GEBA-online

Gesellschaft der Bassisten in Deutschland

www.GEBA-online.de

Gesellschaft der Bassisten in Deutschland



• • • Forum

Scodanibbio in Wolfsburg <

Solostimmung mir absolutem Gehör

> Kontrabass Einschätzung

Auf diese Beiträge antworten | Zurück zur Liste | Zum neuesten Beitrag springen

Zugeordnete Kategorien: Stimmen & Stimmungen

Bassbubi Profilseite von Bassbubi, 14.11.2009, 14:10:46
Solostimmung mir absolutem Gehör

 Hallo liebe Bassgemeinde,

seitdem ich Bass spiele habe ich immer versucht, der Solostimmung aus dem Weg zu gehen, weil ich mit meinem absoluten Gehör damit nicht klarkomme.

Jetzt ist es leider so weit, dass ich ein Konzert in Solostimmung halten muss. Ich hab ein echtes Problem damit. Schon die einfachsten Tonleitern funktionieren nicht mehr richtig, die Intonation leidet sehr darunter und ich rutsche ständig in andere Tonarten. Genau da, wo mir mein Gehör immer geholfen hat, verwirrt es mich einfach nur noch. Ich bin total genervt und frustriert.

Gibt es hier im Forum vielleicht jemanden, der das gleiche Problem hatte und mir sagen kann, wie man auch als Absoluthörer in Solostimmung spielen kann?

Liebe Grüße

Hen Profilseite von Hen, 14.11.2009, 15:26:57

Habe das Problem glücklicherweise nicht aber habe mal einen Bassisten kennengelernt der darunter gelitten hat. Er hat sich konsequent alle Noten einen Ton höher "gemerkt". Er erklärte mir das so das er sich den Notenschlüßel einfach transponierend gedacht hat (also verschoben) und so sein übliches Denken (C = C) ausgeschlatet hat. So klang es in seinen Ohren immer richtig weil er die richtigen Noten gelesen hat aber die Griffe sind gleich geblieben. Am Anfang hat er konsequenterweise die gesamten Noten nochmal abgeschrieben und den Schlüßel um eine Zeile im Notensystem verschoben, später brauchte er das nicht mehr weil er sich an diese Leseweise gewöhnt hatte. Falls er Noten in Orchesterstimmung spielt dann sieht den Schlüßel als "normal" an, in Solostimmung denkt er in sich an einer anderen Stelle. Bei den Tenorschlüßeln ist das durchaus eine gänige Praxis die im Notensystem zu verschieben, je nachdem wo man sein C haben möchte. Vielleicht hilft das ja.

Unterhalte dich vor allem mal mit Bläßern, die meisten spielen ja auch ständig transponierend. Vielleicht findest du jemanden da mit einem absoluten Gehör, der kann dir richtige Tipps aus der Erfahrung geben.

Uli Profilseite von Uli, 14.11.2009, 15:52:47

 Das absolute Gehör werde ich wohl nicht haben, dennoch:

Normalerweise spiele ich BBb Tuba klingend im Bassschlüssel. Nun muß ich für eine Brassband mit diesem meinem Instrument transponierend im Violinschlüssel lesen. Im Prinzip nicht schwierig, aber das Ohr hört ja mit. Es ist zum Verrücktwerden!

Grüße

Uli

Bassbubi Profilseite von Bassbubi, 14.11.2009, 16:57:57

Vielen Dank für die schnellen Antworten!

@Hen: Das mit dem transponierend gedachtem Notenschlüssel hört sich nach einer auf die Dauer guten Lösung an. Werd ich mal versuchen

Jean Profilseite von J-O, 14.11.2009, 19:18:09

also ich habe von einem befreundeten geiger gehört, der auch absolut hört, dass er bewusst auch das relative hören trainiert. wenn man mal überlegt ist das absolute hören sowieso entgegen der meißten musik, die ja eben von den beziehungen der töne lebt, nicht von den einzelnen tönen selbst oder?

ich weiß nicht, ob dir das irgendwie hilft, über so etwas nachzudenken. ich selbst habe das problem ja nicht :)

achja, außerdem ist es vielleicht noch interessant zu wissen, dass solostimmung und orchesterstimmung sich sowieso sehr unterschiedlich spielt. da man viel mehr obertöne in der solostimmung hat, muss sich das gehör auch erst drauf einstellen.

ich jedenfalls brauche immer eine weile, bis ich in orchesterstimmung sauber spiele, denn anfangs tendiere ich dazu intervalle immer zu hoch zu intonieren...

bassknecht Profilseite von bassknecht, 15.11.2009, 01:16:51

 Hallo Bassbubi, liegt Dein Problem in einem Widerspruch aus der verrutschten räumlichen  Anordnung der Töne und ist in Verbindung mit Notenlesen eigentlich ein Lesedilemma? Ich glaube eigentlich nicht, denn auf die Idee mit verschobenen Notenschlüsseln wärst Du sicher schon längst gekommen und hättest Dein Problem damit längst gelöst. Als Solist spielt man auswendig sowieso meist besser als "am Blatt klebend". Die banalste Lösung könnte ich mir vorstellen, wenn Du das was Du spielen musst auswendig draufschaffst.

Hörst Du im ganz strengen Sinne absolut, kannst also ohne Referenzton einen beliebigen Ton singen und hörst Du alle anderen Instrumente absolut?

Häufiger als man glaubt, kommt es vor, dass Leute ausschliesslich auf ihrem präferierten Instrument beliebige Töne ohne Referenzton erzeugen und benennen können, früher, nach langen und intensiven Übeperioden konnte ich das zeitweilig auch. Das ist zwar ganz praktisch aber kein absolutes Hören, sonden ein Klangfarbenhören und soetwas würde die Situation mit Solostimmung für Dich viel schwieriger machen als ein "wirklich" absolutes Gehör.

Bei Sängern gibt es den sogenannten "Stimmgriff", dabei geht es um die abrufbare Erinnerung an ein bestimmtes Körpergefühl beim Singen bestimmter Töne, auch dass ist kein Absoluthören. Ganz doof ist es, wenn ein echter Absoluthörer es nicht ertragen kann, wenn Musik mit einem drastisch verschobenen Kammerton gespielt wird. Ich kenne einen, der kann bei extremen Kammertonverschiebungen nicht nur nicht mehr selbst mitspielen, sonden muss auch aus allen Konzerten raus, z.B. wenn ein modenes Sinfonieorchester Wiener Klassiker mit 460 Hz spielt, weil er sonst bekloppt würde. Armer Sack der, ich beneide keinen Absoluthörer, hatte mal einen kleinen Schüler der wirklich absolut hörte und musste ihn leider abgeben, weil meine Relativhörstrategien ihn nur nervten,  er gleichzeitig aber trotzdem grauenhaft unsauber spielte und einfach nicht oder nicht adäquat reagierte, wenn er im Gemüse landete, das nervte mich dann widerum. Wie bist Du denn unterrichtet worden oder bist Du Autodidakt? Triffst Du in C Stimmung alle Töne zuverläsig mit weniger als 4  Cent  Abweichung? Sag mal was Konketeres zu Deinem Gehör, dann wird man Dir hier sicher passendere Hinweise geben können. Ciao Roland 

Bassbubi Profilseite von Bassbubi, 16.11.2009, 10:54:01

Mein Problem ist, dass ich in Solostimmung nicht das Notenmaterial wiedergebe, dass ich eigentlich lese.

Die solistischen Stücke beherrsche ich sowieso bereits auswendig, da bereitet mir die Solostimmung auch keine so großen Probleme, weil ich dann umdenken kann. Hier bin ich ja nicht mehr auf das Notenmaterial angewiesen. Das eigentliche Problem ist das Üben von anderem Material, wo ich noch auf Noten angewiesen bin. Und ich will meinen Bass ja nicht von Stück zu Stück anders besaiten. Meine aktuelle Lösung sieht so aus, dass ich beim Üben den Bass einfach wieder in Orchesterstimmung zurückstimme. Wenn ich das geübte Material dann besser beherrsche und es mir ins Ohr gegangen ist, stimme ich wieder zurück in Solostimmung. Das bereitet mir dann keine größeren Probleme mehr, weil ich wie gesagt dann umdenken kann.

Ja, ich hör im strengen Sinne absolut, das ist mir auch schon mit fünf Jahren im Klavierunterricht bescheinigt worden. Ich höre alle Instrumente absolut und kann dir auch jeden Ton ziemlich genau vorsingen. Bisher war es auch immer ein Vorteil für mich. Ich hatte nie Probleme, dass ich, wie du schreibst, "grauenhaft unsauber" spielte, eher im Gegenteil. Mir hat mein Gehör gerade hier geholten, weil ich mehr Kontrolle hatte. Natürlich war es anfangs nicht einfach, sauber zu intonieren, aber war es das bei dir von Anfang an? Ich glaube eher, dass ich beim Kontrabassspielen das absolute Gehör mit einem relativen Gehör, also auf die Intervalle bezogen, kombiniere. Das könnte auch der Grund sein, warum ich Stücke, die mir bekannter sind auch in Solostimmung spielen kann. Dagegen bin ich beim Üben bzw. Lernen neuer Stücke mehr auf mein absolutes Gehör angewiesen, weil ich hier eher auf die Töne selbst als auf den Tonverlauf achte.

 

 

bassknecht Profilseite von bassknecht, 16.11.2009, 12:12:40

 Ich berichtete davon, dass ein kleiner, absolut hörender Schüler den ich mal hatte unsauber spielte und der nicht darauf reagierte was er zweifellos als unsauber erkannte, dass ist nichts als eine Feststellung  die ich mal gemacht habe, nichtmal eine Analyse warum. Es heisst nicht,  dass ich Dir oder Absoluthörern generell Intonationsprobleme unterstelle. Vielleicht hast Du registriert, dass mich Dein Problem interessiert hatte und ich deshalb  zu mehreren Punkten nähere Informationen haben wollte.

"Mein Problem ist, dass ich in Solostimmung nicht das Notenmaterial wiedergebe, dass ich eigentlich lese."  Demnach ein Knoten im Kopf aufgrund eines Leseproblems. Schreib deine Musik so auf wie Du sie wiedergibst. Die Gewöhnung an andere Leersaiten und die immer gleiche abwärts versetzte Anordnung der gegriffenen Töne ist ein Schema das man einfacher lernt als man glaubt. Du greifst Intervalle wie Du es gelernt hast und gewohnt bist. Letztendlich ist es das Gleiche was man tut, wenn man Skalen Arpeggien usw. mit identischen Fingersatz in unterschiedlichen Tonarten übt. Ich glaube die meisten Jazzer machen das so, wenn sie gleiche Stücke in verschiedenen Tonarten  improvisieren (ich als Gelegenheitsjazzer mache das auf jeden Fall so). Das ist vom geistigen Prozess her aber etwas anderes als einen Notentext abzuspulen und wortwörtlich wiederzugeben. Sogar für mich als Relativhörer ist es mühsamer ein Stück in einer Tonart auswendig einzustudieren und in einer anderen Tonart musikalisch zu gestalten, da steht mir das Klangfarbenhören deutlich im Weg. Im Gegenatz oder in Ergänzung zum Verschieben von Griffschemata,  ist es möglich  die (meistens) unglaubliche Flexibilität und Kapazität des menschlichen Gehirnes auszunutzen und einen Weg von kompletter Neuprogrammierung zu gehen. Das bedeutet im Grunde eine komplett neue Tonanordnung auf einem Griffbrett auswendig zu lernen.

Ein Weg der davon ausgeht aufzusetzen auf etwas was man auf reflektorischer und unterbewusster Ebene wie aus dem FF kann, ist in der Spiel- und Übesituation zu zeitaufwändig und kontraproduktiv. Das ist so, wie wenn Du perfekt im Violinschlüssel vom Blatt spielen kannst, aber um Töne im Bassschlüssel zu identifizieren immer vom Violinschlüssel aus den Ton überlegst der eine grosse bzw. bei Aund D kleine Terz darüber liegt. Ich halte das für schlecht, weil ich weiss, dass es  in so einem Fall viel einfacher ist und schneller geht die Töne im Bassschlüssel komplett neu zu lernen, man muss sich nur dazu durchringen.       

Langisch Profilseite von Langisch, 30.11.2009, 17:29:55

 Der Knoten im Kopf ist die richtige Antwort.

Ich höre selber absolut, und ich spiele Kontrabaß auch solistisch.

Es ist völlig richtig, daß man zunächst höchst verwirrt ist, da Dir Dein Klanggedächtnis anhand des Notenbildes einen anderen Klang vorgeben will. Aber es ist auf jeden Fall trainierbar. Ich habe mir eine Kombination aus "falschem Vorüben" und dem verschobenen Bezugssystem geschaffen. Das "falsche Vorüben" erledige ich so, daß ich das Stück zunächst in Orchesterstimmung einzuüben beginne, um die technischen Hürden zu identifizieren, und deren Bewältigung zu automatisieren.

Hierdurch bekommst Du den musikalischen Ablauf in den unterbewußten Ablauf hinein, und kannst beginnen, Dein Bezugssystem zu verschieben. Wenn ich jetzt bei Barockstimmung ein Bezugssystem mit nem a1 auf bis zu 418 Hz genauso bewältigen kann wie die Orchesterstimmung auf 443, oder aber die olle Kirchenmugge auf 438,579, dann kann ich bei Beherrschen des Stückes mich auch in ein ganztönig versetztes System reindenken.

Deswegen ist es einfach keine Unmöglichkeit, in solostimmung auch mit absolutem Gehör korrekt zu spielen.

Das einzige, was wahrscheinlich auf ewig mein Manko bleiben wird, ist, daß ich in Solostimmung nicht vom Blatt fetzen kann.... aber das ist ja nun auch nicht wirklich gefordert.

Neuester Beitrag Bassbubi Profilseite von Bassbubi, 30.11.2009, 22:22:41

 Vielen Dank für eure Antworten!!

Hab mich mittlerweile schon etwas an das Spielen mit Solostimmung gewöhnt. 

@bassknecht: Natürlich hab ich realisiert, dass du mir helfen willst. Tut mir leid, wenn meine letzte Antwort etwas falsch rübergekommen ist. Mir hilft deine Methode mit den "anderen Leersaiten" besonders bei Tonleiterübungen. 

@Langisch: genauso mache ich es jetzt auch. Ich stimme beim Erlernen von neuem Material einfach wieder in Orchesterstimmung zurück. Wenn mir das Stück dann bekannter ist, stimme ich wieder in Solostimmung und freue mich über den schönen Klang. 

LuBe Profilseite von LuBe, 15.11.2009, 09:03:47

 Eigene Erfahrung hab ich nicht, aber ich erinnere mich, dass irgendein deutscher Kontrabassist wegen dieses Problems die Begleitstimmen seiner Konzerte transponiert hat um in Orchesterstimmung spielen zu können. Mein Lehrer ist auch Absoluthörer, er hat dieses Problem nicht, da er es "abschalten" kann. Ob diese Fähigkeit des Abschaltens für jeden Absoluthörer erlernbar ist, kann ich mangels Erfahrung nicht sagen, aber einen Versuch ist es wert.

SvenW. Profilseite von SvenW., 15.11.2009, 22:56:03

 Hej,

meine Frau ist Pianistin und hat auch absolutes Gehör. Sie meint, man muß absichtlich gegen das absolute Gehör angehen, indem man die Notennamen in der geänderten Tonhöhe singt. Es ist unzweckmäßig, das absolute Gehör als eine besondere Fähigkeit anzusehen, die nur wahre Musiker auszeichnet. Der Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, Toru Yasunaga, hat auch nur relatives Gehör.

Mein Tip, um diesem Problem aus dem Weg zu gehen: Quintenstimmung! Du mußt zwar einen neuen Fingersatz lernen, kannst aber spielen, was da steht. Die 1. Saite, die man am meisten benutzt ist auch A. Natürlich muß die Musik in der Originaltonhöhe geschrieben sein. Du gewinnst enorme Obertonfülle und eine große Terz nach unten( Tritonus gegenüber Solostimmung). Ich weiß, daß der Vorschlag bei vielen Bassisten auf Ablehnung stößt, auch begründet wegen der Terzgriffe, aber wer nichts wagt, der nicht gewinnt.

Gruß Sven

Hen Profilseite von Hen, 16.11.2009, 23:39:54

Zur Quintstimmung: Alle deine Vorteile sind richtig aber dabei darf man nicht die Nachteile vergessen! Es sind mit 3-FT mehr Lagenwechsel erforderlich und die Intonation mit einer Bassgruppe in der alle Quarstimmung spielen ist auch schwieriger (der Bass in Quintstimmung sticht immer heraus!). Dazu kommt das die Quartstimmung auch einfach einen bestimmten Klang hat, die Quintstimmung ist zwar resonanz- und obertonreich aber klingt einfach anders. Die Quartstimmung hat ihren eigenen Reiz durch ihre schlechten Resonanzverhältnisse, die herbe, dunke Klangfarbe eines Kontrabass in Quartstimmung ist ein eigenener Sound. Ein Kontrabass in Quintstimmung klingt in den hohen Registern nicht selten nach Cello (und ich habe nun einige Bässe in Quinten gehört), aber dann doch irgendwie auch nicht wie Cello..

Will hier jez auch das Thema nicht aufreißen oder so, ist ja ein ganz eigenes Ding, aber ich finde das man zu den Vorteilen auch die Nachteile Aufzählen sollte damit sich die Person, welche das liest, auch ein komplettes Bild von der Sache bekommt. Ich selber würde in bestimmten Situationen auch die Quintstimmung bevorzgen, momentan bin ich aber mit anderen Dingen beschäftig als verschiedene Stimmungen ;-)

LG Hen

Scodanibbio in Wolfsburg <Zurück zur Liste> Kontrabass Einschätzung

Nur angemeldete Benutzer dürfen Beiträge schreiben. Bitte hier einloggen: LogIn



Zuletzt aktualisiert von Besucher am 22.12.2024, 11:28:32.