GEBA-online

Gesellschaft der Bassisten in Deutschland

www.GEBA-online.de

Gesellschaft der Bassisten in Deutschland



• • • Forum

Griffbrett verbogen <

Linkshänder vs. Rechtshänder

> Abmahn-Industrie

Auf diese Beiträge antworten | Zurück zur Liste | Zum neuesten Beitrag springen

Zugeordnete Kategorien: Geschichtliches - Gesundheit

DrJohn Profilseite von DrJohn, 18.12.2009, 11:37:01
Linkshänder vs. Rechtshänder

Tag zusammen,

das ist vielleicht kein Thema, das nur Kontrabässe betrifft, aber eben auch: Ich bin Linkshänder und spiele einen gewöhnlichen Kontrabass (habe mit Cello angefangen, auch dort ein "normales" Instrument). Jetzt gibt es aber zumindest im Gitarrenbereich auch Linkshänder-Instrumente. Allerdings sähe ich gerade beim Bassspielen gar keinen Vorteil darin, mit meiner (schwächeren, etwas schlechter koordinierten) rechten Hand die Töne zu greifen und mit links zu zupfen. Im Gegenteil, ich denke sogar, dass Linkshänder vielleicht einen kleinen Vorteil haben in Punkto Präzision und Schnelligkeit beim Lagenwechsel. Das wirft die Frage auf, warum sich Saiteninstrumente derart entwickelt haben, dass man mit der linken Hand greift und mit der rechten Hand streicht/zupft. Es hätte ja auch genau umgekehrt kommen können, so ist z.B. beim Posaunespielen die rechte Hand/der rechte Arm für die Tonhöhe zuständig. Ist der Vorteil einer besseren Bogenführung bei Streichinstrumenten der Grund? Alles einfach nur Zufall?

Vielleicht weiß ja jemand von Euch bescheid.

Grüße, Johannes

Hen Profilseite von Hen, 18.12.2009, 11:50:16

Hallo Johannes,

ein sehr interessantes Thema. Ich kann darauf momentan keine richtige Antwort geben, vermute aber auch das die Bogenführung der Grund ist (der Klang eines Streichinstruments wird ja nahezu ausschließlich mit dem Bogen erzeugt). Ich werde mich aber mal bei dem einen oder anderen Prof für Geschichte in der Hochschule erkundingen und in der Bibliothek mal etwas recherchieren. Das interessiert mich in jedem Fall auch.

Meiner Meinung nach haben Linkshänder die mit ihrer besser koordinierten Hand greifen keinen Vorteil. Je nachdem was man übt kann man mit beidem gleiche Ergebnisse erzielen. Man sieht ja anhand guter Pianisten für die beide Hände völlig gleichwertig sind und es keinen Unterschied macht. Auch muss man die gesamte Körperkoordination berücksichtigen. Ein Rechtshänder mag "mehr Gefühl" im rechten Arm haben, das muss aber nicht auch zwangsläufig mit seinem "Gefühl in den Fingern" zusammenhängen.


Grüße Hen

HerrK Profilseite von HerrK, 18.12.2009, 12:24:53

 Die rechte Hand ist definitiv wichtiger beim spielen.
Beim pizzen ist es vielleicht nicht mehr ganz so wichtig, aber immer noch sehr wichtig.
Die rechte Hand muss beim Jazz schnelle, koordinierte Saitenwechsel (inkl. überspringen) in sehr wenig Zeit
und sehr präzise in der Ausführung (Kraft, Kontaktstelle, evtl. Wechselschlag) bewältigen.

Bei gutem linke Hand spiel, muss die Hand nur abdrücken. Gerade die sehr guten Bassisten wählen
ihre Lagen so geschickt, dass sie viel innerhalb einer Lage spielen. Wenn die linke hat nun eine gute Spannung hat
gibt es lediglich abdrücken oder nicht, denn der Ton stimmt und das ist trainierbar.

Des weiteren ist es aber auch so wie Hen sagt, man kann wohl beide Hände (annähernd) gleich gut trainieren,
da kann der Mensch schon einiges leisten.
(Ich habe als Kind im Fernsehen mal einen Mann ohne Arme gesehen, der Bachsuiten auf der Gitarre mit den Füßen
gespielt hat!!!)

 

jlohse Profilseite von jlohse, 18.12.2009, 12:27:18

 Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Erstaunlicherweise bin ich als Rechtshänder nicht in der Lage, „umgedreht“ gehaltene Bässe oder Gitarren auch nur ansatzweise zu spielen. Meine rechte Hand kriegt das einfach nicht hin!
Im Gegenzug ist meine linke Hand (durch das Bassspiel?) so brauchbar, dass ich in der Werkstatt viele Dinge sowohl mit rechts als auch mit links machen kann – also Sattelkerben feilen oder solche Sachen, da ist das ganz praktisch, wenn man nicht immer auf einer bestimmten Seite des Basses stehen muss und das beidhändig kann. Und beim Essen halte ich Messer und Gabel auch „andersherum“, damit ich den Mund auch treffe … Viel ist da m.E.  eine Frage des Trainings. Viele Rechtshänder sind ja auch umtrainierte Linkshänder. 
Stichwort Posaune: wenige Instrumente lassen sich einfach umdrehen wie die Posaune. Man steckt sie einfach mal schnell um 180° gedreht zusammen – fertig. Trotzdem fällt mir kein mit links ziehender Posaunist ein. Eigentlich komisch.

leftenant Profilseite von leftenant, 18.12.2009, 15:32:31

 Hallo zusammen!

Ich bin selber Linkshänder und inzwischen von der Richtigkeit von Linkshänderinstrumenten überzeugt. Alle Instrumente werden so gebaut, daß die rechte Hand die filigraneren Tätigkeiten ausführen kann, das kann kein Zufall sein. Selbst beim Klavier sind die höheren Töne auf der rechten Seite damit das starke Händchen mit den komlexeren Abläufen besser klarkommt. Der Linkshänder Mozart soll  Sonaten oft überkreuz gespielt, bestimmt nicht nur um seine Konkurrenten zu ärgern. Inzwischen kann man sogar Linkshänderklaviere kaufen.

Laut Internet hat es schon Studien zu diesem Thema gegeben. Im Ergebnis ist es wohl so, daß Linkshänder auf Rechtshänderinstrumenten ein sehr hohes Niveau erreichen können, daß sie aber wenn es um höchste musikalisch Ansprüche geht mit einem Linkshänderinstrument im Vorteil wären.

Wenn ich mit rechts streichen oder zupfen sollte ist das im grunde das gleiche als sollte ich mit rechts schreiben oder malen.


DrJohn Profilseite von DrJohn, 18.12.2009, 15:51:13

Naja, ich finde, dass sauberes Intonieren und Töne formen (richtiger Druck + Vibrato) keineswegs eine weniger filigrane Tätigkeit ist als das Zupfen oder Streichen mit dem Bogen. Der Ton wird ja auch (wesentlich!) von der linken Hand gestaltet. Jonas' Erlebnis, der auch als Rechtshänder zunächst große Probleme hat, mit der rechten Hand Töne zu greifen, unterstützt meine These: Greifen und Streichen/Zupfen sind beides gleichwertig schwierige Tätigkeiten, keine Hand ist "wichtiger".

Ich denke, dass bei Streich- und Zupfinstrumenten alles eine Sache der Gewöhnung ist. Vielleicht hat man es am Anfang als Linkshänder mit dem Greifen und als Rechtshänder mit dem Streichen/Zupfen leichter, aber das gleicht sich schnell an. Außerdem glaube ich: Bei einer Tätigkeit, bei der beide Seiten gleichermaßen gebraucht werden, gibt es nach gewissen Anfangshürden keine Vorteile für Rechts- oder Linkshänder. Der Vergleich mit dem Schreiben hinkt. Das ist nämlich eine Tätigkeit, die man nur mit einer Hand ausüben kann -- und hier gibt es ja meines Wissens auch Studien, die belegen, dass zwangsweises mit-Rechts-Schreiben für Linkshänder "schädlich" ist.

 

bassknecht Profilseite von bassknecht, 18.12.2009, 16:01:46

Warum gibt es in GB  Linksverkehr? 

Das ist jetzt kein Scheiss, ganz ehrlich. Im europäischen Mittelalter musste man entgegenkommende Reiter nicht nur freundlich Grüssen (das geht mit der Linken ja ganz gut), sondern es gab auch oft die Notwendigkeit auf die Entgegenkommenden mit  Morgenstern, Schwert oder Lanze zu reagieren. Da die meisten Menschen Rechtshänder sind und man schwere Waffen aus reinen Kraftgründen als Rechtshänder mit Rechts führt, war es unpraktisch dies diagonal und quer über den Pferdekopf zu tun, also ritten sich beide auf der linken Wegseite entgegen und konnten sich mir rechts gegenseitig die Schädel einschlagen. Interessant wären hier die Fragen wie damals die Überlebensprognose von linkshändigen Recken war und ob es damals schon seitenfalsch agierende "Geisterreiter" gab. Die Linksreiterei, später die Linksfahrerei, haben die Engländer natürlich auch in ihren Kolonien durchgesetzt (Irland, Neuseeland, Australien, Südafrika), letztendlich ist der Linksverkehr bis heute Usus und es wäre sicher auch zu teuer und unsinnig  Verkehrsschilder, Ampeln, Kreisverkehre Autobahnauffahrten usw. so umzuorganisieren, dass man in unseren (gewaltfreien?) Zeiten auf Rechtsverkehr umstellen könnte.         

Ich halte es ebenso für  Usus, dass Streich- und Zupfinstrumente für rechtshändige Tonerzeugung gebaut werden. Irgend jemand hat mal mit dieser Bauweise angefangen, und dann haben es alle anderen nachfolgenden Generationen von Instrumentenmachern so übernommen. Als sich dann Orchester bildeten, wurde schnell klar, dass es praktisch ist, wenn eng sitzende Streicher den Bogen mit dem gleichen Arm in der gleichen Richtung führen.

Was die Komplexität von rechter und linker Hand bei Saiteninstrumenten angeht, sind die Anforderungen sicher unterschiedlich, aber nicht unterschiedlich komplex. Ist einerseits die Unabhängigkeit beider Hände nötig, ist andererseits  für das klingende Ergebnis das perfekte Zusammenwirken beider Hirnhälften und beider Hände notwendig. Es geht also um das Zusammenfliessen beider Aktionen zu einem Ergebnis in einer Aktionssumme. In dieser Situation ist jeder Mensch ein Beidhänder!  Wird ein Gehirn erstmalig auf die zwei Tätigkeiten programmiert (man lernt mit rechts und links zu spielen), ist es egal in welcher Hirnregion die verschiedenen Bewegungsmuster gespeichert werden, wichtig ist nur, dass sie gespeichert werden und das sie letztendlich miteinander koordiniert werden. Problematisch wird es, wenn man auf einer Partition auf der schon Daten liegen, Daten der anderen Seite dazugeben will, dann versagt das Zusammenführen, und deshalb kann Jonas nicht mit rechts greifen (ich übrigens auch nicht).  

Wenn es weitere Gründe gibt, dann sollte ein Instrumentenmacher soetwas wissen. Es gibt aber Gründe dafür, das verbreitet Saiteninstrumente für linkshändig spielende Menschen gebaut werden. Es geht darum Linkshändern etwas zu verkaufen von dem sie glauben es wäre sinnvoll, da auf ihre individuellen Bedürfnisse hin entwickelt.  

 

 

 

Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 18.12.2009, 17:34:12

 Eine Bekannte von mir die linkshaenderin ist, und zu der Generation gehoert, die was das schreiben angeht noch umerzogen wurde (so dass sie zwei voellig unterschiedliche Handschrifetn hat, eine mit rechts, eine mit links), fuehrt ihr stagnieren an der (rechtshaender) Gitarre daruf zurueck, dass halt doch die rechte Hand bei RH / linke Hand bei LH wichtiger ist. Sie meint, LH haetten an einer RH Gitarre einen Anfangsvorteil wegen der Greifhand, wuerden dann aber irgendwann stagnieren, da das Phrasieren, Rhythmik usw. halt von rechts kommen. (Ich finde das ist eine faule ausrede - irgendwann stoesst man immer auf seine Grenzen, da hilft nur ueben, und dann kommt die naechste grenze). Trotzdem kann oder will sie nicht umlernen.

ich stimme mit der Hypothese der Prinzipiellen Formbarkeit ueberein, aber wenn man mal so oder so angefangen hat, ist es schwer. vielleicht auch nicht schwerer als ein neues Instrument zu lernen waere, aber das macht man halt auch nicht so leicht.

Ich kann mir gut vorstellen, dass LH mit einem LH Instrument schneller lernen - das problem ist halt, um das sicher sagen zu koennen, braeuchte man einen grossen satz von daten.

schokomat Profilseite von schokomat, 18.12.2009, 20:13:23

"Stichwort Posaune: wenige Instrumente lassen sich einfach umdrehen wie die Posaune. Man steckt sie einfach mal schnell um 180° gedreht zusammen – fertig. Trotzdem fällt mir kein mit links ziehender Posaunist ein. Eigentlich komisch. "

 

Der hier :

http://www.youtube.com/results?search_query=Slide+Hampton&search_type=&aq=f

leftenant Profilseite von leftenant, 18.12.2009, 20:26:08

 Ich glaube noch wichtiger als die Frage mit welcher Hand man filigraner spielen kann ist der emotionale Aspekt. Warum geben sich die Menschen mit rechts die Hand oder leisten irgendwelche Schwüre mit dieser? Ich weiß noch wie ich als Kind immer versucht haben anderen Menschen mit links die Hand zu geben, das muß sehr komisch ausgesehen haben. Ich mußte erst lernen die rechte Hand zubenutzen.Glücklicherweise durfte ich nach einem kurzem Versuch mich umzuerziehen links schreiben.

Ich denke, daß man alles was man mit seinem starken Händchen macht stärker empfindet, z.b bei Berührungen. Der Ton wird hauptsächlich von der Anschlagshand produziert und sollte deswegen von  der bevorzugten Hand erzeugt werden.

Dusan Profilseite von , 18.12.2009, 21:46:02

  Der Ursprung des Händeschüttelns liegt in der Begegnung zweier Menschen, die sich vergewissern wollten, dass jeweils der andere nicht mit einem Stein bewaffnet war. Da besagter Stein als Waffe dienen sollte, wurde auch die starke rechte Hand zum Händedruck verwendet – was wiederum die Frage aufwirft, wieso nicht Linkshändler in der Evolution obsiegt haben. Doch vielleicht war das Ganze andersrum, und der Homo Sapiens war ursprünglich Linkshändler und dem hinterlistigen Rechtshändler daher unterlegen. Da half es auch nicht mehr, sich beim (linkshändigen) Händeschütteln zu umarmen, um einerseits den Körpergeruch des Fremden zu erschnuppern und sich andrerseits zu vergewissern, dass er hinter seinem Rücken nicht noch einen Stock oder Stein versteckt hielt.

leftenant Profilseite von leftenant, 18.12.2009, 22:15:17

 Sehr schön! Da Linkshänder von Natur aus linkisch sind hätten sie bestimmt diesen strategischen Vorteil genutzt um die Weltherrschaft zu erlangen, wenn ihnen nicht von Kindesbeinen an eingebleut worden wäre das "Gute" Händchen zu nehmen um dem Feind den Schädel einzuschlagen.

Neuester Beitrag manni-hof Profilseite von manni-hof, 29.12.2009, 01:05:51

 Ich bin auch ein "umerzogener" Linkshänder. Im normalen Leben merkt man das nur daran, dass meine Handschrift eine Katastrophe ist und wenn ich "links" sage, entweder links oder rechts meine. Andererseits kann ich viele Werkzeuge beidhändig benutzen - das ist wirklich ein Erfolg der Umerziehung.

Aber beim Bass-Spiel ist tatsächlich zu merken, dass ich zwar sehr schnell (weil links) greifen kann, aber zumindest beim Streichen weder bei der Präzision noch beim Phrasieren und Gestalten des Tones mit meiner schwachen rechten Hand mithalten kann. Zupfen geht tatsächlich offenbar leicht genug, dass ich da mit meinem Spiel zufrieden bin.

Für mich ist es zu spät, umzulernen, ich würde aber jedem Anfänger raten, auf seine Händigkeit einzugehen und sich ein entsprechendes Instrument zuzulegen.

Zum philosophischen Aspekt der Händigkeit sei auch eine Anmerkung erlaubt:

Die rechte Hand ist mit der linken Hirnhälfte verbunden, in der die mehr männlichen Tugenden (exaktes Denken, Logik...) gepflegt werden. Die linke Hand dagegen wird betreut von der rechten Hirnhälfte, in der eher weibliche Tugenden wie Kreativität und Kommunikativität sitzen. Beides ist gleich wichtig, und wir sind meiner Meinung nach auf dem besten Weg, einen Ausgleich zwischen den beiden Bereichen (auch Emanzipation genannt) zu erreichen. Aber in den vergangenen Jahrhunderten oder Jahrtausenden war das männliche Prinzip federführend und deshalb die Verbindung

"rechts = richtig" und "links = link = falsch" 

durchaus berechtigt. Damit sollte aber langsam Schluss sein!

Jeder Musiker weiss eh, dass er beide Hände mit möglichst großer Präzision (männlich) und gleichzeitig möglichst viel Gefühl (weiblich) braucht!

 

 

 

Griffbrett verbogen <Zurück zur Liste> Abmahn-Industrie

Nur angemeldete Benutzer dürfen Beiträge schreiben. Bitte hier einloggen: LogIn



Zuletzt aktualisiert von Besucher am 17.03.2024, 19:25:34.