Neue D'Addario Prelude-Saiten < | Violone: Was ist authentisch? | > solo- vs. orchesterstimmung |
Auf diese Beiträge antworten | Zurück zur Liste | Zum neuesten Beitrag springen
Zugeordnete Kategorien: Geschichtliches - Bassbau
Gestern hörte ich im Radio einen Beitrag über Mozarts Opern in Verbindung mit Harnoncourts historischer Aufführungspraxis. Was bedeutet das für den Bass? Ein-, zweimal wohnte ich schon solch einer Aufführung bei, stürmte anschließend zum Bassisten um ihn zu dieser Sache auszuquetschen (was für ein Instrument, welche Saiten, etc.) und musste dann immer wieder zwischen den Zeilen hören, dass es nur ein "normaler" Bass sei! Habe ich da den falschen Orchestern zugehört? Waren das nur Aushilfen? Wollten die Bassisten auf den mit Darmsaiten wahrscheinlich weniger durchdringenden Ton verzichten?
Langer Rede kurzer Sinn:
Wie spiele ich historisch authentisch?
Klare Antwort?
Alles und nix. Kontrabaßinstrumente sind in ihrer historischen Entwicklung überaus wirr gewesen, sehr häufig hat es dann zeitlich parallele Entwicklungen gegeben, die dann regional und national unterschiedlich waren. (Ich hatte da mal recherchiert, siehe den Artikel über die Entwicklung der Kontrabaßinstrumente und deren Stimmungen auf der Seite von Silvio Dalla Torre http://www.silviodallatorre.de/subrubrik.php? ... amp;id=240&content=publish).
Für die Praxis heißt das Folgendes:
Entweder läßt man sich einen Violone neu bauen, 5- oder 6-saitig mit Bünden, wobei ja schon bei der Stimmung des 5-saitigen die Meinungen auseinandergehen. sehr häufig verbreitet ist da tatsächlich die aktuelle Orchesterstimmung mit Darmsaiten.
Oder man nimmt einen normalen Kontrabaß, der nach Baujahr schon historisch sein kann, und appliziert dann Bünde drauf, und experimentiert mit Darmsaiten in verschiedenen Stimmungen, je nach benötigtem Tonumfang. Das geht einerseits sowohl mit 5-Saitern (sofern vorhanden), als auch mit 4-Saitern, wobei man da entweder D1-A1-D-G oder auch die Quintstimmung von C1 aus annimmt. Ich hab auch schon von Experimenten mit H2-E1-A1-D gehört, stell mir das aber für ein filigranes Barockspiel und durchgehendes Continuo-Spiel problematisch vor, da dies ja auch oft im oberen Bereich des Tonumfangs liegt.
Die Bezeichnung Violone ist immer legitim, da es eben keinen wirklichen Standard dafür gibt. Und inwieweit ein heutiger 4-Saiter oder 5-Saiter schon zur Zeit seiner Erbauung diese Saitenzahl hatte, ist eh nicht immer nachvollziehbar.
Dürfte klar sein, daß allein die Thematik schon Stoff für nächte- und bier-/weinflaschenlange Diskussionen birgt. Und über die Bögen haben wir noch gar nicht gesprochen
Da wir letztens wieder eine kleine Diskussion bzgl. des Violone hatten bin ich zufällig auf den oben referenzierten und von Langisch verfassten Artikel gestoßen, den ich recht interessant und informativ fand.
Des weiteren habe ich noch einen englischsprachigen Artikel über die Stimmungen bei Gamben gefunden, der sich auch auf den Violone bezieht: http://vdgsa.org/pgs/journal/vol38-2001.pdf
Hier habe ich noch nicht herumgesucht, aber der Titel "The Double Bass and Violone Internet Archive" ist zumindest vielversprechend: http://earlybass.com
Und damit den alten Thread wieder hervorgeholt, damit die Diskussion ggf. an einem passenden Platz fortgesetzt wird.
Hallo midioma,
endlich hatte ich mal Zeit, etwas zu stöbern und zu lesen. Den Artikel von Peter Mc Carthy finde ich lesenswert http://earlybass.com/articles-bibliographies/the-brandenburg-bassist-2/ Die musikwissentschaftlichen Artikel sind doch recht trocken. Da finde ich den Bericht über den forschenden und spielenden Bassisten deutlich interessanter.
Da das Thema Violone für's Erste für mich ausreichend geklärt wäre, sollten wir nicht vor der Bogenfrage zurückschrecken:
Ich hatte mal einen barocken Bogen in der Hand (und auf den Saiten), der in einem Untergriff zu spielen war. Er war konvex gekrümmt, also wohl "authentisch"?!
Im Prinzip ja. Heutzutage basieren die meisten Barockbögen auf einem Baßbogen mit konvexer Stange, verkürzter Schraubenmechanik und damit geänderter Balance. Meist sind die auch etwas schwerer als moderne Bögen, je nachdem.
Man kann folgende Entwicklung da sehen: am ursprünglichsten ist der reine Gambenbogen, welcher vor allem auf dem 6-Saiter-Violone eingesetzt werden kann, nur eben mit dem Unterschied, daß, wie bei den Gamben, Taktschwerpunkte im Aufstrich gespielt werden müssen. also einmal die komplette Chose umgedreht. Parallel zu der Entwicklung aus dem Gambenbogen leitet sich der konvexe Baßbogen von den anderen seinerzeit üblichen Kontrabaßinstrumenten her (Violonen aus dem Violinbereich und Mischformen), und war mehr auf die Markierung des Generalbasses als auf ein filigranes Spiel ausgelegt *g*.
Je weiter Du im 18. Jhdt. vorangehst, um so mehr wird die Bogenstange gerade und der Bogen eher rechteckig (siehe die angebotenen historischen Bögen im Marktplatz). Und erst ab dem späten 19. Jahrhundert hat dann der Baßbogen von den Violinbögen die konkave Krümmung übernommen.
Und das gilt alles nur für den deutschen Bereich, denn im französischen Barock wurde nach 1750 teilweise schon mit französischen Bögen, wie wir sie heute kennen, gearbeitet. Im italienischen Bereich auch, wobei hier auch viel experimentiert wurde, beispielsweise durch Dragonetti: http://www.billbentgen.com/bass/players/dragonetti.htm
Was heißt das für uns? Wiederum viele Möglichkeiten, von denen alle und keine 100% authentisch sind. Der heutige Barockbogen ist meist gerade bis konvex. wobei es für den Bogenbauer viele Freiheitsgrade gibt (Frosch sehr gambenähnlich mit offenliegenden Haaren, geschlossen, größer, kleiner). Das Problem ist m.E. hier ganz einfach, daß es hier wesentlich weniger authentische Bögen aus der Originalzeit gibt, als es nun Bässe selber gibt.
Der "Knüppel" vom Dragonetti sieht schon lustig aus....
War da nicht auch mal was, dass man die Bogenhaare während des Spiels gespannt halten musste? War das aus bautechnischen oder aus spieltechnischen Gründen (mehrstimmiges Spiel)?
Langisch, du schreibst, Schwerpunkte MÜSSEN im Aufstrich gespielt werden? Hat das mit der Bauform zu tun, dass es so leichter zu bewerkstelligen ist?
Und warum ist man mit der Zeit vom Konvexen zum Konkaven übergegangen? Wegen der Eleganz?
Bottesini hat, wie hier auf dem Bild zu sehen, einen Dreisaiter gespielt:
http://www.bottesini.com/html/dbass/bottesini-3.html
(btw: Wie funktioniert das mit dem Bildeinfügen???)
Er hatte sich seine Stücke für die Stimmung A-D-G zurechtgeschrieben, also die traditionelle Orchesterstimmung ohne die tiefe E-Saite. Durch das Fehlen der tiefen Saite soll so ein Dreisaiter auch leichter zu bespielen gewesen sein (Weniger Druck auf die Decke = mehr Möglichkeit zum Schwingen?). Ließe sich im Grunde leicht nachprüfen: E-Saite runter! Für das Experiment habe ich mir aber noch keine Zeit genommen... Ich finde auf diesem Bild die relativ "mächtige" Spitze des Bogens interessant! Und der flach wirkende Frosch sieht nach Oberhandgriff aus?
Hast du die Notensammlung persönlich eingesehen oder gibt es da im Netzt was Interessantes zu sehen?
... in derselben Galerie siehst Du auf bottesini-45html: Oberhandgriff.
Einige meinen, ein Dreisaiter war vor allem leichter zu streichen, weil es nur eine Saite in der Mitte gab (D) und die Kurve demnach sehr großzügig bemessen werden konnte.
L.G.Jan.
Ist kein gewöhnlicher Dreisaiter, sondern der legendäre Testore-Bass. Er wurde aus dem Holz des Baumes gefertigt, unter welchem Buddha die Erleuchtung erlangte, und sein Stachel ist aus einem Stück jenen Kreuzes gedreht, an welchem Jesus Christus hing. Übrigens ist Bettesini selbst ein Urahn Buddhas, und dessen Urenkel wiederum arbeitet heute bei den neapolitaner Müllabfuhr.
Neue D'Addario Prelude-Saiten < | Zurück zur Liste | > solo- vs. orchesterstimmung |
Nur angemeldete Benutzer dürfen Beiträge schreiben. Bitte hier einloggen: LogIn