  ist mir zu sehr Nabelschau. Ich denke es wuerde Jarretts Musik nur positiv beeinflussen, wenn unsere Diva mal ein bisschen von ihrem Egotrip runterkaeme. Paul Bley kennt keine Sau - hatte aber vieles, was Jarrett Stil ausmacht, mindestens 10 Jahre frueher gespielt. Ein Jazzmusiker aus meinem Bekanntenkreis der ihn auch nicht kannte sagte bei einem Blindfoldtest zu Bleys '59er Album Footloose, "sounds like a less pretentious Keith Jarrett". Uebrigens viele von Bleys fruehen Aufnahmen mit dem bemerkenswerten jungen Steve Swallow am Kontra(!!)bass (bis der dann mit Bleys Frau durchbrannte, armer Paul, erst sowas, und wenig spaeter wird dann Jarrett ein Superstar und jeder haelt das Original nun fuer eine Jarrett Kopie...).

Was Haden angeht, so ist sein grosser Verdienst das melodisch unabhaengige Begleitspiel, beginnend mit Ornette Colemans Gruppe in den spaeten 50ern/fruehen 60ern. Sein Solospiel dagegen finde ich eher unbemerkenswert, obwohl ich persoenlich es mag. Ist halt sehr wenig technisch, soundorientiert, und etwas repetitiv, d.h. in vielen seiner Soli tauchen die gleichen Ideen auf, so Orgelpunktgeschichten z.B. oder bestimmte folk/country maessige Elemente.

max Profilseite von max, 09.02.2007, 22:50:21

Um Hadens Verdienst um den Jazzbass zu würdigen, muss man beachten, was es vor ihm gab- und das war nicht viel. Er gehört zu den Leuten, die den Kontrabass als Soloinstrument überhaupt salonfähig gemacht haben. Ihm vorzuwerfen, seine Soli seien zu repetitiv, ist in etwa, als hielte man Isaac Newton seine Ahnungslosigkeit in Quantenphysik vor.

Soundorientiert stimmt- aber gerade das finde ich so schön, weil es sich in seiner Entspanntheit so angenehm von der Griffbrettwichserei z.B. eines John Pattitucci unterscheidet.

Mit Deiner Meinung über Keith Jarret stimme ich voll überein!

Co Profilseite von Co, 10.02.2007, 00:42:30
Was es vor Charlie Haden gab?

Abgesehen von oben genannten Blanton:

Oscar Pettiford, Charles Mingus, Ray Brown, Paul Chambers, Wilbur Ware,...

Charlie Haden hat übrigens eine Zeitlang mit Scott LaFaro zusammen gewohnt, falls der jemand was sagt, in Bezug auf die Emanzipation des Kontrabasses im Jazz.
Nicht falsch verstehen. Ich bin ein riesen Charlie Haden Fan, aber der größte Innovator in Bezug auf den solistischen Kontrabass ist er sicher nicht.
Jan v. Polheim Profilseite von , 10.02.2007, 19:22:50
Liebe Kollegen,
meiner Meinung nach, gibt es mindestens zwei unterschiedliche Herangehensweisen beim Solospiel, die eine schaut danach jeden einzelnen Ton, der abgegriffen ist, mit der rechten Hand zu zupfen, ton für Ton, die andere sagt sich, dass durch Abzieher, Bendings usw. eine größere Geschwindigkeit und auch andere Möglichkeiten des Ausdrucks machbar sind. Bei allen Ausnahmen, sind Bassisten wie O.Pettiford, C.Haden, P.Chambers und viele weitere "Altmeister" Verfechter der ersten Katagorie. Spiele jeden Ton einzeln und siehe/höre wie weit du kommst. Die ist in der Regel verbunden mit einem diesen Anforderungen entsprechend eingerichteten Instrument. Bassisten wie z. B. NHÖP, benutzen ihre Bässe mit möglichst tiefer Saitenlage, welche ihnen beim Tempospiel entscheidend behilflich ist.
Enrscheidender Nachteil dieses Vorgehens ist aber, dass das Instrument kein Fortissimo mehr hergibt ohne mit entspechendem Saiten schnarren auf dem Griffbrett zu reagieren. Ich denke, letzlich geht es darum, seine persönliche Ausdrucksform zu finden und alle Parameter entsprechend einzustellen.
Was C.Haden angeht, so finde ich, dass ihm grosses Lob dafür gebührt, ein Basssolo bar jeden Timing- und Formdrucks, als für sich stehende Ausdrucksform etabliert zu haben.
Und es gibt noch einen anderen Ansatz, wer grooved mehr, Dennis Irving, oder John Patitucci?
Jeder möge selbst entscheiden!

Beste Grüße jan
bassknecht Profilseite von bassknecht, 11.02.2007, 13:36:29
......., wer grooved mehr,............?


Mein Sequenzer !!

mit Liebe programmiert
Jan v. Polheim Profilseite von , 12.02.2007, 10:04:11
hallo Bassknecht,
na das mit dem Sequenzer hören wir alle uns doch gerne mal an...

Grüße jan
max Profilseite von max, 11.02.2007, 21:46:30
Das Bass- Solo als für sich stehende Ausdrucksform- das hatte ich gemeint, hätte es aber nicht so schön formulieren können- dankeschön.
k_fron Profilseite von , 12.02.2007, 00:54:22
naja, das Bass-Solo hat ein Anrecht auf ein Plätzchen, wie jedes andere Instrument. Als Jazzer habe ich festgestellt, daß ein Durchimprovisieren von allen Teilnehmern und dem Bass als letztes in JEDEM Stück sehr langweilig wirkt. Achja, jetzt kommt auch noch ein Bass-Solo. Da sollte man eher bestimmte Stücke für gute und längere Bass-Einlagen wählen, um die einmalige Wirkung des Intruments nach vorne zu stellen. --Gruß - k_fo --- www.lerne-jazzbass.de
Neuester Beitrag Jörn Profilseite von , 13.02.2007, 18:03:33
K_fron,

Du sprichst mir aus dem Herzen. Ich habe mal einen Entwurf zu einer Philosophie des Jazz geschrieben, in dem es auch darum ging. Für mich ist immer wieder erstaunlich und auch entsetzlich, wie stark die Tradition sich in der wohl improvisiertesten Musik auswirkt. Eine Jazzformation, egal ob Sessiongruppe oder Band, muß ständig unausdrückliche Fragen beantworten und Entscheidungen fällen. In modernen Entscheidungstheorien wie der Spieltheorie und auch in der Ethik allgemein, geht es darum, Kriterien zu entwickeln, die rational zustimmungsfähig sind. (Saxophonist: "Ich habe Bock auf jedes Mal das erste Solo" wäre demgemäß zu wenig.) Meines Erachtens ist eine der grundlegenden Fragen die nach der Länge von Stücken und der Verteilung und Organisation der Spielzeit. Um Deinen Punkt zu übernehmen: Man stelle sich ein Duo aus Klavier und Baß vor. In der Regel spielt der Pianist das Thema und das erste Solo, der Bassist das zweite Solo und der Pianist das zweite Thema. Letztlich ist es eine Frage der Kombinatorik: Es gibt acht mögliche Anordnungen bei der Verteilung von zwei Themen und zwei Soli, genommen wird traditionsgemäß nur eine, das heißt sieben Achtel oder 87,5% der mathematischen Möglichkeiten bleiben unberücksichtigt. Jazz könnte erheblich interessanter sein, wenn man, vorallem Saxophonisten und Pianisten, den Dez öfters oder zumindest anders anschalten würde.

Gruß
Jörn
Dusan Profilseite von , 12.02.2007, 09:10:05

Was rät der Eheberater einem Paar, das sich nichts mehr zu sagen hat?

"Gehen Sie zu einem Jazzkonzert und warten Sie, bis der Bassist sein Solo spielt..."

(Ich weiss, der ist alt - aber passt irgendwie ganz gut hierher. :-)

Christian Kassühlke Profilseite von , 12.02.2007, 16:30:51
Alle hier genannten Bassisten haben auf die eine oder andere Art das Bassspielen vorangebracht und verdienen Respekt!
Ich verstehe nicht, warum solche Gegensatzpaare wie z. B. Haden vs. Patitucci aufgestellt werden müssen.

Gruß, Christian
Jan v. Polheim Profilseite von , 13.02.2007, 09:09:30
Lieber Christian,
ich gebe dir unbedingt Recht, was den Respekt angeht, aber die große Unterschiedlichkeit der hier nur exemplarisch genannten Kollegen, führt ja auch zu unterschiedlichen Ergebnissen und diese sprechen in der Regel auch unterschiedliche Hörer an.
Dies ist kein Mysterium, sondern nachvollziehbar, nicht mehr habe ich versucht. Wie gesagt, jedem den gebührenden Respekt, aber ich höre Musik nicht weil es "Jazz" ist und ich höre den Kollegen nicht zu weil "Jazzbassisten" sind, sondern weil ich ihre individuelle Art zu spielen mag, oder auch nicht.
Dies wollte ich, ohne diffamierend zu sein, hier anmerken.
Beste Grüße Jan
Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 13.02.2007, 16:15:22
Erlaubt ist was gefaellt.

Bestimmte Musiker (meine ich geschlechtsneutral) haben eine brilliante Technik, bei weiteren begeistert das Feeling, und dann gibt es welche die halt "Musikgeschichte" geschrieben haben, und all das schliesst sich nicht gegenseitig aus.

Fuer mich ist aber schon ein Unterschied zwischen Leuten der ersten Stunde wie Haden, Scotty, Jimmy Garrison, Gary Peacock, Henry Grimes, Alan Silva, Richard Davis, Steve Swallow - wen vergessen? Ron Carter - und 80er-Jahre-Virtuosen wie Patitucci. Der musikalische Kontext in dem letztere spielen interessiert mich nicht besonders, von daher kann ich da nicht gross was zu sagen.

In den 60ern gab es einfach keine Vorlage, was "man" jetzt bitteschoen haette spielen sollen zu den Eskapaden von Coltrane, Coleman, Ayler, Taylor usw. In dieser Musik ist eine totale Frische und Aufbruchstimmung. Das finde ich sehr wichtig in der Improviosation, nicht sich da hinstellen und vorgefertigte Patterns auspacken, sondern spontan sein im Sinne von Risiko. Da habe ich eine ganz nette Anekdote ueber Airto Moriea gehoert, der bei Miles nie wusste, ob das was er jetzt spielt, das ist was Miles wollte, bius er dann bei Gig dachte, wow, jetzt habe ich's endlich kapiert. Miles nach dem Gig: du bist gefeuert. - Er wollte halt dass seine Musiker kaempfen und rumexperimentieren (selbstgefaellig durfte nur der Meister selber sein...).

Das geniale von Haden und vielen anderen vrgnenannten war halt, dass sie einen persoenlichen Ansatz gefunden haben. Man hoere sich mal Colemans fruehe Aufnahmen mit Percy Heath an - sicher ein amtlicher Modern Jazz Bassist - aber passt zu Colemans Musik nicht richtig. Es ist aber sicher auch viel Mythenbildung, bzw. Zufall- und Marktmechanismen, die bestimmen, was heute halt grosse Namen sind. Wie gesagt finde ich den fruehen Steve Swallow genauso genial wie Haden - als Kontrabassist aber leider vergessen.

Anyway, was ich zentral an Haden und Konsorten finde ist dass die Musik gerade weggeht von dem traditionellen Solo-Begleitung Denken. Fuer mich ist es kein Zufall dass die beiden Bassisten der wichtigesten 60er Jahre Saxophonisten (Coltrane und Coleman), naemlcih Garrison und Haden, eher Sound- und rhuthmus-oriuentiert spielen, dabei aber konventionelle Vorstellungen von Time und Harmonie hinter sich lassen. Bei Coltrane und Coleman ist ja schon eine sehr klare Rollenverteilung da,  der Bass ist immer noch Rhythmusknecht, bloss das Gesamtkonzept hat sich geaendert. Sicher, wenn man 10 Platten von Coletrane vor sich hat, findet man auch eine mit einem Basssolo - aber das ist ja doch eher selten.

Ja, danke fuers zuhoeren, musste ich nochmal loswerden.


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