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Vibrato- wann eigentlich?

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Uli Profilseite von Uli, 04.01.2013, 11:36:58
Vibrato- wann eigentlich?

Streicher spielen ja oft im Vibrato (die linke Hand erinnert mich gelegentlich an eine Zitterspinne  9 )  Wann ist beim Kontrabass eigentlich Vibrato angesagt? In den Noten steht das doch nicht? Muß man das überhaupt beim KB?  Davon abgesehen fällt mir diese zusätzliche Bewegung schwer- da muß ich mich irgendwie zusehr drauf konzentrieren. Also: Was könnt Ihr zum Thema Vibrato beisteuern?

LG, Uli

sekundus Profilseite von sekundus, 04.01.2013, 13:19:16

Hi Uli,

Vibrato ist quasi das Salz in der Suppe, selbst im Jazz bei gezupften Tönen. Eigentlich handelt es sich dann eher um das Intonieren von Tönen. Vor allem Klassiker sind immer auf der Suche nach dem Schönklang; dieser stellt sich dann ein, wenn man, zumindest bei längeren Tönen, ein Vibrato ausführt. Ist jedenfalls meine Meinung.

Grüße

Ralf

nagybögö Profilseite von nagybögö, 04.01.2013, 15:10:59

Im Solospiel ist das Vibrato deutlich wichtiger als im Orchester, vor allem in der romantischen Literatur.

Zum Thema Vibrato im Orchester hat Findeisen (Solobassist des Gewandhaus-Orchesters vor dem 2.Weltkrieg) einen beachtenswerten Artikel geschrieben. In Kürze: je tiefer, desto weniger Vibrato. In der Tiefe braucht es klare und untonationsstabile Töne. Melodische Phrasen, vor allem auf G- und D-Saite, sollen natürlich durch Vibrato verhübscht werden. Ich vibriere auf A- und E-Saite fast nicht mehr und stelle immer wieder fest, wie schwierig es ist, wenn Kollegen mit Vibrato die Intonation eintrüben. Interessant wird es, wenn im Continuo-Spiel der Cellist auf der C-Saite mit grossem Vibrato arbeitet - solistisch mag das gut klingen, das Zusammenspiel mit dem Bassisten wird enorm erschwert. Ich spiele inzwischen, wann immer möglich, leere Saiten. Das Gerücht, eine leere Saite klinge nicht gut, ist quatsch. Das mag für hohe Streicher gelten. Zumindest hat sich bei mir noch nie ein Dirigent darüber beschwert, aber schon oft über unsaubere Töne ...

Frank Profilseite von Frank, 04.01.2013, 20:59:14

Danke für deinen Beitrag. Du sprichst mir aus der Seele. Mut zur leeren Saite - und auch zur langen Saite!  Meingeschätzer Kollege spielt immer hoch auf der A-Saite und vibriert sich einen.....echt super !e

Hinzufügen möchte ich folgendes: wenn Vibrato, dann muss der Ton von untnen anvibriert werden. Wenn man quasi um den intonatorisch "richtigen" Ton herumvibriert, risikert man das typische "Eiervibrato". Ausnahmen sind natürlich besonders expressive Noten bein Solospiel. Im Orchester ist weniger mehr. 

Es ist auch immer wieder beeindruckend, wie Cellisten aus einer  schlichten Mozart-Bassostimme ein Solokonzert machen.....

 

 

nagybögö Profilseite von nagybögö, 04.01.2013, 21:39:54

Wenigstens auf Geba-online findet man Gleichgesinnte ;-)

Mut zur langen Saite - das wäre auch ein Thema für sich. Die lange Saite klingt einfach besser, schwingt freier. Klar gibt es Passagen, bei denen ich in den Lagen bleibe. Aber wann immer möglich runter in die halbe oder erste Lage, vor allem bei pizz. Ausserdem ist es leichter zu intonieren.

dr.bigbass Profilseite von dr.bigbass, 05.01.2013, 23:18:27

Mut zur leeren Saite und zur Langen Saite! Sehr schön und richtig....die leere Saite klingt doch toll. Und wenn man Angst hat, dass sie "knallt" im Pizz und in den Rest nicht reinpasst, einfach alles von vorneweg in der Lautstärke anbieten dass die leere Saite die Referenz ist.....

Es gibt so viel dass man bedenken udn beachten kann und soll wenn man zusammenspielt....da muss man es sich doch nicht absichtlich schwer machen....aber die "ich muss zeigen was ich kann oder es geht auch mit einem schweren fingersatz weil der einfache langweilig ist"-Fraktion gibt es eben auch -zunehmend? - bei Bassisten.....

LowB Profilseite von LowB, 04.01.2013, 19:10:25

Hi Uli!

Wenn man spieltechnisch b.z.w. interpretatorisch nicht mehr weiter weiß: Sänger anhören! Das Vibrato der (ausgebildeten !) menschlichen Stimme ist ja ein ganz intensives Ausdrucksmittel. Und damit ist auch gesagt: Dauereinsatz, egal ob auf einem Instrument oder mittels Gesang erscheint - mir jedenfalls - irgendwann nur noch als "Meckereffekt". Sekundus hat das gut formuliert: Das Salz in der Suppe, mehr als ein Gewürz aber nicht so viel, daß es einen vordergründig anspringt, einem aber etwas fehlen würde, wenn es nicht da wäre.

Nun ist die Quantität des Vibratos auch in historischem Zusammenhang zu sehen, mit Sicherheit hat man um 1650 mit sehr viel weniger Vibrato gespielt als 200 Jahre später, aber bestimmt nicht ganz ohne. Sänger und Bläser wußten ganz bestimmt um dieses Ausdrucksmittel, warum dann nicht auch die Streicher! Aber ein Vibrato ist natürlich auf einer Gambe nie so intensiv ausführbar wie auf einem bundlosen Streichinstrument, wenn ich von einem Cellospieler mit großem Vibrato im Continuospiel höre, denke ich mir so meinen Teil. Und auch richtig ist, daß ein Vibrato solistisch oder im Kammerensemble eher gut aufgehoben ist als im großen Orchester. Dort haben wir ja durch die Schwebung bereits einen verwandten Effekt.

Und wie nagybögö schrieb: Je tiefer, desto weniger Vibrato. Und ich möchte hinzufügen: Je tiefer, desto langsamer. Letztlich hängt es wieder vom Wissen, Können und Geschmack des Interpreten ab, wie er ein Vibrato einsetzt. Und manchmal können es ganz banale Gründ sein: Im pizzicato z.B. kann man die Saite mit Vibrato einfach länger klingen lassen.

Niemand hat behauptet, daß Vibratospiel einfach sei, Uli. Wenn Du Dich (noch) zu sehr darauf konzentrieren mußt, dann hast Du es - mit Verlaub - einfach noch nicht genügend geübt.

Hier noch ein ganz interessanter Artikel aus instrumentenbaulicher Sicht, Martin Schleske ist ja auch Physiker: http://www.schleske.de/unsere-forschung/handbuch-geigenakustik/vibrato-des-musikers.html .

Grüße

Thomas

P.S. Vibrato und Intonation, nach dem nochmaligen lesen von sekundus' Beitrag: Eine schlechte Intonation mittels Vibrato "hinzuzittern" ist der aller, aller schlechteste Einsatz eines Vibratos. Das ist ein Fall für die Intonationspolizei!

 

 

Uli Profilseite von Uli, 05.01.2013, 14:47:50

Ja, ich bin gerade dabei, Neuland auf dem Griffbrett zu erkunden: Nicht nur 'lange Saiten' und auch mal versuchen, die Leersaiten durch die entsprechenden Stellen auf anderen Saiten zu trainieren.  Ersteres, um ggf. wildes Hoch- und runterfuchteln des Armes, besonders bei schnellen Passagen zu vermeiden, letzteres eben, um ggf. ein Vibrato hinzubekommen.  Anders ausgedrückt: Ich nähere mich der Daumenlage...  1

Eine Frage an Frank: Vibrato von unten angehen: Meinst Du die Tonhöhe oder die Griffbrettposition? Du weißt, was ich meine? Je höher die Hand, desto tiefer der Ton...

@Thomas: Klar, habe ich Vibrato noch kaum geübt. Daher erst mal hier die Frage nach dem Warum und Wie.  Die Antworten hier waren schon recht hilfreich; danke dafür. Aber: Eine Anweisung in den Noten zum Vibrato gibt es wohl nicht?

Grüße, Uli

LowB Profilseite von LowB, 05.01.2013, 16:03:17

Hi Uli!

Explizite Vibratoanweisungen sind mir jetzt nicht bekannt, vielleicht kommen die in der neueren Literatur vor. Wie ich geschrieben habe: Ist ein Geschmacksfrage, die aber auch die Entstehungsepoche eines Werks berücksichtigen sollte. Mit "von unten" hat Frank wohl die Tonhöhe gemeint, von höherer Frequenz nach unten zu "vibrieren" klingt - nennen wir es mal schief.

Hier noch der Link zu einem zwar sehr kurzen, dennoch interessanten Thread: http://www.geba-online.de/forum.php?action=viewtree&id=27162&pagi_start=11&instanz=0&search=vibrato .

Grüße

Thomas

 

sekundus Profilseite von sekundus, 04.01.2013, 21:53:06
Hallo LowB,
Du hast natürlich recht, mit dem Vibrato soll man keine schlechte Intonation kaschieren. Dennoch halte ich das Vibrato für ein wichtiges Stilmittel. Wenn ich z.B. einen Schlusston in einer Balade Streiche, nehme ich meistens bewusst keine Leerseite, sondern greife den Ton um ein Vibrato ausführen zu können. Wie gesagt, ich komme vom Jazz, in einem klassischen Orchester mag dies anders aussehen.
Saskia Profilseite von Saskia, 05.01.2013, 13:45:26

Kleine Zwischenfrage einer Anfängerin? Wie übt man denn Vibrato (Jazz, nur gezupft...)?

Merci,

Saskia

LowB Profilseite von LowB, 05.01.2013, 15:46:02

Hi Saskia!

Das Vibrato wird ausschließlich mit der linken Hand (bei Rechtshändern) erzeugt. Wenn Du also eine Saite zupfst und dabei das Vibrato einsetzt, wird die Saite länger schwingen.

Das Vibrato zu erlernen ist etwas "tricky", zumal es verschiedene Techniken gibt: Unterarm-, Handgelenk- und Fingervibrato. Das sollte man sich aber unbedingt von einem Lehrer zeigen lassen, letztlich ist die Ausführung aber sehr individuell und nicht jede Technik ist für jeden geeignet.

Nun gibt es auf YouTube einige Videos dazu, besonders gut hat mir das gefallen, obwohl - oder weil - die Plaudertasche betont, daß es sich um seine Vibratotechnik handelt: http://www.youtube.com/watch?v=qYOSsQaBlrg . Natürlich kann man sich auch Michel Klinghoffer, Lektion 10, anschauen - ohne anschließende Intonationsdiskussion 3.

Grüße

Thomas

Saskia Profilseite von Saskia, 05.01.2013, 16:05:26

Danke, Thomas!

Es macht Spaß, Yoshihiro zuzusehen, er erklärt gut und kurzweilig 1

Es scheint wohl eine Art "Handgelenk-Vibrato" zu sein. Und was für einen schönen Bass er hat! *schmacht*

Mal sehen, was mein Lehrer am Montag dazu meint.

Und ich beginne jetzt keine Diskussion über Herrn Klinghoffers Intonation 8

Schönes Wochenende,

Saskia

midioma Profilseite von midioma, 05.01.2013, 23:53:07

Mit Vibrato kann man notfalls mal etwas unauffälliger eine inkorrekte Intonation korigieren. Das ist zwar nicht schön, aber immer noch besser als ein Gleiten zum Korrigieren (das fällt auf) oder gar die falsche Intonation stehen zu lassen (das fällt ggf. sehr unangenehm auf). 

Je tiefer desto langsamer und je höher desto schneller kann ich nur unterstreichen. Ansonsten nicht schneller als nötig und nicht intensiver als nötig. Des weiteren auch noch Zeit lassen mit dem Anfang des Vibratos und nicht zu schnell auf die Zielvibrationsrate zu, sondern in den ersten Schwinungen das Tempo erhöhen. So mag ich es zumindest. Die Geschmäcker sind da wohl verschieden. Einen "Dauertriller", wie ich das extrem weite und schnelle Vibrato vieler ausgebildeter klassischer Sänger auf jedem Ton gelegentlich nenne, kann ich jedenfalls nicht ab. Auch nicht auf Instrumenten. 
Man sollte auch ein wenig darauf achten, wie man aus dem Vibrato wieder herauskommt. Nicht einfach nur abbrechen, sondern auch ein wenig verlangsamen (ausklingen lassen), es sei denn das Vibrato wird in den nächsten Ton weitergeführt. 

Das mit der Konzentration ist auch halb so wild. Lange Töne schreien nach Vibrato, aber eben erst nach einer kurzen Anfangszeit. Da hat man in der Regel genug Zeit sich darauf zu konzentrieren, wenn man vorher die grundsätzliche Bewegung eingeübt hat. Bei kurzen Tönen bringt Vibrato eher nichts (es sei denn man hat mit und ohne ausprobiert und ist überzeugt davon, dass es mit Vibrato besser ist). 

Die tiefen Saiten eignen sich (wegen der langsamen und geringeren Bewegung) also wunderbar für den Anfang. Wenn es dann schneller geübt werden soll geht man einfach auf höhere Töne über. Wichtig ist, dass es immer kontrolliert ist. Es darf nicht zu einem Automatismus werden, der unkontrollierbar einsetzt. 

Im übrigen ist Vibrato eine Frequenzmodulation. Da entstehen Seitenbänder im Frequenzspektrum, deren Abstand von der Vibratofrequenz abhängig ist. Die Anzahl und die Stärke der Seitenbänder ist meines Wissens von der Amplitude (also der Bewegungsintensität) abhängig. Man kann sich also auch akustisch erklären, warum bei tiefen Frequenzen ein langsameres Vibrato mit geringerer Intensität erforderlich ist. 

Neuester Beitrag Langisch Profilseite von Langisch, 07.01.2013, 14:06:42

Was m.E. auch wichtig ist: je länger ein Ton, desto eher kann man über Vibrato nachdenken. Mir sind schon Spezialisten untergekommen, die einfach immer die Hand in "Schüttellähmung" hatten, auch bei schnellen Passagen. Das ist natürlich Blödsinn, denn die Melodie fängt dann an zu eiern.

Ich nutze Vibratio zunächst einmal dann, wenn es stilistisch sinnvoll ist (also im Barock schon mal gar nicht, quid licet iovi, non licet bovi), und dann auch entweder auf langen Tönen (und selbst da nur mit Geschmack, oder wenn ich eine Passage musikalisch ausgestalten muß.

Einer meiner Lehrer sagte so treffend: "Es gibt kein Patentrezept, aber geschmackvoll sollte es in jedem Fall bleiben"

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