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Zugeordnete Kategorien: Basschulen - Unterricht & Didaktik

Uwe Profilseite von Uwe, 23.10.2004, 10:43:20
Simandl Plus Workbook Download
Hallo allerseits, ich bin vor Kurzem auf ein kleines Lehrbuch in englischer Sprache gestoßen, das Fingersatz-Strategien behandelt. Man kann es sich als PDF-Datei (ca. 1 MB) bei http://www.asodb.com/ herunterladen, bitte dabei das Copyright beachten. (Die erbetene eMail-Adresse würde ich übrigens nicht angeben. Ich hatte mich einmal zu einem amerianischen Diskussionsforum angemeldet und wurde dann mit Spam so zugemüllt, daß ich meine Adresse wechseln mußte.) Gruß, Uwe
philipp Profilseite von , 23.10.2004, 13:32:50
ich verstehs immer noch nich.... diese 4-finger geschichte.... erstmal ist meine intonation dabei dermaßen gruselig... und mit dieser handgelenk kipp-geschichte tut mir nach keinen 5 minuten dermaßen das handgelenk weh das echt garnichts mehr geht... naja vielleicht sind meine pfoten dafür einfach zu klein oder sowas aber ich halte diese technik für mich für völlig unbrauchbar.... wenn irgendwer mir mal erklären kann wie nen 1.70 mann mit normal großen pfoten das irgendwie gescheit hinkriegen soll wäre echt toll.... oder ist das nur was für die größeren unter uns?

mfg
philipp
bassknecht Profilseite von bassknecht, 24.10.2004, 13:13:13
Hallo Philipp,
ich meine Kontrabassgrössen und damit Saitenmensurgrössen sollten angepasst sein an den Menschen der darauf spielen möchte und an das, was der Spieler machen möchte. Nach meinen Erfahrungen sind Menschen von 1,70m Körpergrösse mit einem 1/2 Kontrabass mit einer Saitenmensur von max 99 cm (eher weniger) besser bedient als mit der Standartgrösse 3/4 und Saitenmensur 105 cm.

Natürlich klingen 1/2 Instrumente von der Tendenz her nicht so satt, man kann da aber viel optimieren und ich kenne 1/2 Bässe die mittelprächtige grosse Instrumente soundmässig an die Wand drücken. 1/2 Bässe sind vom messbaren Schalldruck her (=abgestrahlte Schallenergie) in der Regel schwächer als grosse Bässe, trotzdem sind sie meistens subjektiv genau so laut wahrnehmbar, weil sie zu einer starken Betonung von tiefen Mitten neigen - und die hört man recht deutlich. Das nur zum Thema 1/2 Kontrabässe weil Du selbst oder ein Teil der Fachwelt vermutlich nur grosse Bässe als ernstzunehmend einstufen werdet.

Nun zu Deiner Frage nach der Praktikabilität der Vierfingertechnik. Ich meine, daß man sich deswegen keinen unnötigen Stress machen sollte. Man kann die gesamte Bottesiniliteratur, Sperger, Vanhal und Konsorten mit der traditionellen Dreifingertechnik realisieren (z.B. Ludwig Streicher, Gary Karr) sowie 95% aller mir bekannten Jazzsolisten (Ausnahme z.B. R.G. Fonds). Wenn man den Daumen als "Finger" mitzählt hat man im Daumenaufsatz nach dem traditionellen Fingersatzsystem seit Jahr und Tag schon vier Finger im Einsatz. Ich bin der Meinung daß man mit der Vierfingertechnik als Lernender nicht wirklich schneller zum Ziel gelangt sondern lediglich anders.

Viel wichtiger als die Vierfingertechnik finde ich den Erwerb einer ökonomischen und sicheren Lagenwechseltechnik, denn daß weiß hier wohl jeder: "Der Kontrabassist lebt und stirbt mit seinen Lagenwechseln". Gleichermassen wichtig finde ich Lagenspiel bis zum "geht nicht mehr", damit meine ich die statistisch gleichhäufige Benutzung von E, A und D Saite bis zum irgendwann unvermeidlichen Daumenaufsatz. Dieses nicht nur Sonntags sondern immer, "weiße Flecken" auf der inneren Griffbrettkarte sind schlecht, es sollte hauptsächlich klangfarbliche Gründe haben um sich für eine bestimmte Lage zu entscheiden. Ein Griffbrett was sich ab 1 Lage nur noch unter der G Saite abnutzt, zeugt von einer Spieltechnik die ich für eingeschränkt und einseitig halte.

Alle Leute die ich kenne, die Vierfingertechnik spielen (und zwar intonationsmässig gut spielen), spielen keine Mensuren über 105 cm sondern eher kleine Mensuren. Es handelt sich durchweg um perfekt eingerichtete Topinstrumente und um filigrane Soloaufgaben die sie darauf erledigen. Ich glaube wenn man den entsprechenden Leuten einen Fünfsaiter mit 111er Mensur in die Hand drückt und sie bittet ihr spielerisches Hightechniveau den kompletten "Ring" oder zunächst erst mal nur die Walküre durchzuhalten, wird sich einiges mit der Vierfingertechnik relativieren.

Trotzdem will ich weder Dir noch sonst jemanden von der Vierfingertechnik abraten, ich selbst spiele eine Mischung aus "Michael Wolf" "Rabbath" und "Ludi - Simmi". Das hat sich für mich aber während des Lernens so ergeben (weil ich neugierig und experimentierfreudig bin) und ich habe mich nie vom Komplex leiten lassen "nur wer Vierfingertechnik spielt ist erste Sahne". Ich mache aus keinem Fingersatz ein Dogma und lebe nach dem Motto "entscheidend ist was klingt".

Überleg doch mal ob für Dich nicht ein 1/2 Bass eine Alternative sein könnte (sofern Du nicht ohnehin schon einen hast) und vielleicht ergibt sich für Dich die Vierfingertechnik auf natürliche Art und Weise oder eben nicht.

Grüsse Roland
philipp Profilseite von , 24.10.2004, 13:56:15
genau das mein ich ja im grunde genommen.... ist die 4-finger nicht eher eine rein solistisch interessante geschichte? ich hab hier nen 3/4 bass zuhause irgendwas um 104 oder 105 müsste der haben... damit ist erstmal alles was ich im moment so an stücken dahab sehr gut zu bewerkstelligen... und das mit 3 fingern :)
weiterer vorteil bei 3 fingern ist dann natürlich noch die weniger starke streckung der sehnen was letztendlich ja für mehr kraft sorgt und daher speziell fürs pizz natürlich wichtig ist.... und auch auf einem 99cm instrument ist die streckung für 4 finger schon arg denke ich... ich fand die 90cm auf nem 5-saiter e-bass schon ne arge zumutung für die streckung der hand
aber ich schließe mal aus deiner antwort das für nen "kleineren" menschen die 4-finger technik auf dem 3/4 ungetüm wirklich wenig praktikabel ist...
r.g. fonds hab ich übrigens vor kurzem noch nachts im fernsehn gesehn.... da hab ich aber natürlich nicht auf den fingersatz geschaut.... kannst du noch nen paar weitere 4-fingerer nennen? würd sowas echt gerne ma ansehn :)

mfg
philipp
bassknecht Profilseite von bassknecht, 24.10.2004, 20:38:55
Unter den 4 - Fingerern kenne ich Michael Wolf, Prof für Kontrabass an der HdK in Berlin, recht gut. Michael gibt gelegentlich Solokonzerte und Meisterkurse auch ausserhalb von Berlin, vielleicht erwischt Du ihn mal. Einige seiner ehemaligen Studierenden haben Stellen in Profiorchestern in verschiedendsten Orten. Ich gehe mal davon aus daß sie Michaels Vierfingertechnik beherrschen (obwohl er das niemanden aufzwingt), google mal bis Du Michaels Homepage hast, da steht drauf wer seiner Ehemaligen wo spielt, vielleicht bei Dir in der Nähe.

R.G. Fonds habe ich kürzlich in Dortmund life gesehen. Ich habe eigentlich nicht lange auf seine linke Hand gestarrt (war mir meistens zu schnell um irgend etwas analysieren zu können). Was ich mitgekriegt habe war, daß in seiner Spieltechnik ganz eindeutig der ehemaliger Rabbath Schüler zu erkennen war. D.h. daß er zwar öfter als sein Lehrer aber nicht ständig mit vier Fingern spielt, allerdings ständig mit den sich überlappenden Lagen. Du brauchst mich nicht zu fragen was ich damit meine, es ist rein wortmässig schwierig das zu erklären. Wenn es dich interessiert kauf Dir die Rabbath Schule (teuer) am besten Band 2 und übe, das ist der einfachste Weg.

Trotzdem sei nochmal gesagt, auch wenn Du einen versierten Vierfingerer mal genauer beobachten kannst, lass Dich nicht von der Optik beeindrucken. Musik ist primär ein klingendes Ereignis, verlass Dich auf Deine Ohren und tu Dir das mit den Vier Fingern nur an, wenn für Dich feststeht, daß Du nur so und nicht anders Deine Vorstellung eines Klanges realisieren kannst.

Gruß Roland
heiner Profilseite von , 29.10.2004, 09:22:21
Hallo Philipp,

ich habe gehört, dass an der Musikhochschule Rostock nach der 4-Finger-Methode unterrichtet werden soll, ich selber weiß aber nix genaues darüber, auch nicht, wie der Proff dort heißt.

Gruß

Heiner
Matthias Profilseite von , 29.10.2004, 16:44:46
In Rostock unterrichtet Silvio della Torre. Ich bin nicht ganz sicher ob ich den Namen ganz richtig geschrieben habe. Silvio ist vor einigen Jahren auf die vier Finger umgestiegen, nachdem er den holländischen Bassisten Hans Roelofsen gehört und gesehen hat. Der wiederum spielt schon sehr lange mit vieren (und unterrichtet am der Misikhochschule in Arnheim) und ist ein ganz ausgezeichneter Solist.
Ernst Profilseite von , 29.10.2004, 19:31:03
...Silvio Dalla Torre heißt er, ich habe ihn in Michaelstein erlebt. Er spielt nicht nur die 4-Finger-Technik von Roelofsen und den sogenannten schweren Bogen, über den hier im Forum ja auch gerade diskutiert wird, sondern nebenbei auch noch in Quintstimmung. Der Klang ist phänomenal, sowas habe ich von einem Bassisten noch nie gehört. Er soll aber ganz traditionell unterrichten, habe ich mir sagen lassen und weiht anscheinend nur ernsthaft Interessierte in die letzten Geheimnisse ein. Die Quintstimmung soll er nur selber spielen, aber nicht lehren, weil man damit wohl keine Stelle bekommen kann. Vielleicht kennt ja jemand einen Studenten von ihm. Ciao Ernst
Diethelm Profilseite von Diethelm, 30.10.2004, 02:05:33
Wahnsinn, es scheint beim Instrument Kontrabass soetwas wie eine Entwicklung zum "Ironman" zu geben. Sicher bald schon den "Dyamondman", "Titanman" und "Teflonman"..... Wenn ich das alles so lese weiß nicht, ob ich mich mit meiner traditionellen Dreifingertechnik auf dem Quartengestimmten Viersaiter überhaupt noch Kontrabassist nennen darf. Denn - Die zu erwartende Entwicklung aus der hier beschriebenen Tendenz wird wahrscheinlich bedeuten: ernsthaft Interessierte werden zu eingeweihten Auserlesenen, spielen Sechssaiter mit 120er Mensur, Sextstimmung, Halbpfundbogen und Daumenaufsatz (= Fünffingertechnik) bis zum Obersattel herrunter, dazu noch tapping/pizz mit dem Penis (sofern vorhanden) plus Obertongesang. Da kann und will ich nicht mithalten. Irgend wer hat hier gesagt "entscheidend ist was klingt" - das ist wahrscheinlich auch so und ich füge nun noch hinzu "wichtig ist was Spaß macht". Daher denke ich, ich sattel um auf Ukulele, mach mit Nachbar Kosta eine Gyosbude auf, singe Mädchen von Pyräus und freue mich meines Lebens. Diethelm
heiner Profilseite von , 30.10.2004, 06:25:24
Bleib auf dem Teppich!
Wenn du Spaß daran hast, eine Gyrosbude aufzumachen, ist das ja völlig o.k., andere aber wollen weiterkommen auf dem Bass und sind interessiert an Entwicklungen, unter anderem dafür ist ein solches Forum ja da. Rock'n Roll kannste zur Not auch im 2-Finger-System spielen, wer aber ambitioniert ist, sucht nach Wegen, um besser zu werden auf dem Bass, das liegt ja wohl in der Natur der Sache. Und da hat eben Herr Simandl vor 150 Jahren wohl nicht der Weisheit letzten Schluss präsentiert. Dieses "entscheidend ist was klingt" - Argument ist zwar richtig, aber es wird nicht klingen, was technisch nicht gut ist! Leider gibt es ziemlich viele, die der Meinung sind, nur das "just for fun"-Spiel auf einem Instrument sei das wahrhafte, und die Profis seien gelangweilte Beamte. Die mag es zwar geben, aber es gibt darunter auch jede Menge harte Arbeiter, die sich das letzte abverlangen um eine Entwicklung weiterzubringen(z.B. Renaud Garcia-Fons). Also, jedem das seine, aber bitte nicht den eigenen Maßstab zum Maß aller Dinge machen. Stell du dich gerne an deine Gyros-Bude, ich übe stattdessen lieber zwei Stunden Bass und versuche dabei ein Stück weiterzukommen.

heiner
Ebbe Profilseite von , 31.10.2004, 12:48:41
Hallo heiner und Diethelm, es gibt kein Gift wenn man die Dosis kennt. In Übertragung auf eure gegensätzlichen Standpunkte würde ich sagen ein Beharren auf traditionelle Techniken im Sinne einer "einzigen Wahrheit" ist genau so verkehrt wie ein sofortiges Hinterherrennen wenn ein neuer Trend auftaucht. Jetzt wird sicher jeder von euch protestieren, Diethelm wird behaupten daß er gar nicht konservativ ist und heiner wird erklären daß er keineswegs versucht auf jeden abfahrenden Zug aufzuspringen. Ist in eurem Fall sicher auch so, ich wollte hier quasi symbolisch mal zwei typische Antipoden überzeichnet darstellen. Ich weiß, daß die neuen Wege die heiner hier verteidigt recht alt schon sind. Die Kombination von drei unverbreiteten / untraditionellen Spieltechniken (Halbpfundbogen, Quintstimmung und Vierfingertechnik) - wie sie im Beitrag von Ernst dem Herrn aus Rostock zugeschrieben werden, ist in der Tat selten, wenn nicht gar einmalig. Wenn Diethelm angesichts dieser Vorstellung seine z.T. pikanten Zukunftsvisionen von Entwicklung der Kontrabasstechnik kommen, so kann ich das nachvollziehen. Ich hatte allerdings nicht den Eindruck daß Diethelm damit einen Versuch machte seinen eigenen Maßstab zum Maß aller Dinge zu machen. heiner, Du bringst hier Herrn Simandl als ein Synonym für "nicht der Weisheit letzter Schluss" und "...nicht klingen, was technisch nicht gut ist" ins Spiel. Damit tust Du meiner Meinung nach Herrn Simandl Unrecht! Wahr ist, daß seine Methode nicht zeitgemäss ist, wie soll sie es aber auch sein da sie vor 90 Jahren etwa aufgeschrieben wurde und die Zeit ja bekanntlich nicht stehen bleibt. Das was meiner Meinung nach nicht zeitgemäss ist, ist allerdings der methodisch / didaktische Weg wie das Erlernen des Instrumentes vermittelt werden soll, nicht aber seine Spieltechnik. Ich, als Kontrabasslehrer muss bei aller Aufgeschlossenheit neuen Wegen gegenüber ein Auge darauf haben was "der breiten Masse" möglich ist. Und ich sehe während an jedem Arbeitstag, daß es schon seinen Grund hat warum sich die Dreifingertechnik auf dem Quartengestimmten Viersaiter in den letzten 250 Jahren breit durchgesetzt hat und alle anderen Techniken etwas für Exoten geblieben sind. Das braucht heiner als einzeln Lernender mit vielleicht hochgestellten Zielen nicht zu kümmern. Wenn heiner sich durch die traditionellen Spieltechniken ausgebremst fühlt ist es nur zu verständlich daß er nach "Futter" sucht um sich weiter zu entwickeln. Wenn Diethelm mit seinem Stand der Technik genau das und auf eine Art spielen kann das es ihm Spaß macht, warum soll er sich die Finger brechen? Ebbe
gerold Profilseite von , 31.10.2004, 13:55:28
Heiße Diskussion, die hier läuft!
Ich denke, dass die genannten 4-Finger-Spieler wohl ziemlich gut sind auf dem Bass und anscheinend etwas hinkriegen, was die traditionellen Spieler nicht schaffen.
Das hat dann mit einem Trend erstmal gar nichts zu tun, sondern ist eine Tatsache. Von einem Trend (einer Mode) kann m. E. erst dann gesprochen werden, wenn viele den Trendsettern hinterherlaufen, das ist aber anscheinend nicht der Fall, weil es in Deutschland maximal zehn Leute gibt, die diese einsame Technik anwenden, allerdings vielleicht 500, die es gerne täten, wenn sie wüßten wie...
Vielleicht ist das Ganze einfach einen Neiddebatte, und Neid kann einem ja wohl kommen, wenn man Garcia-Fons hört und erkennt, dass soetwas mit dem Dreifingersaystem nicht hinzukriegen ist.
tschüssi gerald
bassknecht Profilseite von bassknecht, 01.11.2004, 13:25:38
Auch ich finde die Diskussion interessant, obwohl sie mir nicht ganz neu ist. Wenn man die verschiedenen Standpunkte benennt, ist "Neiddiskussion" eine auf den ersten Blick ganz treffende Bezeichnung, impliziert gleichzeitig aber eine Wertung eines Diskussionsstandpunktes. Was ich damit meine ist, wenn ich beide Standpunkte betrachte, so kann ich festgestellen, daß jemand, der die angeblich neuen, progressiven Spieltechniken hochhält, natürlich nicht neidisch ist auf den alten Kram. Neid ist negativ belegt, moralisch gesehen ist daher derjenige, dem man kein Neid nachgesagt wird, der "Gute" der in der Diskussion angegriffen wird und hat, allen sachlichen Fakten zum Trotz, damit erstmal Pluspunkte. Ich glaube das man den Begriff Neiddiskussion im Zusammenhang hier allerdings viel weiter fassen sollte. Aussderdem scheint es mir nur allzu naheliegend, die wohlbekannte Vorstellung vom gesellschaftlichen Generationskonflikt auf den hier vorliegenden Meinungskonflikt zu übertragen - meiner Ansicht nach ein grosser Fehler. Zum Verständniss eine kleine Anekdote die ich vor Jahren auf einem Kontrabasssymposium erlebte: Ein junger Kontrabasssolist spielte den Basspart zur Konzertarie Per Questa Bella Mano von Mozart auf einem Instrument mit Terz Quartstimmung, es klang göttlich und für alle war offensichtlich, daß es fingersatztechnisch viel leichter war als auf einem Quartenkontrabass. Der Grund ist sehr simpel, damals und im Umfeld von Mozart war diese Stimmung eben üblich, Mozart hat dies gewusst und hat somit ein zu bewältigendes Stück dem damaligen Bassisten mehr oder weniger in die Hand geschrieben. (Übrigens geht auch Dittersdorf so viel leichter). Von einer anwesenden Proffessorin, die ich mal als Vertreterin der alten Dreifinger Quartenbassschule bezeichne, kam auf dem Symposium anschließend der Kommentar: "Das sind ja eigentlich unlautere Mittel". Ich habe mich damals über diesen Spruch tierisch geärgert und mir gedacht "Du blöde Kuh, bloß weil du es nicht gecheckt hast und dir 30 Jahre lang die Finger abgebrochen hast an einem Stück was überhaupt nicht für dein Quarteninstrument geschrieben wurde, kommst du jetzt mit einer Moral die sich aus deiner Scheuklappensicht der Quartenbassistin ergibt". Heute sehe ich das noch genau so, denke aber noch einen Tick weiter. Ich stelle mir eine Situation vor in der es beispielsweise um die Vergabe einer Stelle gegangen wäre, also eine existenzielle Situation, und konstruiere mal den Fall, das beide, die Proffessorin und der junge Mann das Stück hinterm Vorhang hätten spielen müssen. Dann hätte der junge Mann mit seiner Technik die Proffessorin ausgestochen, natürlich zu Recht weil "entscheidend ist was klingt". Und jetzt wird es richtig philosophisch, hätte man ihm unterstellen können daß er diese Technik aus eigennützigen Interesse angewandt hat um sich einen existenziellen Vorteil zu verschaffen oder wäre zu unterstellen das es um die Kunst ging? Entschuldigt wenn ich so langatmig meine Denkweise zu erläutern versuche aber diese ist es die mich dazu bringt folgende Frage aufzuwerfen. - Steckt hinter dem Standpunkt "pro neue Spieltechniken" vielleicht auch ein Ansinnen "ich will mich profilieren zu Lasten von Leuten die etwas nicht wissen und deshalb nicht können"? Ich unterstelle mal das beide Parteien gleichviel Üben, gleichviel "Opfer" fürs Instrument bringen. Wenn diese Frage daher berechtigt ist, muß die Bedeutung des Begriffes "Neiddiskussion" ausgeweitet werden, denn die Einen neiden den Anderen die Musik und die Anderen neiden den Einen den Job, vielleicht auch den Ruhm. Steckt hinter den "neuen Spieltechniken" der reine persönliche Spaßfaktor, die reine Neugier, Kreativität und das Ansinnen Kunst zu schaffen und / oder zu transportieren, so ist das für mich naheliegend. Steckt dahinter noch ein konkurenzausschaltendes oder sonstwie taktisches Ansinnen, so ist das für mich die gleiche Ebene die der "alte Sack" benutzt, wenn er gegen die "neuen Spieltechniken" mauert. Was die Bedeutung eines solchen Meinungskonfliktes anbelangt, gibt es für mich den grossen Unterschied zwischen professionell ambitionierter Sichtweise und den Leuten denen es nicht um Musikertäigkeit mit finanzieller Absicherung geht, denn im ersten Fall ist es eigentlich ein Interessenkonflikt. Das im professionellen Musikbetrieb gegen Andersartigkeit und Neuartigkeit massiv gemauert wird, ist für mich erlebte Realität. So ist es z.B. für mich eine künstlerisch nicht nachzuvollziehende Borniertheit, daß in Profiorchestern BassitInnen abgelehnt werden weil sie die "falsche" Bogentechnik spielen (deutsch oder französisch), auch wenn das klingende Ergebnis grundsätzlich akzeptabel ist. Ernst schreibt in seinem Beitrag auch, daß der phänomenale Mensch aus Rostock seine Quintstimmung deshalb nicht lehrt, weil man damit keine Stelle bekommt. Vermutlich nicht weil das schlechter klingt, sondern weil es anders aussieht und weil manche in den entscheidenden Bassgruppe das Hosenflattern bekommen weil es vielleicht partiell sogar besser klingen könnte als sie selbst. Ich weiß auch, das es für manche Leute schwierig wird bei Probespielen, weil sie aus taktischen Erwägungen heraus den Fingersatz und den Strich des Solobassisten spielen, da dieser sich dadurch bestätigt sehen möchte, anderenfalls macht er dicht und senkt den Daumen, egal was klingt. Auch wenn es grotesk anmutet, kann ich aus diesen Erfahrungen heraus Leuten, die auf klassischer Ebene ernsthafte Berufsabsichten haben nur raten, sich traditionellen Spieltechniken gegenüber nicht zu verschliessen, bzw diese nicht zu verlernen. Abschließend noch etwas zum hier hochgelobten R.G. Fons, wenn er mal in der Halslage spielte, benutzte er als ich ihn sah mitnichten einen durchgehend konsequenten Vierfingersatz. Ich glaube daß er den Vierfingersatz bei Bedarf und nach ähnlichen Kriterien angewendet hat wie es Mark Morton in seiner Veröffentlichung zum erweiterten Simandlfingersatz empfiehlt (übrigens der eigentliche Auslöser für die hier geführte Diskussion). Fons spielte stehsitzend, auf einem Instrument mit Knickstachel, weitgehend mit der Technik seines Lehrmeisters und wie die Fachwelt ja weiß auf einem Fünfsaiter mit hoher C Saite. Bei aller Bewunderung habe ich in seiner geschrumpften Trioformation, über längere Strecken allerdings das Bassinstrument vermisst. Roland
Neuester Beitrag Gregory Kufchak Profilseite von , 16.06.2005, 17:59:34
Betreffs des originalen Kommentars von Uwe über mißbrauchen von eMail-Adressen, ich möchte allen beruhigen, daß wir, The American School of Double Bass, wie in unserem License Agreement bestätigt, personelle Information (einschl. eMail-Adressen) mit Anderen absolut nicht mitteilen.

Gruß
Greg Kufchak
Webmaster - American School of Double Bass
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