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Schwerer Bögen

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Sputnik Profilseite von Sputnik, 17.10.2013, 22:12:50
Schwerer Bögen
Hallo zusammen,
wer hat Erfahrung mit schweren Bögen bei Spielen im Sitzen. Ist ein schwerer Bögen zwingend notwendig ? Spiele bis heute mit einem Arcus Bögen. Wer hat hier Erfahrung bei der Umstellung gemacht ?

Viele Grüße,

Sputnik
HerrK Profilseite von HerrK, 18.10.2013, 10:24:32

Hallo,

das ist auf keinen Fall notwendig. Ich weiß, dass es zwei Professoren gibt, die so oder ähnlich reden, allerdings gibts genug andere, die überhaupt nicht so praktizieren. Such dir einen Bogen, der für deine Handhaltung passt, ob der nun schwerer oder leichter ist...

Viel Spaß bei der Suche,
K

Hen Profilseite von Hen, 18.10.2013, 10:46:59

Schwieriges Thema...
Meine vollkommen subjektive (!!!) Meinung dazu:

Schwere Bögen (wobei man genau definieren sollte was jetzt schwer ist und was nicht) können in gewissen musikalischen Situationen durchaus Sinn machenm, sind aber nicht zwingend erforderlich. Ich nutze einen schweren Bogen (247g) für romantische Literatur. Als ich Koussewitzky mit Orchester spielte habe ich von allen Seiten das Feedback bekommen, dass der schwere Bogen sich besser gegen das große Orchester durchsetzte. Auch romantische Sonaten wie Fuchs oder Misek haben damit sehr gut geklungen. Dittersdorf wie Vanhal klangen damit aber nicht gut, der Sound war zu schwer, dunkel und fett. Auch Bach war damit nur bedingt spielbar, die feinen Artukulationen waren schwer ausführbar.

Sich mit dem Thema zu befassen kann aber schon Sinn machen, es erweitert das Bewusstsein für die Spieltechnik, unabhängig davon ob man am Ende einen schweren Bogen einsetzt oder nicht. Ich nutze Verschiedenes, einen normalen deutschen Bogen, einen französichen Carbonbogen der sehr leicht ist (klingt wunderbar mit Darmsaiten) und einen schweren Bogen. Letzterer kommt aber selten zum Einsatz, meine erste Wahl für Solo wie Orchester bleibt der normale deutsche Bogen. In kleinen Kammermusikbesetzungen habe ich mit der schweren Bogen noch ganz gute Ergebnisse erzielt, also zB bei Streichquintett mit Orgel. Dort wurde der Klang durch den schwereren Bogen etwas dunkler und satter, was sich besser mit der kleinen Truhenorgel und Cello mischte und vom Orchster sehr begrüßt wurde. Im Zusammenspiel mit mehreren Bässen waren die Ergebnisse nicht so gut, es mischte sich nicht so. Ob das jetzt generell am schweren Bogen im Orchester liegt (was ich weniger glaube) als am Gruppenklang da die Kollegen normale Bögen spielten, kann ich nicht mit Sicherheit sagen.

Probieren geht über studieren, viele Wege führen bekanntlich nach Rom. Ist plakativ und alt, meines Erachtens aber doch nachwievor die einzige Möglichkeit.

Viele Grüße
Hen

PS: Ich möchte nochmal betonen das es sich um rein subjektive Eindrücke handelt die keinen Anspruch auf Richtigkeit haben. Es handelt sich um ganz individuelle Situationen mit meinen Bässe, Saiten, Bögen, Mitmusikern, Räumen, Spieltechnik, etc... Was für mich funktioniert, muss nicht für andere funktionieren und ob es überhaupt gut ist oder nicht ist bekanntlich ebenso ein Streitthema, gibt Leute die sagen das eine, manche das andere...

 

nagybögö Profilseite von nagybögö, 19.10.2013, 00:49:34

Im Berufsorchester spielen alle Bassisten im Sitzen. In der Regel verwendet man den gleichen Bogen wie im Stehen (habe noch nie etwas anderes gehört oder gesehen).

Sputnik Profilseite von Sputnik, 19.10.2013, 17:35:27
Nochmals vielen Dank, das macht die Sache für mich klarer, weniger dogmatisch.

Gute Zeit,

Sputnik
Hen Profilseite von Hen, 16.11.2013, 11:51:42

Ein kleiner Nachtrag von mir zum Thema

Seit einigen Wochen übe ich wieder zu Hause mit meinem schweren Bogen. Immer wenn ich dann außerhalb den "normalen" Bogen zur Hand nehme, fällt mir auf, wie leicht und luftig der Klang wird, wie die Artikulation feiner und die Saite weniger abgedrückt wird. Alle Techniken die aus der Luft kommen oder in die Luft gehen (spiccato, Bogen nachsetzen, etc...) können meines Erachtens mit einem normalen Bogen besser ausgeführt werden. Wenn es aber darum geht, viel Sound zu erzeugen durch gutes durchziehen des Bogens möglichst nahe am Steg (je nach entsprechender Kontaktstelle), kommt man mit einem normalen Boge doch leicht in Versuchung, die Saite abzudrücken. Das Spielen mit dem schweren Bogen bewahrt einen davor da man eigentlich permanent dabei ist, Gewicht rauszunehmen. Ich hatte den Effekt, dass besonders in hohen Lagen der Klang viel freier wurde, nachdem ich viel mit schwerem Bogen geübt hatte und den normalen in die Hand nahm, einfach mal man gegen das Gefühl "in die Saite zu drücken" geübt hat.

Ob der schwere Bogen in einer Konzertsituation musikalisch Sinn macht, bleibt eine indivudelle Entscheidung, zum Üben ist er meines Erachtens doch sehr sinnvoll. Es stellt das gewohnte Spielgefühl auf dem Kopf, man muss sich neu darauf einstellen und so hinterfragen und kann bestimmte Fähigkeiten der Bogentechnik gezielt neu/anders trainieren. Für mich ist es eine sehr sinnvolle Übemethode, drei mal im Jahr für ein paar Wochen so den Horizont zu erweitern.

Gruß Hen

Bassta7 Profilseite von Bassta7, 16.11.2013, 13:18:35

Hallo,

 

Das Gleiche gilt, mutatis mutandis, für ganz leichte Bögen : ich spiele auf Darmsaiten mit einem extrem leichten Bogen. Auch da ist es genau die Veränderung, die Abwechslung, die einem forthilft. Mit diesem Untschied dass man mit einem leichten Bogen eigentlich fast alles spielen kann, wo man mit dem (Hype?-)Schweren Bogen schon sehr eingeschränkt ist. Ich glaube auch nicht dass der schwere Bogen auf die Dauer gut ist fürs Handgelenk oder für die Muskulatur. Könnte gefählicher sein als man denkt. Ubrigens denke ich dann auch an die Tendenz zu immer lauter, immer mehr, immer stärker, und ich bin nicht sicher ob das wirklich nützlich ist.

Jedenfalls ist es so, dass Variation fürs üben immer gut ist : andere Saiten, andere Mensur, andere Saitenzahl, andere Bogenhaltung... Wir Bassisten sind verwöhnt dass wir so viele Möglichkeiten haben neue Erfahrungen zu machen und immer mehr zu lernen. 

 

Viele Grüsse

 

Bassta7

Neuester Beitrag Hen Profilseite von Hen, 16.11.2013, 16:19:20

Zum Thema Muskulatur möchte ich auf das Kapitel "Training" aus dem Buch "Einfach üben" von Gerhard Mantel verweisen (Schott-Verlag, sollte eigentlich sehr bekannt sein). Dort heißt es u.a. "Wer große Kraftreserven hat, kommt für eine bestimmte Aufgabe mit weniger relativem Krafteinsatz aus. Die Anstrengung bemisst sich nach dem Verhältnis zwischen der zur Verfügung stehenden und der benötigten Kraft". Es ist wird auf das "Weber-Fechnersche Gesetz" verwiesen. Weiterhin heißt es: "Ein Spieler mit einer großen, aber ungenutzten Kraftreserve kann auf einem relativ niedrigeren Anstrengungsniveau arbeiten als ein Spieler mit wenig Reservekraft. MIt weniger Anstrengung nimmt er feinere Untrerschiede in den Druck- und Bewegungsempfindungen wahr."

Aus Erfahrung kann ich bestätigen, das Krafttraining und Instrumentalspiel sich wunderbar vereinbaren lassen und sogar ergänzen. Seit 3 Jahren mache ich regelmäßig Krafttraining (mindestens zwei mal in der Woche) und bin so oft es geht lange Laufen um Ausdauer zu trainieren (aktuell Halbmarathon). Dadurch bin ich vollkommen beschwerdefrei geworden, kann mühelos mehrere Stunden am Instrument spielen (egal ob sitzend oder stehend) und habe keinerlei Schmerzen (was früher anders war). Ich trainiere speziell Arme und Handgelenke und erlebe, dass sich mein Spiel dadurch nur verbessert aus oben beschriebenen Gründen (siehe Weber-Fechner). Das Üben mit dem schweren Bogen erzielt im Prinzip genau diesen Effekt: Mehr Anstrengung, dadurch mehr Kraftgewinn welches am Ende in mehr Feingefühl umgewandelt werden kann (was aber natürlich auch geübt werden muss, also durch den Wechsel auf normalen Bogen).

Das man bei all diesen Dingen aufpassen muss sich keine Schäden, Verspannungen oder sonstige Verletzungen zuzuziehen, versteht sich ja von selbst. Ich plädiere nicht dafür, das jeder Musiker extrem viel Sport und Krafttraining machen sollte (ich sehe auch nicht aus wie ein Bodybuilder....), aber die verbreite Grundangst sich damit zu verschlechtern, ist meines Erachtens unnötig. Das "Höher, Schneller, Weiter" nicht die Lösung sein kann ist den meisten Menschen bewusst. Wenn ich jedoch an einen Orchestermusiker denke mit teilweise 30 Diensten und mehr im Monat oder an einen Profi-Jazzmusiker der 120 mal im Jahr muggen muss und viel auf Reisen ist, so ist es doch nötig sich damit auseinanderzusetzten um am Optium arbeiten zu können.


Viele Grüße Hen

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