Gilie,
die Enttaeuschung ueber bestelltes Notenmaterial ist relativstil stilunabhaengig.
Pop, Rock und Jazz sind wie auch Blues und Folk keine Stile wo es "Literatur" gaebe. Es ist die abendlaendische Klassiktradition, in der die Notenschrift erfunden wurde und dann eine ganze Musikkultur darauf aufgebaut wurde. Wo es ganz stark um Tonhoehe und reinen Ton geht. Das soll jetzt kein serioeser musikhistorischer Exkurs sein - dazu fehlt mir dann doch die Kompetenz und auch die Musse, aber da gibt es schon einen Zusammenhang: die genannten Eigenschaften von Musik lassen sich halt notieren, wobei alles moegliche andere unberuecksichtigt bleibt, bzw. als Tempo- und Interpretationsangabe erst spaeter zugefuegt wurde.
Um auf dein Anliegen zurueckzukommen, erstens glaube ich dass es nur sehr bedingt moeglich ist, das worauf es ankommt bei Pop und verwandten Stilen, rein ueber Noten zu lernen. Zweitens sollte dir klar sein, dass Noten drucken eine Industrie ist, die nach marktwirtschaftlichen Kriterien funktioniert. Dass heisst, hauptsache es is billig zu produzieren (oft voller Fehler) und verkauft sich (wieder und wieder - waere ja Mist wenn du ein Heft kaufst und das dann reicht). Was das fuer deine musikalische Entwicklung bringt, ist eine andere Frage. Ich habe schon oefter Musiker getroffen (gibt's oft bei Gitarristen), die ein paar Licks draufhaben, so dass man zuerst denkt, die Person hat's ja ganz gut drauf. Bis sich dann rausstellt, das ist alles - das Lick kann reporduziert werden, aber irgendwas anders in dem gleichen Stil spielen, sich von der Reproduktion loesen, diesen Musikstil wirklich verstehen, da hoert's dann auf.
Also folgende Tipps:
1. Lerne das Instrument, ohne knurren und murren. Kostet Arbeit aber zahlt sich langfristig aus.
2. Suche dir eine Band deines Geschmacks und lass dich vom Gitarristen oder Pianisten coachen (natuerlich pol.-korrekt geschlechtsneutral gemeint).
3. Lerne ein bisschen Klavier und ziehe dir vor allem "Standards" im engeren Sinne rein: Pop-Songs aus den 30ern bis 50ern, die du z.B. im Realbook findest, z.B. von Cole Porter und Jerome Kern. Die Melodien sind meistens in laengeren Notenwerten. Worauf es ankommt ist die Relation von Melodie und Harmonie. Du kannst oft die Melodie summen und dann nur die Basstoene auf dem Bass oder Klavier spielen, und die Harmonie fast innerlich hoeren. Keiner zwingt dich, dieses Zeug im Jazz (Swing)Stil zu spielen. Die harmonische Sprache dieser Musik ist natuerlich z. T. ein bisschen veraltet, aber du wirst erstaunt sein, wie viel heute noch aktuell ist (pop-Musik hat das Recycling lange vor dem Gruenen Punkt eingefuehrt). Das wird dir mehr bringen als mechanischen Skalenueben oder Hefte mit ein paar Licks "im Stil von". Als Basser musst du harmonie-lehre maessig fit sein - ein Saxofonist kann sich zur not mit einer Pentatonik oder "nach Gehoer" durch den Song retten - du als Basser musst 100% raffen was ablaeuft und in deinen Linien das klar darstellen. In dem Zusammenhang waere eine Jazz- oder Pop-Harmonielehre hilfreich. Guck erstmal in der Buecherei . Siggi Busch hat eine gut anfaengergeignete geschrieben. Bin da aber nicht auf dem letzten Stand -gibt ja heute so viel.
4. Trotzdem rate ich dir dringend, Skalen und v.a. Arpeggios ueber das ganze Griffbrett zu ueben - gerade wenn du Pop machen willst, wird dich oft der/die Saenger/in fragen, hey, geht das nicht in einer anderen Tonart. Und wenn du dann flexibel bist, erhoeht das extrem deinen Markwert.
5. Falls du einen guten Lehrer finden kannst, nimm Unterricht.
6. Hoere Bassparts von deinen Lieblingssongs raus. Spiele diese dann mit einem Gitarristen/Pianisten in einem Uebungsduo, d.h. ihr trefft euch um Repertoir aufzubauen. lass dir falls noetig die Harmonien erklaeren.