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All Blues, Miles Davis

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Zugeordnete Kategorien: Jazz - Unterricht & Didaktik

StefanE Profilseite von StefanE, 22.09.2005, 21:37:08
All Blues, Miles Davis
Hallo Jazz-Profis,

ich als Anfänger muß euern Rat einholen. Mein Lehrer hat mich mit dem All Blues von Miles Davis überfallen. Meine Aufgabe zur nächsten Stunde besteht darin, mir über eine Walking Bass-Improvisation Gedanken zu machen. Nun bin ich in diesem Thema absolut noch nicht fit, das Stück soll aber in absehbarer Zeit zur Aufführung gebracht werden. Darum meine Frage: Welche Töne können verwendet werden???

Die Takte im Akkord G7 sollen mixolydisch C begleitet werden, sind das die Töne C-D-E-F-G-A-Bb-C? Ebenso soll G-dorisch möglich sein, wären das G-A-Bb-C-D-E-F-G, also im prizip wieder das selbe? Und was wird mit der Gm Pentatonik gemeint, sind das die Töne G-Bb-C-E-F-G? Weiter soll noch ein Dominat-Sept-Akkord verwenbar sein, welche Töne sind das?

Ich hoffe, ihr könnt mir mit Infos behilflich sein.

Gruß,
Stefan
philipp_ Profilseite von , 23.09.2005, 08:07:55
1 grundton (manchmal auch terz oder quint des akkords)
2 akkord- oder skalenton (zb von g7)
3 quinte des akkords (kann aber muss nicht)
4 leitton zum grundton des nächsten akkords (halbton höher oder tiefer)

wenn du dann noch krumme intervalle vermeidest, und immer schön kleine intervallsprünge machst, dann kannste auf jeden fall schonma nen walkingbass aussetzen der funktioniert...
is natürlich nich grad welkrekordverdächtig, aber am anfang fährste erstma gut damit :)

noch konkret zu deiner frage:
über einen takt g7 kannst so einiges spielen... g h d f natürlich (dominantseptakkord) sowie g a h c d e fis (g-dur) und wenn du hier und da mal nen halbton anders bist um mal nen chromatischen durchgang zu machen is das nich weiter wild, legs dann einfach auf die 2 oder 4 da merkst keiner ;)
Christoph. Profilseite von , 23.09.2005, 09:47:21
Hallo Stefan,

wenn du in diesem Thema nicht fit bist macht es keinen Sinn, sich als Hausaufgabe schon mal Gedanken über was auch immer zu machen.

Auch finde ich kurios, dass dein Lehrer dir offenbar keinen gescheiten Leitfaden an die Hand gegeben hat, besser passende von schlechter passenden Tönen zu unterscheiden.

Ich empfehle:

1. Lehrerwechsel, derlei Konzepte sind sehr zweifelhaft

2. Aufnahme besorgen, die Ohren spitzen und rausschreiben, was der werte Herr Chambers denn da macht

3. wenn es unbedingt sein muss: in einem Theoriebuch nachlesen und die Begriffe klären


Im Übrigen haben sich ein paar kleine Fehler eingeschlichen:
natürlich kannst du C-mix oder G-dor spielen, beides sind Modi von F-Dur. Korrekterweise ist der Akkord G7 jedoch ein Modus von C-Dur, das heisst G-mix mit den Tönen G-A-H-C-D-E-F. Die G-Moll Pentatonik (genauer: eine von vielen) wäre G-Bb-C-D-F, also nichts anderes als eine Bb-Dur Pentatonik. Sowas würde ich nie als Ausgangspunkt für Walkingbass nehmen, es liegt nicht gut auf dem Weg. Der Dominantseptakkord heisst G-H-D-F = G7.

Viel wichtiger als die Auswahl der vermeintlich richtigen Töne ist, eine Linie tatsächlich "zum walken" zu bringen. Einen Vortrag darüber halte ich gerne, jedoch nur im Unterricht. Ich beginne bei walking-Anfängern auch stets mit Übungen im 4/4tel Takt.
Muff Potter Profilseite von , 31.10.2005, 19:58:26
"Ich empfehle:

1. Lehrerwechsel, derlei Konzepte sind sehr zweifelhaft

Einen Vortrag darüber halte ich gerne, jedoch nur im Unterricht............."

Ich kann nicht sehen was schlecht daran sein soll wenn ein Lehrer seinem Schüler rät sich Gedanken zu einem musikalischen Lerninhalt zu machen. Auf der Grundlage eines solchen (vorgedachten) Nährbodens ist in der Folge eine durchaus kreative Arbeit im Sinne von Unterricht möglich. Schlecht wäre es wenn mit besagter Formulierung gemeint ist "mach mal und mach es möglichst perfekt" aber ob das so war geht für mich aus den thread nicht hervor also liebe Leute, lehnt euch nicht so weit aus dem Fenster.

Ich empfehle :
Keinen Lehrer zu nehmen der sich aufgrund einer abstrakten Ferndiagnose für besser hält als andere Lehrer und es nötig hat es zu versuchen anderen Leuten Schüler abzuwerben. muffin man
StefanE Profilseite von StefanE, 23.09.2005, 12:02:08
Schon mal besten Dank für die Antworten bisher!

Mein Lehrer ist nun nicht so der klassische Musikpädagoge, es macht aber viel Spaß, und darauf kommts doch eigentlich an. Er ist mehr ein Rock/Jazz-Bassist und auf E-Bass/Kontrabass gleichermaßen fit, Hochschulabschluß ist ebenfalls vorhanden ;-) Die Theorie der Harmonien erklärt er mir schon kurz, aber eben nicht unterrichtsstundenlang. Ich denke, das werde ich auch alleine mit Hilfe von Euch Fachleuten hier im Forum schaffen..... :-)

Gruß,
Stefan
Barmin Profilseite von Barmin, 23.09.2005, 13:07:48
Hallo Stefan,

das Stueck All Blues hat ja erstmal zwei Besonderheiten: Erstens ist es im 3/4 (oder 6/4), und zweitens laeuft ja waehrend des Themas und am Anfang der Soli ein Bass-Ostinato. Also, ich sehe die Schwierigkeit des Stueckes in erster Linie in rhythmischer Hinsicht. Erstens das Ostinato locker und mit guter Time ueben (tripletts!). Es liegt sehr gut, sollte also machbar sein. Und wenn dir bis zu eurem Gig das Walken nicht locker von der Hand geht, spielst du halt das Ostinato und fertig. (Uebrigens behaelt Mr. Paul Chambers das Ostinato bei, wenn die Band auf C7 wechselt. Kleiner Pedalton Effekt: Bass bleibt auf gleichem Ton liegen, obwohl ein Akkordwechsel stattfindet).

Wenn Du anfaengst zu walken, kann das schon speziell werden bei 3/4. Manche Leute tun sich damit schwerer als andere, aber jedenfalls ist Walken ueber 3/4 meiner Ansicht nach ein Spezialfall und wenn ich dein Lehrer waere, haette ich nicht dies Stueck als Einstieg gewaehlt.

Was die Leute oben zu den Skalen gesagt haben, ist alles schon richtig, aber fuer Walking Bass linien finde ich Skalen nur so maessig hilfreich. Klar solltest du sie kennen. Aber es ist fuer den Gruppenkontext (Orientierung der anderen) wichtig, dass du als Basser, gerade am Anfang, oft Akkordtoene benutzt, und auf der Eins moeglichst den Grundton. Den kannst du ruhig von unten chromatisch annaehern, hoert sich gut an auch wenns in der Skala nicht drin ist. Bei einem fast-modalen Stueck wie All Blues, d.h. mit sehr wenig Akkorden, ist das gerade genannte Konzept (grdton auf eins) aber etwas problematisch, da du ueber lange Strecken den gleichen Akkord hast und dann jeder dritte Ton (bei 3/4) der gleiche waere. Wenn der gleiche Akkord liegen bleibt, kannst du den Akkord-Grundton nur im ersten Takt jeder 2-Takt-, 4-Takt- oder gar 8-Takt-Gruppe spielen. Dadurch strukturierst du deine Linie, was der Band hilft (gerade wenns Anfaenger sind) die Form nicht zu verlieren.

Ansonsten empfehle auch ich die Platte, ist ein Super Album.

Gruss B.
jonas Lohse Profilseite von , 23.09.2005, 16:20:56
Für das Konstruieren von walking bass lines sind Skalen (die sog. "Kirchentonarten") unnötiger Ballast. Ich persönlich halte sie sogar auch ganz Allgemein für wenig hilfreich, aber das ist meine persönliche Meinung, da muss jeder Jazzmusiker selbst sehen, welcher Ansatz einem liegt und einen am besten voran bringt. Du kannst aber davon ausgehen, dass Paul Chambers nichts von "mixolydisch" etc. wusste (zumindest zu dem Zeitpunkt, als er bei Miles anfing).

Wichtig ist aus meiner Sicht zunächst, dass Du die Akkordnamen und -symbole schnell in Töne auf dem Griffbrett umzusetzen lernst. Dabei hilft es, die einzelnen Töne beim Namen zu kennen, aber selbst das ist nicht zwingend erforderlich: man kann durchaus auch in "Griffbildern" spielen, so wie das Gitarristen mit Akkordgriffen ja auch machen. Wenn Du dann die Ohren aufmachst, und die akkordeigenen Töne mit ein paar dazwischenliegenden Blue Notes elegant verbindest, hast Du schonmal das grundlegende Handwerkszeug eines Bassisten beisammen.
gubi Profilseite von , 24.09.2005, 01:21:38
lieber jonas lohse!
ich zitiere nicht und will nicht widerlegen, aber die frage lautet, ist es wirklich so, dass diese griffschemen weiterhelfen? ich mache jetzt gerade die erfahrung, das zuhören und mitfühlen (gerade und auch bei walking bass) wa-a-a-hnsinnig viel bringt. klar sind die kirchentonarten nicht hilfreich. aber auch diese tonarten gehen nicht immer gleich im schema auf. da liegt ja oft der witz des komponisten. das mitswingen, das dreinkommen. ok - wenn der bassist den anderen die grundlage geben muss, dann wird es ohne schema (oder noten) schwierig, aber sonst hat das vor allem in der frei gestaltbaren basslinie ja keinen sinn. ... ich beneide immer die ausgebildeten musiker um ihre fähigkeiten und bedaure sie, wenn sie in der ausbildung hängen geblieben sind und keine eigenart entwickeln konnten. ich für mich würde es schätzen,wenn all die schwarzen tupfen lesbar und umsetzbar wären für mich. ich weiss, ich bin überheblich, wollte es aber gar nicht sein. die frage ist wirklich, bringen schemas feeling rüber? ich für mich schätze das ausprobieren sehr, habe aber den vorteil, dass ich nicht wirklich muskik machen muss......... darum würde ich dem prüfungskandidaten unbeding empfehlen einfach mal mit miles musik zu machen. zur platte, zur cd zu allem greifbaren mitspielen.
lg vom greenhorn
jonas Lohse Profilseite von , 24.09.2005, 11:24:45
"aber die frage lautet, ist es wirklich so, dass diese griffschemen weiterhelfen?"

Mit Griffschema meine ich beispielsweise: zu wissen, wo die Terz und die Quinte auf dem Griffbrett liegt, wenn man mit dem Mittelfinger den Grundton gegriffen hat. Dazu muss man dann gar nicht wissen, wie Terz und Quinte heißen (oder wo die passen Punkte in den Notenlinen sitzen), sondern kann gleich losspielen. Und den theoretischen Überbau nebenher sukzessive ergänzen. Also nicht erst alle Kirchentonarten auswendig lernen, und dann erst mit Spielen anfangen ;-)

Zum Üben an sich: ich bin erklärter Fan von "Play Alongs" (Jamey Aebersold ist da Marktführer). Gibt's auch in manchen Stadtbibliotheken zur Ausleihe. Durch die Kanaltrennung kann die Basslinien sehr gut heraushören und analysieren, und zum Mitspielen natürlich auch ausdrehen. Empfehle ich jedem Anfänger allerwärmstens!
Jörn Profilseite von , 31.10.2005, 20:14:41
Eine Bemerkung zum Gespräch zwischen Gubi und Jonas Lohse: Ich sehe das genauso wie Jonas Lohse. Meines Erachtens sind solche haptischen Herangehensweisen extrem ökonomisch, und zwar nicht nur, was einzelne Intervalle, sondern auch was Kadenzen betrifft. Nach 50000 II-V-I Verbindungen weiß ich, wie sie sich anfühlen. Mir scheinen auch solche Griffschemata sehr gut zum Stufenansatz zu passen. Neulich mußte ich auf einer Session spontan Mac the knife durch alle Tonarten chromatisch nach oben spielen; hatte ich noch nie vorher gemacht. Da war es hilfreich in den Fingern zu haben, wo die parallele Molltonika zu einer beliebigen Durtonika liegt.
StefanE Profilseite von StefanE, 24.09.2005, 07:44:34
Hallo und vielen Dank für eure lehrreichen Info´s. Dank der halbwegs begriffenen Theorie kann ich die verwendbaren Skalen selber ableiten und ausprobieren. Es macht halt nicht viel Spaß, wenn ich mir merken muß, daß ich den, den und den Ton spielen kann, ohne zu wissen, warum gerade diesen. Das Stück habe ich zum üben als MIDI-File mitbekommen. Auch kann ich mir endlos lange vom PC den G7-Akkord verdudeln lassen, um darauf mit dem Bass zu spielen. Das Stück soll ein anderer Schüler meines Lehrers zur Prüfung spielen, für das er noch einen KB braucht. Und da an unserer Musikschule wohl nicht die große Auswahl von KB-Schülern existiert, muß ich da jetzt durch. Aber es macht Spaß, und man wächst mit seinen Aufgaben.......... ;-)

Gruß,
Stefan
HendrikNehls Profilseite von HendrikNehls, 31.10.2005, 08:39:45
erstens Lehrerwechsel das is ja wohl ma ganz klar

zweitens, zu der Platte spielen, dann wirst du nämlich auch merken, dass es nicht viel ist, was dort im Bass passiert. Auf vielen Sessions, auch in NY, spielen die Jungs Kammer Paules Bassbegleitung nach: 1 und 6 und sieben und drei und 1...

Viel Spaß beim Entwickeln deiner eigenen Begleitung,

Hendrik
jlohse Profilseite von jlohse, 09.11.2007, 18:16:25
zur Platte spielen ist überhaupt das allereffektivste, finde ich. Dabei geht es gar nicht mal ums kleinliche Heraushören - einfach mitspielen, die Burschen stört's ja nicht.
StefanE Profilseite von StefanE, 08.11.2007, 20:33:37

Ich möchte diesen Thread nochmal nach oben holen. Eure Ratschläge zum Walken haben mir über die anfänglichen Schwierigkeiten hinweggeholfen, und heute möchte ich euch nach hilfreichen Grundsätzen zum Improvisieren fragen. Wie macht man das, harmonisch erträglich zu improvisieren? Sicher spielt man nicht wahllos quer durch die Tonleiter, was einem gerade einfällt, da gibt´s doch bestimmt auch Regeln in Bezug auf die zu Grunde legende Melodie bzw. Harmonie.

Gespannt auf eure Antworten,

Stefan

Christian Prauschke Profilseite von , 08.11.2007, 20:56:48
zum einen kannst du auf die melodietöne schaun und dir die akkorde bzw skalen anschaun und schaun ob sie einen "gemeinsamen nenner" haben
(in blue bossa z.b. f moll penta bzw dorisch bis auf bei dem db)
Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 08.11.2007, 21:40:32

Hallo Stefan,

das haengt ziemlich stark von dem Stueck ab, da gibt es verschiedene Ansaetze.

Du kannst entweder akkordbezogen spielen, d.h. die Harmoniewechsel ausspielen, oder skalenbezogen spielen, was sich anbietet entweder bei "modalen" Stuecken mit fehlender oder reduzierter  harmonischer Bewegung, oder auch bei Stuecken wo du ueber weite Bereiche in einer Tonart bleibst, wie das Christian oben anspricht. Das nennt sich dann key-area improvisation, und oft kann man dann eine Pentatonik finden, die ueber die verschiedene Akkorde passt.

Die skalenbezogene Spielart ist gleichzeitig das modernere KOnzept und das von der Jazzpaedagogik favorisierte. Wobei das natuerlich ein Unterschied ist: Ein stueck wie So What ist fuer Anfaenger  hilfreich, weil sie halt mit zwei Skalen ueber die Runden kommen - was ausgekochte ImprovisiererInnen  mit so einer einfachen Struktur machen ist aber was ganz anderes - das ist ja deswegen so einfach geschrieben, damit es  maximalen FReiraum bietet, und den wahrzunehmen heisst natuerlich sich voellig von diesen beiden Skalen zu loesen.

Ich moechte Dir anraten, die Akkordton-Methode nicht zu vernachlaessigen. Du wirst feststellen, dass es viel schwerer ist, nur mit Akkordtoenen ein halbwegs musikalisch klingendes Solo zu spielen, als mit der Skalenmethode. Das liegt auch daran dass die Skalenmethode dir die Arbeit abnimmt: wenn du den Anfangston hast und keine Toene auslaesst ist die Linie erstmal schon von der Skala definbiert, egal ob du jetzt die einzelnen Toene "gehoermaessig sinnvoll" ueber dem entsprechenden Akkord einordnen kannst oder nicht, du spielst sie, aber das ist dann halt recht mechanisch. Das besser zu machen braucht Zeit und Entschicklung, auch deiner Ohren. Und wird super durch die Akkordtonmethode geschult, wo du zuerst nur die konsonanteren Akkordtoene nimmst wie Grdton, Terz, Quinte, dann auch Septimen und erst am Ende die "Extensions" - Nonen (9), Tredezimen(13), Undezimen(11). Natuerlich kannst du von anfang an auch mal einen anderen Ton spielen, wenn es in deinem Ohr ist.

Es ist wichtig, dass du die Akkordprogression hoeren/empfinden lernst. Abgesehen von Bass-spielen ist ein bisschen Klavierstudium sehr hilfreich, sowie aufmerksam Musik hoeren. Nimm z.B. die legendaeren Bill Evans Trio Aufnahmen Live at the villange Vanguard. Viele Real Book stuecke, aber als ich das Album zum ersten Mal gehoert habe, fiel es mir zum Teil schwer zu hoeren, wo diese Cats in der Form sind, einfach weil es ein sehr fortgeschrittenes Konzept ist. Hat mir viel gebracht, solchen Aufnahmen quasi mit leadsheet vor Augen zu hoeren.

 

Bon courage!

Armin

jlohse Profilseite von jlohse, 09.11.2007, 09:26:27
"(in blue bossa z.b. f moll penta bzw dorisch bis auf bei dem db)"
Bis heute ist mir unklar, worin der Vorteil der sog. Skalen liegt. M. E. reicht es aus, die funktionsharmonischen Zusammenhänge zu erkennen und dann in Tonarten und Akkorden zu denken (soweit man noch bewusst denkt - Ziel sollte ja eine weitgehenede Internalisierung und ein intuitives Spiel werden).
Wo ist denn der Unterschied zwischen Eb ionisch und F dorisch, wenn man bei der Impro weder auf Eb noch F anfängt? Das Tonmaterial ist doch das selbe, und die beiden Skalen unterscheiden sich nur durch den Anfangston, den man u.U. gar nicht benutzt ... ?!
Historisch gesehen haben die Skalen ihren Ursprung in den 60er Jahren – man kann also davon ausgehen, dass bei den meisten von uns bewunderten Aufnahmen sich auch niemand an Skalen orientiert hat.
Aber wenn's jemanden hilft ... die Mehrzahl der Kollegen scheint ja gut mit klarzukommen.
denisdn Profilseite von , 09.11.2007, 11:26:19
Also mir hat es unheimlich geholfen die Akkorde in allen möglichen Zerlegungen quer über das gesamte Griffbrett zu üben. Dazu spiele ich dann einfach chromatisch um die Akkordtöne und fertig. Wenn man dann noch die typischen Akkorfolgen kennt (II V I etc.) , kommt das eigentlich automatisch mit der Zeit. Rhytmisch kann man erst mal einfach Achtel spielen und dann, wenn man sicherer wird, varieren. Nach einiger Zeit lässt man immer mehr Töne weg und man bekommt ein Gefühl für melodische Phrasen.
Und ich warne vor den Sätzen "weniger ist mehr" oder "spiel nicht zuviel" oder "erzähl eine Geschichte mit deinem Solo". Zumindestens am Anfang blockiert das nämlich mehr als das es nutzt.
Und ich stimme Jonas zu: ich verstehe diese ganze Skalengeschichte auch überhaupt nicht.
Carol Kaye verfolgt auch diesen Ansatz und Ihre Bücher sind auch ein Tipp von mir. Obwohl ich sie manchmal etwas unverständlich notiert finde.
jlohse Profilseite von jlohse, 09.11.2007, 12:23:52
"Und ich stimme Jonas zu: ich verstehe diese ganze Skalengeschichte auch überhaupt nicht."
*Verstehen* tue ich das schon ;-)
Ich finde es nur umständlich, das leitereigene Tonmaterial in x Skalen aufzuteilen, die sich durch ihren Anfangston unterscheiden, von dem man dann aber ja gar nicht zwangsläufig seine Improvisation beginnt. Für mich ist das ein Umweg. Da aber die Skalen so verbreitet sind, das man annehmen könnte, Jazz ginge nicht ohne, ist es mir stets ein Anliegen, darauf hinzuweisen, das der Jazz und die Skalen *nicht* verheiratet sind. Sondern das dass nur eine von vielen möglichen Methoden ist, das Material zu strukturieren. Und natürlich gibt es auch nützliche Skalen, die auch ich mal geübt habe, so wie bestimmte Licks und Schnörkel auch. Als Basis-Vokabular.

Hilfreich ist es auch, Themen zu üben - auch bzw. gerade weil man das als Bassist ja sonst nicht macht. Das Schwierige am Basssolo ist ja mitunter, dass kein Bass mehr da ist, der einen begleitet. Deswegen macht es nichts, wenn man viel näher an der Melodie und den Akkorden bleibt, als es sich ein Bläser erlauben kann. Im Gegenteil. Durch Melodie-Zitate und deutliches Ausspielen der Akkorde bleibt die Struktur des Stückes klarer erkennbar, was einem selbst und den Mitmusikern hilft, "drin" zu bleiben.
denisdn Profilseite von , 09.11.2007, 14:46:38
Naja, ich verstehe es wirklich nicht...
Bin aber auch generell einfacher strukturiert...wo ist denn jetzt der Bieröffner...ach da...unter dem neuen Playboy lag er...
Gut Leute, ich muss Schluss machen Olli Geißen fängt an...
Marcel Profilseite von Marcel, 09.11.2007, 16:54:58
"Historisch gesehen haben die Skalen ihren Ursprung in den 60er Jahren"

Wie bitte? Schon mal überlegt, warum die Dinger Kirchentonarten heißen? In den 60er Jahren gabs schon atonale Musik, 12-Ton-Reihen usw., Kirchentonarten sind ein ganz klein wenig älter. Oder willst Du behaupten, dass z.B. Arnold Schönberg, dessen Harmonielehre (übrigens ein Must-Have) 1922 erschienen ist, von Kirchentonarten noch nichts gewusst hat???

Wo Du allerdings recht haben dürftest ist, dass Leute wie Paul Chambers wahrscheinlich nicht so theorethisch gedacht haben, wie das heute vermittelt wird. Ich finde trotzdem, dass es nie verkehrt ist, zu wissen, was man tut, und mit dem nötigen Hintergrundwissen kann man sich all die geilen Sachen, die Jungs damals so gespielt haben, auch sehr viel leichter und schneller erschliessen. Abgesehen davon, dass richtig abstrakter Sachen dann kaum noch spielbar bzw. für einen selbst hörbar sind, und man muss ja stilistisch nicht unbedingt in den 60er Jahren stehen bleiben.

Der Unterschied zwischen Eb ionisch und F dorisch sind übrigens die Akkordtöne, und auf dem harmonischen Dreiklangs- bzw. Vierklangs-Prinzip baut die westliche Musik nun einmal auf.
jlohse Profilseite von jlohse, 09.11.2007, 17:33:18
Die historischen Kirchentonarten sind ja was anderes als das, was heute den "Jazz-Harmonielehren" darunter verstanden wird. (Kann man schnell bei Wikipedia nachschlagen, ich spar mir nähere Ausführungen dazu, weil ich das eigentlich selbst nicht so genau weiß: http://de.wikipedia.org/wiki/Kirchentonart).
Die "Jazz-Skalen" gehen auf einen Amerikaner zurück, ich glaube er hieß Roussel, der dazu in der 1960er Jahren etwas zu verfasst hat und damit das begründet hat, was heute in fast jeder Harmonielehre steht (ohne das jemals auf diese Quelle verwiesen würde). Das kam zu der Zeit auf, als Miles Davis das "Modale Spiel" geprägt hat ("So what"). Atonale Musik und 12-Ton-Musik hat meines Erachtens eher weniger damit zu tun. Das ist doch eine ganz andere Baustelle. Welcher amerikanische Jazzmusiker hat wohl schon dieses verkopfte Zeug gehört, um sich zu den umwälzenden Errungenschaften des Bebop inspirieren zu lassen? Niemand, wette ich.
Deinen letzten Satz verstehe ich nicht – kannst Du den nochmal erläutern? Aus welchen Tönen besteht denn Eb ionisch, und F dorisch?
jlohse Profilseite von jlohse, 09.11.2007, 18:09:17
hab's gefunden: George Russell heißt der Gute. http://www.lydianchromaticconcept.com
jlohse Profilseite von jlohse, 09.11.2007, 18:45:52
na sowas, steht ja weiter unten schon, ich Blindfisch ....
FelixHubert Profilseite von FelixHubert, 09.11.2007, 21:30:09

"Welcher amerikanische Jazzmusiker hat wohl schon dieses verkopfte Zeug gehört, um sich zu den umwälzenden Errungenschaften des Bebop inspirieren zu lassen? Niemand, wette ich."

Wieso behauptest du sowas? Bill Evans und (insbesondre in Bezug auf Schönberg) Charles Mingus haben sich sehr intensiv mit 12 Tonmusik und Atonaler Musik auseinandergesetzt um nur 2 Beispiele zu nennen. Von Bill Evans gibt es sogar mehrere offensichtlich inspirierte Stücke ( z.B. Twelve Tone Tune Two, T.T.T.T). Und Charles Mingus hat an einem College mehrere Jahre klassischen Kontrabass und Komposition studiert und sich sogar in Interviews auf Schönberg bezogen (man muss ich nur die Doku "Beneath the Underdog anschauen).

Ohne dich persönlich angreifen zu wollen finde ich deine Anschauung genauso abwertend und geringschätzig wie die von pikierten Klassikliebhabern die meinen Jazz wäre keine Musik.

jlohse Profilseite von jlohse, 09.11.2007, 23:05:34
Bill Evans, der übrigens mein Lieblingspianist ist, würde ich nicht als Bebop-Pionier bezeichnen. Ich dachte bei meiner Aussage an Leute Charlie Parker, an die Jungs der 52nd St., wozu man wiederum Charlie Mingus durchaus zählen kann. Charlie Parker hörte recht gerne Opern (deren Ästhetik mir absolut nicht zugänglich ist), aber hat sich das nachhaltig auf den Jazz ausgewirkt? ich glaube nicht. Und zwischen 12-Ton-Musik und Bebop kann ich eigentlich nur einen zeitlichen Zusammenhang erkennen. Die Triebkraft des Jazz ist ganz eindeutig nicht Schönberg oder die 12-Ton-Musik.

Ich finde, die europäische klassische Musik (des 20. Jhdts) hat dem amerikanischen Jazz nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen - da mag ich durchaus etwas radikal sein. 12-Ton-Musik ist eine interessante intellektuelle Spielerei, die allerdings wenig Einfluss auf die weitere Entwicklung der Musik gehabt hat - verglichen mit dem Jazz. Finde ich. Insofern bin ich da schon ein wenig abwertend, ja. Ich finde das aber nicht schlimm. Sollte man denn alles gleich gerne mögen? Oder alles gleich wertschätzen, nur weil es Kunst ist? Gefällt Dir jede Installation auf der documenta?
Es ist nicht so, dass ich klassische Musik(er) verachte oder doof finde. Ich finde Jazz aber einfach besser, bzw. aufgrund seiner revolutionären Kraft überlegen. (Bevor das jetzt jemand missversteht: die Musik, nicht die Musiker im Allgemeinen. Und ja: ich weiß, die Ausgangsfrage war eine ganz andere und wir sind vom Thema abkommen. So what ;-)
Um jetzt nochmal den (politischen) Zusammenhang herzustellen: mir sind Versuche, den amerikanischen Jazz auf die europäische Klassik zurückzuführen, per se suspekt. Es waren die schwarzen Amerikaner, die den Jazz geschaffen haben (während sich auf der anderen Seite des Ozeans Leute die 12-Ton-Musik etc. ausgedacht haben). Und deswegen muss man das trennen: der Jazz entstand nicht auf der Basis von europäischen Kirchentonarten. Das ist lediglich ein Konstrukt, mit dem im historischen Nachhinein musikalische Zusammenhänge erklärt bzw. erlernbar gemacht werden sollten.
FelixHubert Profilseite von FelixHubert, 09.11.2007, 23:34:04

Hallo Jonas,

Ich geb dir in sofern Recht, dass die Modale Spielweise nicht von den Kirchentonleitern der europäischen Klassischen Musik "abgeschaut" ist, aber der Jazz basiert in einem nicht geringem Maß auf deren Harmonik. es wäre einfach dreist etwas anderes zu behaupten. Und auch die typischen Jazzkadenzen haben ihren Ursprung in der klassischen Harmonielehre.  Du musst jetzt nicht denken dass ich keinen Jazz mag, ganz das Gegenteil ist der Fall, ich studiere Jazz-Kontrabass in Saarbrücken und hab eigentlich sogar mit Klassik nix am Hut, aber ich ärgere mich manchmal so sehr über die Borniertheit von irgendwelchen Klassikprofessoren (neulich hat jemand bei der Generalversammlung allen Ernstes unsere Hochschule in "Hochschule für Musik und Jazz" umbenennen wollen) dass es mich mittlerweile genauso ärgert wenn ich Jazzmusiker abwertend und Vorurteilsbehaftet reden höre. Dann seh ich vor meinem inneren Auge immer 2 alte Männer, der eine in Konzertrobe, der andere etwas légerer gekleidet die ansonsten genau gleich aussehen und sich wild keifend streiten ob jetzt das Huhn oder das Ei zu erst da gewesen wäre. Was man lieber mag ist ja jedem selbst überlassen, aber ich finde man muss aufpassen wenn man schon umbedingt mit Halbwahrheiten um sich werfen will, keinen dabei unsachlich zu treffen.

jlohse Profilseite von jlohse, 10.11.2007, 00:19:16
Hallo, Felix,
der Jazz ist natürlich nicht plötzlich vom Himmel gefallen, sondern fußt schon auch auf dem, was da war. Das fängt z.B. mit dem fast durchweg europäischen Instrumentarium an. Aber Ehre, wem Ehre gebührt, deswegen bringe ich es nochmal auf den Punkt: es waren die schwarzen Amerikaner, nicht Schönberg und Kollegen. Und wenn Du schreibst, "die typischen Jazzkadenzen haben ihren Ursprung in der klassischen Harmonielehre", dann ist das zumindest missverständlich. Denn die Jazzpioniere haben sich vielleicht der Harmonik bedient – in der überwältigen Mehrzahl jedoch nicht mit der klassischen Harmonie*lehre* auseinandergesetzt, oder gar Jazzkadenzen aus ihr hergeleitet. Was Du vielleicht meinst ist, dass man die klassische Harmonielehre heranziehen kann, um den Jazz (aus europäischer Sicht) harmonisch zu erklären und einzuordnen. Und dass ihre Gesetzmäßigkeiten und die Harmonik unbewusst (!) genutzt wurden und so zu einem Teil des Jazz wurden, wie die Einflüsse afrikanischer Rhythmen auch. Wobei die wichtige "Erfindung" der Blue Note wiederum ein Alleinstellungsmerkmal des Jazz sein dürfte.
(Was genau hat Dich eigentlich unsachlich getroffen? "verkopftes Zeug" ist doch eine harmlose Formulierung gewesen.)
Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 10.11.2007, 13:18:12

Na da muss ich aber auch fuer den alten Arnold eine Lanze brechen. Jede Musik hat zunaechst einmal eine ihr eigene Aesthetik, und wenn man sich da nicht reingehoert hat, bekommt man in  der Regel wenig mit , worum es eigentlich geht.  Ich finde auf Schoenberg passt "verkopft" nicht so besonders. Schoenberg kommt klar aus der Spaetromantik, und seine Fruehwerke sind mir persoenlich zu suesslich, z.B. die Gurrelieder. Dann hatte er eine expressionistische Phase, in der er zunehmend die Tonalitaet aufgegeben hat, aber noch nicht konsequent in Reihentechnik komponiert hat. Hoert euch  mal seine "sechs Klavierstuecke, op 19" an - dauert insgesamt nur gut fuenf Minuten - wenn das nicht geniale Musik ist weiss ich nicht was sonst. Sein 2. Streichquartett mit Singstimme im vierten Satz kann man fast als Vorlauefer des Space-Rock bezeichnen ;-). Naja, und dann kam halt die 12-Ton Technik. Die wird oft missverstanden - es ist durchaus kein Kochrezept nachdem man Kompositionen mit dem Rechenschieber erstellt. Es geht eher darum wie sich melodische Linien kontrapunktisch entwickeln koennen - die Verfahren wie Transposition, Krebsumklehrung usw. kann man z.T. bis in die Barockmusik zurueckverfolgen. Werke von Schoenberg in 12-Ton Technik und seiner Schueler klingen voellig anders.

Zurueck zum Jazz und improvisierter Musik. 12-Ton Technik ist denkbar ungeeignet fuer die Improvisation- wer kann sich schon eine zwoelftonreihe merken, und diese dann im Kopf transponieren umkehren ruekcwaerts spielen usw. Trotzdem haben sich wie oben schon gesagt Jazzmusiker damit beschaeftigt, mir faellt noch Dolphy ein und das Thema von Red Planet / Miles' Mode (credited to Coltrane auf dessen Live @Village Vanguard, aber fast sicher aus Dolphy's Feder). Lennie Tristano waere vielleicht jemand, der von Schoenberg beeinflusst sein koennte.

Abgesehen von 12-Ton Technik gibt die Moderne aber schon einiges her fuer Jazz - Mingus, der oben erwaehnt wurde, ist klar von Impressionisten wie Debussy beeinflusst, meiner Ansicht nach aber auch von Stravinkys Schablonen-Technik. McCoy Tyners Voicings kommen ebenfalls aus der impressionistischen Ecke, und Coltrane hat aus dem Phrasen-Kompendium des Edgar Varese Schuelers Nicolas Slonimsky geuebt "Thesaurus of Scales and Melodic Pattrerns" gibt's bei Amazon usa als Paperback. Das ist fuer jede(n) der/die irgendwie mal neue Blickwinkel sucht echt interessant -  fast reine Mathematik. Basiert darauf, die Oktave (oder Distanzen von mehreren Oktaven) in gleiche Abschnitte zu unterteilen (z.B. Trityonus=2-teilung, Gr. Terz=Dreiteiolung usw) und dann weitere Noten in den Abschnitten systematisch zu addieren. Klingt zum Teil zappaesk - na ja klar, old Frankie Boy war ja auch ein grosser Varese Fan und hat den spaeten Slonimsky gekannt. Warnung:  nicht alles in diesem Buch ist einfach (oder ueberhaupt...) auf einem Kontrabass spielbar.

Wo wir schonmal dabei sind, Hindemiths "Unterweisung im Tonsatz" hatte ich in irgendeiner Jazzschule empfohlen gesehen und mir dann gekauft, ist aber echt harte KOst, der altmodische Schreibstil hat z.T. zwar Unterhaltungswert, doch basiert das Buch auf einer sehr Klassik-orientierten Aesthetik, d.h. wenn er mit Beispielen kommt, dieses klingt gut, jenes nicht, komme ich nicht mit, hoere ich nicht so.   Naja, das war ja auch der spaete Hindemith, der in den Schoss der Tonalitaet zurueckgekehr war: ueber -zig Seiten  wird gewettert gegen die  ganzen verkopften Konstrukte der Debussys und Schoenbergs. Nein Jonas, ich denke trotzdem nicht dass das ein Buch fuer dich waere. ;-) Hindemith entwickelt hier ein Schema zur einteilung aller erdenklichen Akkorde in verschiedene Gueteklassen, und sozusagen alle im Jazz gebraeuchlichen Akorde sind nach diesem Schema extrem minderwertige Ware...

Ich denke was die Attraktion von Jazz im Kern ausmacht ist  eine bestimmte Aesthetik, die offensichtlich was mit Rhythmus zu tun hat, aber auch mit Koerpergefuehl und einer gelassenen Einstelllung: Es soll leicht klingen, also nicht die per Notentext verordnete Dramatik der europaeischen Kunstmusik. Ansonsten stammt das melodisch/harmonische Material des Jazz klar aus der europaeischen KUnstmusik - wie konsonant oder dissonant das jetzt ausfaellt, haengt sicher vom Jazzstil ab. Wer sehr traditionell orientiert ist, fuer den sind sicher die oben genannten Komponisten und Buecher Zeitverschendung. Klar, die Avantgarde der 60er hatte es schwer, selbst Coltrane wurde von Kritikern mit heute laecherlich klingenden Anfeindungen fertig gemacht: Antijazz und Nihilismus sei es, was sein Village Vanguard Quintett mit Dolphy da verzapfe. Gut, sehen vielleicht manche auch heute noch so, aber abgesehen davon, wo jede(r) seine/ihre Geschmacksgrenzen definiert,  kann es auch als Jazzmusiker bereicherrnd sein sich mit unserer europaeischen Musiktradition inklusive Moderne auseinanderzusetzen. Was nicht heissen soll, dass ich zu dieser Tradition ein ungebrochenes Verhaeltnis haette. Trotzdem gibt es viel zu entdecken , kann echt Spass machen .

FelixHubert Profilseite von FelixHubert, 09.11.2007, 13:52:48

Als nochmal zu All Blues. Ich musste auch etwas staunen als ich gelesen hab das dein Lehrer dir erzählt du könntest G-Dorisch über G7 spielen.

Wenn du in Skalen denken wilsst dann wäre über G7 G-mixo die "richtige Skala". Auch eine E- Mollbluespentatonik wäre denkbar.  Allerdings ist es anfänglich nicht ratsam einen anderen Grundton zu denken. Solange du auf G7 bist dann denk auch in G. Es ist hilfreich z.B. mit G die 1 zu markieren und klingt dann auch so das alle hören das du noch in der Form bist. Ein wenig vereinfacht kann man sagen das Mixolydisch immer für einen Dominant 7 Akkord steht, z.B. C7 = C mixo usw. Wenn du das Gefühl hast das dein Lehrer auch keine Ahnung hat, dann wäre es ratsam dich mal nach einem neuen Lehrer umzuschauen. Es muss dabei nicht umbedingt ein studierter Musiker sein, aber das ist zumindest ein Garant dafür das ihm solche Anfängerfehler nicht unterlaufen. Es gibt leider immer wieder Instrumentallehrer die ohne Ahnung zu haben unterrichten und dabei mehr Schaden anrichten als zu helfen

Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 09.11.2007, 16:44:30

Naja, mit der Skalentheorie ist halt geoeffnet worden, was man auf Englisch "a right can of worms" nennt.

Eigentlich geht das ja auf so Leute wie Gil Evans und George Russell zurueck, letzterer hat ja ein beruehmtes Buch geschrieben dass momentan gerade wieder aufgelegt wurde "The Lydian chromatic concept of tonal organisation". Leider etwas teuer, wurde gerade runtergesetzt auf £ 79.- , super Sonderangebot, oder?

http://www.jazzwise.com/catalog/product_info.php?cPath=23&products_id=857

Von daher kann ich auch nicht genau sagen, wo es in dem Buch drum geht, aber aus 2. Hand denke ich (spielte mal mit einem russischen Ausnahme Gittaristen, der auf das Buch schwoerte, welches in der SU als Abschriften kursierte) es geht um Skalensubstitutionen, die zwar dissonant sind, aber wo alle Skalentoene doch ueber dem Akkord klinegn,  wie zum Beispiel lydsich anstatt ionisch, oder mixolydisch #11 anstelle von mixolydisch. Ein F hoert sich unaufgeloest ueber einem C-Durakkord an wie A.... auf eimer, ein Fis zwar diossonant, aber interessant. Und das ist dann schon was anderes als in Akkordtoienen denken - dabei kommt halt diese schwebende gemaessigte Dissonanz a la Bill Evans raus, oder Miles, oder o.g. Big Band Arrangeuren. Erweitert dann in den bitonalen Bereich von Coltrane, Paul Bley und wer ein Buch sucht was einen fuer ein paar Jahre beschaeftigen kann, David Liebman, A chromatic approach to Jazz Harmony and Melody

http://www.jazzwise.com/catalog/product_info.php?products_id=1116

Das geht halt stilistisch in eine bestimmte Richtung, ist nicht unbedingt ein Anfaenger geeignetes Konzept, und eignet sich nicht unbedingt fuer straight ahead bebop oder swing Stuecke. Ausserdem sind Skalen ihrer Natur nach nicht unbedingt Bassgeeignet . Es sei denn man heisst Scott La faro. A propros, ich weiss nicht ob Ihr, Denis und Jonas, da anderer Meinung seid, aber ich finde schon dass z.B. La Faro sehr klar skalenorientiert spielt.

 

jlohse Profilseite von jlohse, 09.11.2007, 19:03:08
" aber ich finde schon dass z.B. La Faro sehr klar skalenorientiert spielt."
Das kann man durchaus so sehen. Allerdings glaube ich kaum, dass er selbst das so eingeschätzt hätte - das ist aber ja zugegebener Maßen eine andere Fragestellung. La Faro war ja ein großer Fan von Sonny Rollins, und spielte zunächst auch Tenorsax, bevor er (gottlob) den Bass entdeckte. Ich glaube, dass er einfach über den Versuch, horn-like zu spielen, zu dem kam, was man heute im Vergleich zu der akkorbezogenen Spielweise seiner Zeitgenossen als skalenbezogen bechreiben kann. Wobei gut möglich ist, dass er Russels Ansatz schon kannte: La Faro war ja der Avantgarde seiner Zeit sehr zugetan bzw. ein Teil dieser.
Aber wie Du m.E. richtig schreibst: auf dem Bass, zumal als Beginner, geht es erstmal um Anderes. Eben eher akkordbezogenes Spiel.
denisdn Profilseite von denisdn, 09.11.2007, 20:39:02

Genauso sehe ich das auch. Aber er hat auch genauso viel chromatisch gespielt und Akkorde (sowie Autos)  zerlegt. Letzendlich hattte er aber unglaubliche Ideen und viel Musikalität. Wahrscheinlich hat er einfach das gespielt was er innerlich gehört hat. Wie man das jetzt analytisch und musiktheoretisch nennt ist doch wurscht. 12 Töne stehen uns allen zurVerfügung. Nur kombiniert sie jeder anders.

jlohse Profilseite von jlohse, 09.11.2007, 23:15:20
"Spielen, was man innerlich hört" ist ja eine übliche Beschreibung des Ziels, was wir glaube ich alle vor Augen haben. Manche erreichen es mit Skalen, manche ohne - letztendlich geht es m.E. darum, soweit zu kommen, das alles wieder zu vergessen und einfach nur zu spielen. So, als ob man seine Muttersprache sprechen würde. Es ist ja durchaus mit dem Sprachenlernen vergleichbar: anfangs lernt man Grammatik, Vokabeln, Floskeln, Aussprache – und irgendwann parliert man dann drauf los und denkt nicht weiter drüber nach.
FelixHubert Profilseite von FelixHubert, 10.11.2007, 02:22:57

Mist, ich habe gerade einen 1000 Seitenlangen Antworttext geschrieben und bin auf die falsche Taste gekommen :-)

Jonas, mich hat nur deine Denkstruktur bzw. deine Antihaltung genervt, ich wollte dich nicht anfeinden, entschuldigung wenn das evtl. so ankam.

Wusstest du z.B. dass Scott Joplin Kompositionsunterricht bei einem Deutschen hatte. Außerdem waren nicht alle Jazzmusiker in Musiktheoriefragen so unbedarft wie es gerne dargestellt wird. Die im Jazz nicht unbedeutende Gruppe der französischstämmigen dunkelhäutigen Kreolen (wie z.B. Kid Ory oder Sidney Bechet) hatten oft eine gute musikalische Ausbildung bei Hauslehrern oder in der Kirche genossen.

Im Prinzip ist ja doch einfach alles subjektiv. Du wirst wenig Professoren für alte Musik finden die dir nicht 1000 Gründe liefern warum ihre Musik besser ist als deine.

Was für mich den Jazz so besonders macht ist der Sound und den findet man in keiner andern Musik so vordergründig. Das ist auch meiner Meinung nach die größte Errungenschafft des Jazz. Es gibt in beiden Musikstilen wunderbare Melodien und wenn man das als Qualitätsmerkmal sieht unterscheiden sich Zeitgenösse Jazzstücke mitunter auch nicht in ihrer komplexität von Klassischen. Wichtig ist für mich nur nicht alles schlecht zu machen was man nicht begreifen kann und auch im Jazz gibt es verkopfte Denkweisen. Wenn Charlie Parker keine Opern gehört hätte, wäre er evtl. auch nicht auf genau die Melodien gekommen.

Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 10.11.2007, 14:42:02

Lebhafte Diskussion, und mir faellt auch noch was ein.

Jonas, Du hast oben Jazz revolutionaer genannt und auf der anderen Seite die Relevanz von Neuer Musik bezweifelt. Beide Ansichten kann ich nicht teilen. Jazz ist meiner Ansicht nach heute ziemlich konservativ geworden.  Wenn man sich alleine am Musikpublikum orientiert, so sind sowohl Jazz als auch Klassik Musik fuer Minderheiten. In beiden gibt es traditionalisten und modernisten, aber Neue Musik hat auch ihr Publikum, und ich waere mir gar nicht mal so sicher, ob sich mehr Leute fuer Jazz interessieren. Z.B. waren kuerzlich zwei Konzerte in Glasgow, einmal Ligeti, und dann Andriessen, zwar nicht ausverkauft, aber doch sehr gut besucht - und gespielt hat das schottische Nachwuchsorchester - also keine Stars. Wobei Schoenberg und Zeitgenossen, also klassische Moderne, heute Teil des Repertoirs sind. Will sagen, auch wenn das Abonnentenpublikum vielleicht wegbleibt, hat die Klassische Moderne sicher mehr Publikum als Neue Musik im engeren Sinne

Christ.oph Profilseite von , 10.11.2007, 16:00:22
Das ist ja mal eine interessante Debatte, so ganz ohne Equipmentfetischismus und GAS-Anfall. Sehr schön.

Ein paar Kleinigkeiten möchte ich einwerfen die so bisher noch nicht in der Diskussion aufgetaucht sind:

Vom Bebopper Charlie Parker weiss man, dass er den Kontakt zu Schönberg suchte (der nach seiner Emigration in L.A. landete) und seine Arbeiten sehr schätzte. Das wäre, lieber Jonas, ein glatter Punktgewinn für mich hätte ich deine oben formulierte diesbezügliche Wette angenommen.

Es gab also sehr Wohl Verbindungen, aber das haben andere ja schon erläutert. Schönberg wiederum wollte, da war er ganz weißer Rassist, von diesem "Neger" nichts wissen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass da jemand mit einem eher klassikuntypischen Instrument dabei war, eine Musikrevolution loszutreten.


Zum Verhältnis Jazz vs. (vermeintliche) europäische Wurzeln verweise ich gerne auf eine Studie (der Autor fällt mir aktuell nicht ein) zur französischen Kirchenmusik des 16. - 18. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit wurde speziell diese Musik im Stile der sogenannten "Inégalité" phrasiert, was bedeutet: in einer Kette aufeinander folgender Achtelnoten wurden diese nicht gleichmäßig gespielt, sondern als Folge einer längeren und einer kürzeren Achtelnote, etwa im Verhältnis 2:1, man nennt das heutzutage "swingend". Dazu kommt, dass sich temperierte Stimmungen längst noch nicht überall etabliert hatten, und gerade bei Orgeln findet man auch heute noch immer mal wieder in allertiefster Provinz rein gestimmte Instrumente, die eine vollkommen andere Obertonstruktur haben und deshalb auch erheblich schräger klingen als moderne genormte Kisten. Da ist die #9 quasi werksseitig eingebaut.

Und was hat das mit Jazz zu tun??? Nun, der Jazz hat seine Wiege in New Orleans, Neuf Orléans hieß das damals, und man muss davon ausgehen, dass auch schwarze Sklaven beim sonntäglichen Kirchgang mit der Inégalité und der recht scharfen Harmonik französischer Orgelmusik in Kontakt kamen. Nicht selten hatte der (französische) Gutsbesitzer eine kleine Heimorgel in seiner Villa, auch das eine mögliche Schnittstelle. Die Jazzforschung steckt in diesem Punkt noch in den Anfängen, ich bin ganz gespannt, was sich da noch ergibt.


Zu dem in Saarbrücken (oder sonstwo) Jazz studierenden Kollegen möchte ich anmerken: niemand studiert Jazz, das geht nicht. Es gab und gibt keine einzige Jazzhochschule, hierzulande nicht, in des Jazzes Mutterland auch nicht. Sehr wohl gibt es Hochschulen, die selbiges suggerieren und eine größer werdende Zahl von Studenten, die darauf reinfallen. Jazz von seinem sozialen Kontext zu lösen und eine nach weißer Herren-Logik strukturierte Musikform daraus machen zu wollen führt zu sofortiger Abwesenheit von Jazz. Jazz wurde auf der Straße erfunden, in learning-by-doing Verfahren von einer Generation zur nächsten weitergegeben und im tagtäglichen Spiel weiter verfeinert. In einer Zeit, zu der Jazzprofessoren einen Gig im Monat anstatt zwei am Tag haben sollte man sich davor hüten zu glauben, man befinde sich in einem jazztypischen work-in-progress-Kontext. Jazz ist Geschichte, seit er seine Popularität und die Musiker ihre Arbeitsmöglichkeiten verloren haben. Man sollte für das, was nach (ungefähr) 1960 kam einfach einen neuen Begriff suchen.

Die Jazzskalentheorien sind eine Kopfgeburt von Leuten, die für ihre Dozententätigkeit, die sie in Ermangelung einer anderen ausüben müssen, eine Rechtfertigung suchen. Ich empfehle neben einer motivischen Arbeit eine Art erweiterte Walkingline, also das Verbinden von Punkten miteinander so, dass eine schlüssige Linie daraus entsteht. Erlaubt ist, was gefällt, da hat jeder andere Preferenzen. Solange man richtig phrasiert ist man ohnehin auf der Siegerseite. Parker-Themen üben halte ich auch für eine gute Sache. Wer unbedingt ein Buch lesen will: Pöhlert, Grundlagenharmonik, speziell die Kapitel zum Quintfall. Der Rest ist Zeitverschwendung.
jlohse Profilseite von jlohse, 10.11.2007, 16:48:04
Ich möchte zunächst nochmal dem Eindruck entgegentreten, ich würde klassische Musik geringschätzen. Dem ist nicht so, ich stehe ihr emotional nur relativ gleichgültig gegenüber. Verglichen zu meiner Liebe zum Jazz. (Ich bin mit klassischer Musik aufgewachsen, kenne sie also recht gut - und leiste mir deswegen ganz kühn diese Alters-Ignoranz ;-) Und ganz sicherlich gibt es zahlreiche interessante Querverbindungen von Jazz-Musikern zur ihren klassischen Zeitgenossen. ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass diese nicht "kamfentscheidend" zur Entwicklung des Jazz beigetragen haben. Ich sehe hier die Tendenz bzw die Gefahr, den eigentlichen Jazz-Pionieren ihre Lorbeeren streitig zu machen. Ganz unverhohlene Versuche mit dieser Intention gibt es ja in der Musikgeschichte/Musikkritik zuhauf. @Crist.oph: besonders in den letzten beiden Absätzen habe ich einige meiner Standpunkte wiedererkannt. Wobei ich nichts gegen das Jazzstudieren an sich habe, es gibt reichlich sinnlosere Beschäftigungen. Die Skalentheorie ist ja heute de facto ein Synonym für Jazzdidaktik – da ist es mir einfach wichtig, hin und wieder auf ein paar historische Zusammenhänge hinzuweisen, denn Anfänger könnten sonst leicht den Eindruck bekommen, ohne Skalen ginge Jazz nicht. @Basstölpel: Jazz nicht revolutionär? Also wenn Jazz nicht die Musik des 20 Jhdts maßgeblich geprägt und umgewälzt hat, dann weiß ich nicht, was da sonst noch hätte passieren müssen. Mit dem heutigen Publikumszuspruch ist das natürlich so eine Sache, das wissen wir ja alle :-( Aber erstens war das nicht immer so (Swing-Ära!), und zweitens lässt sich die Relevanz des Jazz ja auch daran ablesen, dass praktisch die gesamte Pop- und Rock-Musik ohne den jazz so nicht existieren würde. Ohne den Jazz käme heute im Dudelfunk vielleicht den ganzen Tag Marschmusik (... wobei das bei manchen Sendern vielleicht gar kein so schlechter Tausch wäre.)
FelixHubert Profilseite von FelixHubert, 10.11.2007, 18:19:35

Hallo Christ.oph,

 

Warum sollte ich auf etwas reingefallen sein? Ich studiere "Jazz und aktuelle Musik" weil ich darin die Möglichkeit sehe 4-5 Jahre Zeit zu haben mich künstlerisch zu entwickeln und bei wesentlich erfahreneren Jazzmusikern Hilfe dabei zu bekommen. Ich wünsche mir nichts mehr als Musik zu meinem Beruf zu machen und warum sollte ich nicht die Möglichkeit nutzen es mir ein wenig leichter zu machen? Unabhänig davon bin ich mit meinem Dozenten sehr zufrieden und habe bereits viel bei ihm gelernt. Ich werde mich später wohl nicht darauf beschränken "nur" Jazz zu spielen. Für mich ist es nicht wichtig wie man die Musik nennt die ich dann mache und ich finde das mir ein Musikstudium sehr weiterhelfen kann (vorrausgesetzt ich nutze es sinnvoll) mich auf ein musikalisches Niveau zu bringen, das es mir leichter macht mir neue Stilistiken und neues Vokabular zu erschließen. Außerdem werde ich wohl darauf angewiesen sein zu unterrichten und mit einem Hochschulabschluss öffnen sich einfach viel mehr Türen um die man sonst kämpfen müsste.

C.hristoph Profilseite von , 11.11.2007, 14:57:54
Hallo Felix,

ich wollte dir nicht zu nahe treten, natürlich gibt es rationale Gründe für die Aufnahme eines Musikstudiums.

Wenn es dir um einen Musikschullehrerzugangsberechtigungsschein geht: jawoll, studieren, sonst geht da nix. Da würde ich aber immer ein klassisches IP-Studium bevorzugen und möglichst viele Zusatzscheine (Musikkindergarten,.....) machen. Das sogenannte Jazzstudium ist für die Arbeit in einer Musikschule zu einseitig.

Wenn es dir um Jazz und allgemein musikalische Entwicklung geht: mach ´ne Band auf, spiele täglich, stürze dich ins kalte Wasser des Marktes der knappen Möglichkeiten. Da lernst du was, nicht an der MuHo.

Und, ganz ernsthaft: der Taxischein an und für sich wird von den deutschen Musikhochschulen immer noch unterschätzt, sie haben ihn immer noch nicht im Programm!!!!!!!!!
Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 10.11.2007, 20:11:06

@Jonas. Wollte nicht sagen, dass Jazz nie revolutionaer war, sondern es heutzutage nicht mehr ist. Mir ist auch nicht ganz klar, wie Du das meinst. Grade der "revolutionaere" Bebop hat doch klar einen Einfluss europaeischer KUnstmusik, besonders ihrer harmonischen Neuerungen seit der Romantik. Und damit , bzw. mit dem Aufstieg von R'n'B., ging auch die Entfremdung des Jazz von seinen Roots in der afroamerikanischen Subkultur los - meiner Ansicht war dann die Avantgarde der 60er eine Ausweitung des gleichen Prozesses, aber gleichzeitig war sie auch gesellschaftlicher Protest bzw Utopie, leider wie manches andere in der Zeit gescheitert. Verstehe nicht, wieso du in dem Versuch, muskgeschichtliche Verbindungen aufzudecken, den Versuch einer Entwertung des Jazz siehst. Sicher ist Jazz eine eigenstaedige Kunstform, und wenn er geschafft hat verschiedene Einfluesse zu absorbieren ohne seine Identitaet zu verlieren, so ist das doch nur Beweis der Eigenstaendigkeit.

@Chris.toph. Wenn Schoenberg Parker gering geschaetzt hat, kann es schon sein das es Rassismus war, hast du denn da eine Quelle? Allein das Wort Neger muss aber nicht Rassismus gewesen sein, das war damals nicht unbedingt diffamierend, auch wenn natuerlich Vorurteile und Rassismus tiefer in der Gesellschaft verwurzelt waren. Kann auch "nur" Arroganz des Klassikers gewesen sein. Wobei beides sich nicht gegenseitig ausschliesst und des weiteren auch Liebe zum Jazz nicht ausschliesst. Erschreckendes Zitat aus Kurt Honolka, Weltgeschichte der Musik, Eltvill am Rhein, 1976

Das muss ueberhaupt als erstes vermerkt werden, dass die Neger nicht nur besonders musizierfreudig, sondern auch ausserordentlich musikbegabt sind. Diese Tatsache wird niemanden ueberaschen - angesichst der bewudnernswerten Neuschoepfung einer musikalischen Gattung in unserem Jahrhundert,des Jazz, der besser als alles andere fuer diese Begabung zeugen kann. Es gibt eine Reihe von Eigenarten, die trotz vieler Unterschiede im einzelnen alle Negergruppen verbinden und das unverkennbar Negerische der afrikanischen Musik ausmacht. Dazu gehoert zuerst die ueberagende Stellung des Rhythmus, die offenbar auf besonderen physiologischen Voraussetzungen bei den Negern beruht.

Da habt ihrs. Sind sie nicht niedlich, die Eingeborenen. Leider ist alles nur phyisologie, und beweist, erstens ist Jazz und andere Negermusik keine Kunst, sondern Instinkt (um nicht trieb zu sagen) und zweitens koennen Weisse keine Jazz spielen, und drttens braucht man fuer Jazz keinerlei Theorie, sondern nur die richtigen Gene, und kann es drum auch gar nicht lernen. Also was soll dieser THerad.

denisdn Profilseite von denisdn, 10.11.2007, 21:05:57

Hat Schönberg eigentlich Darm- oder Stahlsaiten benuzt?

jlohse Profilseite von jlohse, 10.11.2007, 21:15:35
Muss wohl Darm gewesen sein. Der Stahl wurde zu seiner Zeit für unfriedliche Zwecke benötigt.
Ich habe auch noch ein schönes Zitat: http://www.kontrabassblog.de/?p=328 Was sagt eigentlich StefanE zu der Diskussion? nicht, das er vor Schreck den Bass an den Nagel hängt ...
denisdn Profilseite von denisdn, 10.11.2007, 21:24:26

Hi,hi.Der liegt zitternd und wimmernd eingerollt in seiner Basstasche und verflucht es diesen Thread eröffnet zu haben. Dabei ist es doch ein so schönes und einfaches Stück.

StefanE Profilseite von StefanE, 11.11.2007, 15:26:56

.........der hat sich vieles ausgedruckt und hofft, es irgendwann einmal verstehen und umsetzen zu können Danke für das rege Interesse an meiner Fragestellung!

gubi Profilseite von , 13.11.2007, 13:48:59
Mingus-Thingus Profilseite von Mingus-Thingus, 11.01.2008, 18:44:28

Hi Leute

sehr interessantes Thema!!!!!!    Aber in letzter Zeit fällt mir immer häufiger auf dass wann immer über Jazz diskutiert wirdeines vergessen wird!!!! nämlich das Jazzmusik eine Improvisationsmusik ist. Es ist natürlich wichtig die Grundlagen zu beherrschen aber das HÖREN sollte niemals vergessen werden. Es ist schwierig sich so etwas in kurzer Zeit einzukloppen aber man erfährt die Musik völlig anders. Ich empfehle dir die skalen auf ein Blatt zu schreiben (vielleicht als Leadsh.) und zu der Orginalaufnahme zu spielen. Auf diese Weise hättest du dir auf jeden Fall Gedanken gemacht und damit experimentiert. Das ist zwar eine äußerst experimental aber wie ich finde sehr wirkungsvoll. Es hilft auch das SINGEN zur Aufnahme (ist echt war).  Ich wünsche dir viel Glück beim lernen und ausprobieren und denke daran das eine Harmonie und Klanglehre nur einen Sinn hat wenn sie dem Musiker auch etwas nutzt. Manchmal kann ein schräger Ton mehr ausagen als ein Gerader.

Grüße an alle GEBA Mitglieder , finde die Site echt gut und sehr interessant weil sehr vielschichtige Meinungen vertreten werden.

Bis Irgendwann im nirgendwo!                                                                   

lukas Profilseite von lukas, 14.01.2008, 17:21:24

hallo zusammen

ich finde diese skalendiskussion (obgleich sie warscheinlich nicht ganz dem ziel des eröffners dieses threads entspricht ;-) sehr interessant da ich mich selbst schon einige male mit dem thema auseinandergesetzt habe

ich persönlich halte auch nicht all zu viel von übertriebenem "in skalen denken"

ich finde jedoch dass es sich durchaus auszahlt eine mixolydische skala zu beherrschen! das kann sich nämlich im falle von sekundrärdominaten, die oftmals nur einen takt lang gespielt werden, als sehr nützlich erweisen. mir selbst fällt es in so einem fall schwerer wegen einem takt von der tonart her umzudenken

warum man aber eine 2-5-1-konstruktion in dorisch, mixo, und ionlisch auseinandernehmen sollte leuchtet mir auch nicht ein :-)

Basstölpel Profilseite von Basstölpel, 15.01.2008, 00:34:42

Skalen, das haengt ab von verschiedenen Fragen.
Erstens, was und in welchem Kontext. Zweitens, liegt es einem persoenlich oder nicht.

Zu 1:

Die Skalentheorie im Jazz setzt ja quasi  Skalen und Akkorde gleich. Waeherenddessen jazzgeschichtlich das Denken in Skalen an einen bestimmten musikalischen Wandel geknuepft war, siehe Miles' Kind of Blue, und das hat dann letztlich ziemlich weit gefuehrt, naemlich einerseits in den FRee Jazz oder andererseits in  Miles'  Quintett mit  Wayne Shorter, Herbie Hancock, Ron Carter und Tony Williams, wo man sicher nicht mehr mit nur einer Skala auskommt, es aber auch kein funktionsharmonisches Denken mehr gibt.

Also was ich sagen will, letztendlich geht es in improvisierter Musik ja darum, ein Vokabular aufzubauen, dass einem ermoeglicht zu navigieren, d.h. es ist Sprungbrett (in inspirierten Momenten) oder Sicherheitshafen (wenn einem so ganz spontan gerade nichts einfaelllt). Und das Vokabular muss natuerlich irgendwie den Regeln des Gesamtkontextes entsprechen, d.h. egal wie du jetzt denkst, du wirst die gleiche Akkordfolge in einem Bebop Stueck anders behandeln als in einer Ballade, bzw. anders in einem Cole Porter Stueck als in einer Komposition von David Liebman. Und Theorie kann hierzu immer nur ein Hilfmittel sein, letztendlich geht es ja um die Auseinandersetzung mit den Moeglichkeiten deines Instrumentes.

Insofern ist oben genannte Jazztheorie, die die Skalen sozusagen ahistorisch aus den 60er Jahren in fruehere Epochen zurueckprojiziert, ein bisscchen kuenstlich. Auf der anderen Seite ist schon ein Unterschied, ob du jetzt ueber der II. , V. oder I. Stufe spielst, OK du hast die gleiche Tonart, und verboten ist gar nichts so lange es sich anhoert, aber bestimmte Toene werden ueber II. halt so klingen, dass sie den Akkord "bestaetigen" waehrend sie ueber I. vorhaltmaessig (wenn gut gemacht) oder falsch klingen (wenn weniger gut gemacht), das ist einfach so, egal, wie du das jetzt analysierst.

Zu 2:

Ich persoenlich gehoere zu den Leuten, deren "Musikalitaet" begrenzt ist, auf der anderen Seite habe ich eine gewisse NERD-maessige Affinitaet zu Ordnungssystemen usw.  D.h. so rein kopfmaessig konnte ich die gesamt Jazztheorie relativ einfach absorbieren, doch was bringt das schon musikalisch? Was man nicht hoert, und was man nicht auf dem eigenen Instrument als brauchbares Material erarbeitet hat, ist eher Ballast.

Ich bin gerade dabei, per Kodaly Methode mich selbst "umzuerziehen", d.h. in tonalen Raeumen zu denken und in beweglichem Solfa (jetzt folgt ein laegeres Traktat zum Kodaly System - kann ich nur empfehlen). Zoltan Kodaly war Zeitgenosse, Landsmann, Kollege und Freund von Bela Bartok und hat wie dieser sich viele Gedanken zur Musikpaedagogik gemacht. Letztendlich ist er dazu gekommen, ein bewegliches Solfeggio (=Solfa) System mit anderen Elementen zu kombinieren, um Kindern spielerisch Notenkenntnisse zu vermitteln, und zwar nicht als veraeussertes leeres Wissen, sondern verbunden mit einer ganzheitlichen musikalischen Erziehung, die stark das aus der eigenen KUltur stammende Liedgut betont. Das hatte in Ungarn auch den Hintergrund, dass das Bildungsbuergertum das ungarische Volksmusikgut voellig ablehnte, weil an die ruckstaendige Landbevoelkerung gebunden, und Bartok und Kodaly haben da viel gesammelt/entdeckt und (wie Stravinsky auch) in ihren modernistischen Kompositionen (ziemlich genial) verbraten. Das Solfeggio System ist im prinzip das alte Do Re Mi -Ding, ausser dass halt immer RELATIV (bewegliches S...) gedacht wird, das heisst in C Dur ist Do C, in F Dur ist Do F, usw. Fuer KInder faengt das ganze zunaechst mit wenigen Toenen an, und zwar mit La Sol und MI, d.h. so Abzaehlreim-maessige Lieder wie "Ringel Ringel Reihe" oder "Petersil und Suppenkraut" oder halt "Haribo macht Kinder froh". Das wird dann erweitert auf den pentatonischen Raum Do Re Mi Sol La, und spaeter dann auf die gesamte DurTL. Wobei zwei Gedanken dahinter stehen: das Material ist in diesert Reihenfolge von einfach bis schwer angeordnet was singbarkeit und vorstellbarkeit der Intervale angeht, und zweitens, es hat hierdurch nicht diese Fixierung auf die Dur-Moll Tonalitaet, sondern viele der Lieder sind im Prinzip modal. Anyway, es funktioniert auch fuer Erwachsene, ich bin begeistert und lerne gerade einerseits mehr oder weniger sicher Volkslieder usw vom Blatt zu Singen. Die Betonung auf "Volksmusik" hoert sich vielleicht reaktionaer an, ist es aber nicht. Singe viel mit meinem dreijaehrigen Neffen, und er ist voellig begeistert - es ist bei gutem volkstuemlichen Liedgut einfach echt so wie KOdaly es behauptet: Melodie, Rhythmik und Text blden eine Einheit - hat eine archaische Schoenheit, die viele Kunstlieder missen lassen, und musikalische Figuren (melodisch, rhythmisch) folgen so kongenial der Sprachmedlodie/rhythmik, dass es echt ein Kinderspiel ist... Ganz schlimm dagegen  sind viele dieser ueber-paedagogischen 70er/80er Jahre-Kunst-Kinderlieder, die Kindern ganz bescheuert politische Korrektheit beibringen wollen (siehe I. Weber-Kellermann: Das Buch der Kinderlieder. Keine schlechte Sammlung, gute historische Kommentare, aber zuviel von diesem faden 70/80er Jahre Zeug. Ist ja gut gemeint, aber wenn schon Zwerge indoktriniereen,  dann bitte mit aesthetisch ausgereifterem, befriedigendem Material). Anyway, werde demnaechst das ganze System auf andere Musikalische Welten (Jazz usw) uebertragen. KLeine Anmerkung, falls Ihr jetzt denkt ich spinne voellig : Gary Peacock erzaehlt auf seiner Jazz-Bass DVD in amerikanischem Genuschel einiges ueber ein im Prinzip sehr aehnliches System, seit ich die Kodaly Methode kenne, weiss ich wo er es her hat. Highly recommmeded - leider das meiste nur auf englisch verlegt und gerade vergriffen (bis auf superteure akademiusche Standardwerke), bei Interesse mal bei amazon.com (USA) antiquarisch gucken. Habe mir da ein Buch von Lois Choksy  besorgt, finde gerade nur andere Titel dieser Autorin, was ich hatte war ein Programm fuer Kindergaerten in der USA - gerade nicht zur Hand...denke aber was sie sonst so geschrieben hat wird auch nicht schlecht sein.

Armin

PS: Zwischendominanten. Wenn du da immer mixolydisch nimmst, ist das zwar nicht falsch, aber je nach Situation gehst du halt recht weit aus der Tonart raus (bei den Zwischendominanten die zu einem Mollakkord fuehren). Versuche mal die Toene des Dominantseptakkords einfach mit den Toenen der Rahmentonart aufzufuellen. Hoert sich oft viel glatter /natuerlicher an.

 

Samy Profilseite von Samy, 15.01.2008, 07:18:33

ich frage mich gerade, warum mir bei diesem Thread das Zitat eines amerikanischen Jazz-Gitarristen einfällt, dessen Name mir leider gerade entfallen ist und der sinngemäß gesagt hat: " Da habe ich mich jahrzehntelang mit Funktionsharmonik und Musiktheorie beschäftigt. Jetzt wo ich es einigermassen kann, merke ich, dass ich alles wieder "vergessen muß"......ich muß wieder lernen, in mich hinein zu hören..."

Irgendwie scheint es da ja auch um eine ausgewogene Mischung aus "Wissen" und "Fühlen" zu gehen

lukas Profilseite von lukas, 15.01.2008, 21:44:59

@armin: das mit den zwischendominanten war jetzt nur so als beispiel für die nützlichkeit von skalen gemeint, hast natürlich recht

aber in einer dominantkette setzt sich meiner meinung nach die mixo fast besser durch (besonders wenn sie in eine andere tonart überleitet) oder was meinst du dazu?

Christian Prauschke Profilseite von , 15.01.2008, 22:38:24
mixo #11 oder ned ?
Mingus-Thingus Profilseite von Mingus-Thingus, 17.01.2008, 18:36:11

Hi

Charles Mingus hat mal gesagt: " Lerne die Theorie und dein Instrument auswendig und wenn du beides beherrscht werfe alles über den Haufen"

mitch Profilseite von , 06.04.2009, 14:22:32
Hallo Zusammen,
ich hätte da mal ne frage. ich hab bis jetzt auf einem "normalen" Horn gespielt. jetzt hab ich mir ein "french horn"- doppelhorn gekauft und musste bei meinen ersten versuchen feststellen, dass die griff weise ein wenig anders ist. kann mir jemand sagen wo ich gratis ein griffschema für das doppelhorn bekomme?
liebe grüsse michael
Neuester Beitrag Bassist14 Profilseite von Bassist14, 06.04.2009, 14:54:48

 bei hornbach?

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