Instrumente, Kunden und das Seelenleben eines Instrumentenbauers < | Finanzielle Fragen an die Baßbauer | > Wurmlöcher im Griffbrett |
Auf diese Beiträge antworten | Zurück zur Liste | Zum neuesten Beitrag springen
Zugeordnete Kategorien: Finanzielles & Juristisches
Hallo Joern,
es wuerde mich wundern wenn jemand aus der Zunft hier Stundenloehne usw. offenlegt.
Es ist aber kein Geheimnis dass in den letzten Jahren im unteren Segment des Marktes die Preise eher runter gingen. Also vollstaendig handgebaute Baesse made in Germany kannst du abhaken, es sei denn in der oberen Preisklasse.
Was Einstellarbeiten und Reparaturen angeht, kann ich Marcel nur zustimmen. Was nutzt einem eine preiswerte Arbeit, wenn es an dem Wissen oder der Motivation hapert, auf den Klang zu achten. Habe aus diesem Grund gerade den Geigenbauer gewechselt - der vorige schien einfach nicht zu hoeren, wenn das Instrument offensichtlich verschnupft klang.
Armin
Ich habe in der Baßbauer-Rubrik einen sehr löblichen Kommentar zu Balsereit geschrieben. Ich bin nicht der Auffassung, daß ein Geigenbauer billig sein muß.
Wir haben in Deutschland schon eine komische und vor allem verkrampfte Geldkultur. In Anbetracht unserer Marktwirtschaft wundere ich mich über die Zurückhaltung bei der Offenlegung von Stundenlöhnen. Das Wort Offenlegung klingt schon so, als ob es um eine Privatsache ginge. In jedem Werbeblättchen lese ich Preise, die ein Prinzip des Marketings und der Kundeninformation sind. Ich kaufe doch einem Geigenbauer seine Arbeitszeit ab, natürlich habe ich dann auch ein Interesse an einer gesunden Wertbeurteilung, was letztlich auch im Interesse des Baßbauers sein müsste.
Der Hintergrund meiner Frage ist natürlich der Thread zum Preis der Stegeinrichtung. Ich würde gerne verstehen, warum die Spannen so groß sind und wie ein Fachmann das kommentiert, nicht ein Kunde.
In jedem Kreditkosten - Preisaushang meiner Sparkasse ist ein Datum angegeben ab dem die Preisliste gilt, dass die Zeit nicht stehen bleibt weis ich gerade aufgrund der Tatsache, das ich in vielleicht Deiner besagten Fiktivband mitspiele und an deiner Preissteigerungspolitik partizipiere. Ich komme deshalb nicht auf die Idee den Preisaushang von 2008 abzureissen und einzusacken um ihn in 10 Jahren dem Sparkassenleiter auf den Tisch zu knallen und die Konditionen von heute einzufordern, vielleicht sollte ich das auch lieber nicht tun, weil sich die Sparkasse 2009 die Deutsche und Commerz Bank einsackt und ihre Bilanzen bis 2017 verzehnfacht haben und sich der Leitzins 2018 im tiefsten Keller befindet. Ich liebe groteske Metaphern, wenn ich sie als Metapher erkennen kann aber da bin ich wohl nicht der Einzige hier.
Ein Versuch eine konstruktive Idee vorzubringen: Vielleicht könnten Gewerbetreibende hier erstens in einer eigenen Rubrik "Informationen von Geschäftsleuten" Werbung betreiben (und dafür auch bezahlen) sie könnten dafür die Möglichkeit bekommen im Forum Links zu ihren themenbezogenen Informationen zu setzen sowie Preisangaben zu Stundensätzen zu aktualisieren, wobei man als User die Möglichkeit haben sollte diese Aktualisierungen vom Datum und Umfang her nachzuvollziehen. Dafür sollten deren Forumsbeiträge mit "bei mir" sofort aus dem Thread rausfliegen egal wie wohlmeinend altruistisch und fachlich kompetent sie auch sein mögen .
Ciao Roland
Ach, das ist doch nicht so schwer zu erklaeren. Grob vereinfacht sind da zunaechst die etablierten Geigenbauer, die halt eben hauptsaechlich Instrumente an Buergerkindern und Musikschulen verkaufen, und ausserdem Orchester usw. als Stammkunden haben. Alles Kunden die nicht bis aufs letzte feilschen. Und dann gibt es die, die sich auf KB fuer Jazzer und andere Nicht-KLassiker spezialisiert haben, das sind z.T. nicht 'richtige' Geigenbauer, sondern Leute ohne Meisterbrief, die sich dann Atelier, Studio, Laden oder sonstwie nennen. Und zu denen wohl kein Sinfonieorchester kommt seine Instrumente ueberholen zu lassen. Natuerlich gibt's auch richtige Geigenbauer die hauptsaechlich in KB machen. Ach ja, dann gibt's noch die, die ungern KBs bearbeiten, vielleicht war der hoechste Preis einfach von einem, der nicht direkt nein sagen wollte? Hier im UK kostet ein neuer Steg zwischen gut 100 und 250 Pfund, je nach dem wo und von wem - deckt sich doch eigentlich ganz gut mit deinen Preisauskuenften.
Dazu eine weitere Frage:
Warum ist dsa Bogenbeziehen so teuer??? Mich wird das jetzt 80€ kosten und meine Freundin spielt Geige und zahlt 45€ dafür?? Da frag ich mich doch echt ob sooooo unglaublich viel mehr Haare an einem Kontrabassbogen sind...
Ja, genau so ist es, es sind etwa doppelt soviel Haare an einem Bassbogen :-)
Die Haare sind in der Preiskalkulation für Neubehaarungen der geringere Kostenfaktor, ich würde sagen es ist für den Preis fast egal ob auf einem Bassbogen mehr Haare aufgezogen werden als auf einen Geigenbogen.
Ausserdem bezweifel ich, dass es doppelt soviele Haare sein sollen die auf einen Kontrabassbogen passen. Eine gute Behaarung nutzt die maximale Breite von Bogenspitze und Frosch und ist exakt um die rechten Winkel der Froschspange geführt. Die Behaarung ist im gespannten Zustand völlig flach und ohne aufbauschende einzelne Haare sie sieht aus wie ein flaches Band, somit ist die Behaarung eher breit als dick. Das kostet demnach nicht viel mehr Haare, ist aber nur mit know how und handwerklichen Geschick zu machen und das muss in erster Linie bezahlt werden und weniger die Materialkosten.
Natürlich werden Haare in unterschiedlichen Qualitäten angeboten, ob die vielgelobten und teureren Haare von mongolischen Wiildpferden wirklich so signifikant besser sind als die von belgischen Kaltblütern will ich nicht beschreien, festzustehen scheint mir aber dass gebleichte Haare durch die Bleichung angegriffen und weniger haltbar werden. Schon allein um dieses Manko zu vermeiden lasse ich grundsätzlich nur schwarz oder gescheckt beziehen, ist aber Geschmacksache und abhängig von den den tausend Faktoren bestehend aus Spieler, Musik, Bogen, Saiten Instrument ec......
Meiner Meinung nach liegt der günstigere Preis für den Geigenbezug nicht an der Tatsache, dass weniger Haare gebraucht werden
sondern an der jeweiligen Preispolitik des Geigenbauers. Hierunter verstehe ich z.B, das solche Preise (auch für Stege ec) immer Pauschalpreise sind die sich aus einer Mischkalkulation von gelegentlichen Mehraufwand oder schneller zu erledigenden Arbeiten ergibt. Das ist bei einem Kleinbetrieb schwierig anders zu machen (im Gegensatz dazu kann man in fast jeder Autowerkstatt den individuell nötigen Zeitaufwand genauer berechnen lassen). Wenn z.B Frau Knobel für jeden Bassteg drei Stunden Arbeitszeit berechnet schließt sie aus dass es aufgrund günstiger Gegebenheiten auch mal schneller gehen kann und als Kunde kann man sich dann fragen was sie mit der gewonnenen Zeit dann anfängt, Doktorarbeit aus dem Steg machen, Pause oder an einer anderen Arbeit Geld verdienen? Ausgelastet genug ist sie nach eigenen Bekunden ja, wie schön mal eine nicht klagende HandwerkerIn zu erleben Ciao Roland
Ich würde einen guten Geigenbauer eher in die Sparte "Künstler" einreihen und weniger in die Sparte "Handwerker". Daher ist ein Stundensatz völlig fehl am Platz. Wenn ich mein Instrument dort hinbringe werde ich mir sagen lassen, was die Reparatur oder das Tuning kostet. Wenn ich der Meinung bin, dass mir die Sache den Preis wert ist und mein Instrument nach der Behandlung um diesen Preis mehr wert ist, werde ich den Auftrag erteilen. Wenn nicht, dann eben nicht.
Auch ein Musiker, Maler, Bildhauer, Schriftsteller ..... hat keinen Stundensatz. Und das wird auch nicht von ihm erwartet.
Das sehe ich auch so. Nur der Begriff "Künstler" ist mir zu hoch gegriffen, nicht ohne Grund hat sich für Geigenbauer (und einige andere Musikinstrumentenbauer) der Passus "Kunsthandwerker" etabliert. Und das ist auch gut so.
Da fällt mir noch ein Beispiel ein, daß ich mal irgendwo gehört habe: Ein Bassbauer hatte den Auftrag, einem alten Bass ein neues Setup zu verpassen. Nachdem er alle erforderlichen Arbeiten erledigt hatte, und das Instrument schon erheblich besser klang und besser spielbar war, machte sich der Bassbauer daran, den schief aufgestellten alten Stimmstock aus Buche durch einen neuen, gerade aufgestellten Stimmstock aus bester Fichte zu ersetzen. Das Anpassen dauert seine Zeit. Mit dem neuen Stimmstock klang das Instrument aber leider sehr schlecht. Sowas gibt´s und so sah sich der Bassbauer gezwungen, den alten Stimmstock wieder in die schiefe Position zu bringen und das Instrument klang wieder gut. Da wird´s dann schwierig mit dem Stundenlohn.
Ich selbst zahle deshalb lieber für das Ergebnis und nicht für den Zeitaufwand.
Darueber koennte man lange reden. Der Begriff 'Kunsthandwerk' ist in 60er-Jahre Avantgarde Kreisen abwertend allem eher traditionellen aufgedrueckt worden - zum Beispiel "figurative" bildende Kunst oder "tonale" Musik. Das drueckt letztlich einen ziemlich verkrampften Glauben an eine Hochkultur aus, die vermeintlich objektiv als "KUnst" definiert werden kann, waeherend alles andere vielleicht ganz nett ist, aber letzten Endes geistige Unterbelichtung widerspiegelt oder kommerzielle Beweggruende. In die gleiche Richtung gehend hat Adorno in seinen unsaeglichen Jazz-feindlichen Schriften Jazz als "schlechtes Kunsthandwerk" bezeichnet. Zum Glueck scheinen die meisten das inzwischen lockerer zu sehen - ist ja auch eigentlich egal, wie man es jetzt nennt.
Was den Geigenbau angeht, so ist dieser natuerlich nur Kunsthandwerk, Kunst dagegen ist es, Geigen zu zersaegen oder detonieren zu lassen , wie es der franzoesische nouveau realist Arman tat. Natuerlich mit Billiginstrumenten, die durch die De(kon)struktion aufgewertet wurden - kostet heute 5-stellige Summen.
Ist schon interessant, was der Arman so gemacht hatdanke für den link!
Meinen Beitrag wollte ich auch mehr vor den Hintergrund stellen, daß sich die Instrumentenbauer - unabhängig von Rang und Namen - selbst nicht so einig sind. Für die einen zählt handwerkliche Präzision, alles andere wird der Esotherik zugeordnet und die anderen insistieren auf eine Vielzahl von kalkulierbaren und nicht-kalkulierbaren Faktoren, Intuition, usw.usw.
arman: da hab ich auch noch einen, aber mit nem bass...
"Auch ein Musiker, Maler, Bildhauer, Schriftsteller ..... hat keinen Stundensatz. Und das wird auch nicht von ihm erwartet"
???
Wenn ich eine offizielle Giganfrage bekomme, muß ich doch sagen, was die Band kostet. Es ist etwas Ermessenssache. Unser Stundenlohn ist bei wenig Fahrerei ab 50 Euro/Musiker/Stunde, ab 150 Euro/Person, also Trio pro Anwesenheitsstunde 150 Euro.
Ojeee, hätte ich bloß nicht gefragt...
Neben pikiert bist Du nun entweder schlauer oder dümmer, bin mal gespannt auf Deine nächsten Fragen um zu sehen was überwiegt. Irgend etwas hat das hier doch oder? ......
Ach nee, das ist es nicht! Bin weder pikiert noch sonst irgendwas in der Richtung! Aber schön zu sehen was alles durch den kleinen Kommentar über meine Wut über den Geigenbauer durch seine teuren Preise ausgelöst hat! Schlauer bin ich jetz allemal
Hi!
Ich greife den alten Thread nochmal auf, weil ich eine Preisliste eines Geigenbauers, Baßspezialist, gefunden habe: www.frickbass.de/?page_id=72 . Vielleicht nützt der Hinweis ja jemandem. Die Preise sind natürlich ab, für 79,- -€ wird man auch dort keinen Eudoxa-Satz für einen 5-Saiter bekommen...
Grüße
Thomas
Vielen Dank für den Link, bei dem wir ein Gegenbeispiel zur Einschätzung von Armin und Marcel haben. Meines Erachtens spricht es sehr stark für frickbass, daß er die finanziellen Karten offenlegt. Allein deshalb hätte ich bei ihm nicht die Befürchtung, über den
Tisch gezogen zu werden, im Gegenteil.
Das greife ich jetzt mal auf, weil ich das Thema spannend finde.
Es hat kein Geigenbauer geantwortet, war im Grunde auch nicht zu erwarten. Ich erkläre das mal aus meiner Sicht, als selbständiger Orgelbaumeister und begeistert dilletierender Hobbybassist.
Natürlich gibt es im Handwerk (und das ist Instrumentenbau halt erstmal) kalkulatorische Stundensätze. Meister 90 €, Geselle 60 €, Lehrling 30 €, jeweils zzgl. MwSt. Mal grob aus der Hüfte geschossen. Dürfte bei den Geigenbauerkollegen nicht viel anders sein. (Und bevor jetzt einer der unterbezahlten Musiker die Schnappatmung kriegt: davon bleiben etwa 28% bis 35% zum Leben übrig. Der Rest geht 'drauf für diverse lasstunsdafüreinenanderenThreadaufmachenKosten. Ein gut beschäftigter Instrumentenbaumeister liegt etwa auf TVöD 13 und ist damit einem diplomierten Wasauchimmer etwa gleichgestellt. Allerdings bei vollem Ausfallrisiko.
Aber: es gibt 1001 Kalkulationsgrundlagen. Guter Kunde, seit zehn Jahren immer wieder da und alle Rechnungen pünktlich bezahlt? Oder Nörgler, der jede, wirklich JEDE Arbeit erstmal 'runtermacht und Nachbesserung verlangt aus Prinzip? Passt das Timing des Kunden in mein Timing oder muss ich andere Aufträge deswegen verschieben? Kann ich ihn evtl. in ein Auftragsloch hineinplanen und ihm meinen Wunschtermin verkaufen? Ist es eine Gesellenarbeit, aber nur der Meister verfügbar usw.
Um beim letzten Beispiel zu bleiben: Orgelstimmungen werden i.d.R. einmal jährlich ausgeführt. Das ist eine Gesellenarbeit für Mitarbeiter, die sich darauf spezialisiert haben. Das muss der Meister nicht zwingend besser oder schneller können. Also: 60 Euronen/Stunde.
Nun ist aber - aus welchen Gründen auch immer - kein Geselle verfügbar. Und nu? Meister fährt und rechnet den Gesellenlohn ab. Sonst ist er seinen Kunden in nullkommanix (und zu Recht) los, weil die Arbeit plötzlich das eineinhalbfache kostet. Aus Gründen, die der Kunde nun beileibe nicht vertreten kann.
Flapsig formuliert: DEN Stundensatz gibt es nicht, selbst wenn es einen gibt. Wenn Dir Dein Geigenbauer permanent zu teuer ist, ist er entweder zu gut für Dich oder sehr sehr blasiert oder er will dich sehr sehr loswerden und akzeptiert nur noch Schmerzensgeld von Dir.
Oben schrieb irgendwer sinngemäß: die Kommunikationsbasis muss stimmen, dann geht es nicht mehr vorrangig ums Geld. Das gilt auch von Seiten der Instrumentenbauer.
Und wenn mich einer "Kunsthandwerker" nennt, werd ich kiebich. "Kunsthandwerker" sind die Leute, die auf Mittelaltermärkten Kerzen ziehen, o.k.? Ansonsten bin ich als Instrumentenbauer so viel und so wenig Künstler wie Ihr, liebe "Nachschaffende".
Herzliche Grüße
BB
Hallo,
ich war umzugsbedingt bei mittlerweile drei Geigenbauern. Berechnungsgrundlage war bei allen ca. 50€ pro Stunde inkl Mwst. plus Materialkosten. Alle im Bereich Norddeutschland.
Grüße
Instrumente, Kunden und das Seelenleben eines Instrumentenbauers < | Zurück zur Liste | > Wurmlöcher im Griffbrett |
Nur angemeldete Benutzer dürfen Beiträge schreiben. Bitte hier einloggen: LogIn