GEBA-online

Gesellschaft der Bassisten in Deutschland

www.GEBA-online.de

Gesellschaft der Bassisten in Deutschland



• • • Forum

E-Kontrabass <

Kontrabassbogen-und Händler

> Einrichten eines Basses

Auf diese Beiträge antworten | Zurück zur Liste | Zum neuesten Beitrag springen

Zugeordnete Kategorien: Bassbauer - Bogen & Streichtechnik

sigrid Profilseite von , 12.03.2003, 12:16:01
Kontrabassbogen-und Händler
Hallo,
wer kann mir sagen, wie und woran ich einen guten Kontrabassbogen erkennen kann.
Außerdem suche ich einen Kontrabasshändler-oder Bauer in der Nähe Düsseldorf.
Danke, Sigrid
Roland Profilseite von , 12.03.2003, 22:40:46
Hallo Sirgrid,
Du stellst eine Frage die kaum erschöpfend beantwortet werden kann da sehr viele Faktoren eine Rolle spielen, zu diesen Faktoren gehört u.a. auch viel subjektives Empfinden und wie will man da jemanden raten? Es sollte Dir darum klar sein das dies hier meine subjektive Meinung darstellt, viele KollegInnen werden einiges ganz anders sehen.

Zunächst kannst Du einen guten Kontrabassbogen nicht unbedingt daran erkennen das ein wohlbekannter Herstellername wie z.B. Pfretzschner darauf prangt und Dir das gute Stück für 3000 Euro angeboten wird. Um beim Beispiel zu bleiben, Pfretzschner ist ein Familienclan und nicht ein bestimmter Mensch, daher gab und gibt es solche und solche Pfretzschners. Zu gewissen Zeiten (nach den letzten Kriegen) haben auch sonst so renommierte Bogenbaubetriebe mit einfachen oder gar schlechten Hölzern eher Masse statt Klasse geschaffen. Es gab auch sicher in guten Zeiten immer wieder mal die eine oder andere "Montagsproduktion" - was ich sagen will, verlaß Dich nicht blind auf grosse Namen und horrende Preise, außerdem gibt es natürlich auch Fälschungen.
Als Holzart für die gehobenen Ansprüche wird verbreitet Fernambukholz verwendet. Es geht beim Material vor allem um die Federungseigenschaften, denn diese sind für die mechanischen Eigenschaften des Bogens von Bedeutung und für seine Formtreue (die Zeit die er seine Form behält bevor er sich durch Ausleiern verzieht). Doch auch hier gilt, Fernambukholz ist mal so mal so, es gibt extrem unterschiedliche Grundqualitäten und im Zweifelsfalle ist eine gute Brasilholzstange einer schlechten Fernambukstange weit überlegen - nur eben billiger! Es gibt im oberen Preissegment (ab ca. 750 Euro) seit einiger Zeit Bögen aus einem Graphit Kohlefaserwerkstoff. Hier habe ich die Erfahrung gemacht, das das Preis Leistungsverhältnis bei diesen Bögen leicht besser ist als bei gleichteuer angebotenen Holzbögen. Der entscheidende Vorteil dieser Bögen ist aber ihre dauerhafte Robustheit und die Berechenbarkeit ihrer Qualität. Im unterer Preissegment (ca. 100 Euro) werden Bögen mit Fiberglasstangen angeboten, da muß man gucken, neben absoluten Schrottteilen gibt es mittlerweile auch welche die mit den in dieser Preiskategorie angebotenen Holzbögen locker mithalten können.

Wenn Du einen Bogen anschaust mußt Du natürlich darauf achten das er keinen Bruch hat bzw. hatte - wenn bei alten Bögen Holzabsplitterungen repariert wurden ist das nicht so tragisch, wenn die Stange aber mal ganz durchgebrochen war kann man den Bogen meist völlig vergessen. Überprüfe wie der Frosch läuft, also wie leicht sich der Bogen spannen und entspannen lässt, überprüfe wie gut der Frosch angepasst ist oder ob er gar wackelt. Viel mehr kannst Du zunächst nicht überprüfen. Erfahrenen Leute spannen der Bogen, halten ihn an einer bestimmten Stelle klopfen mit dem Fingerknöchel an die Stange und lauschen und beobachten die Schwingung der Bogenstange. Um mit dieser Methode sichere Rückschlüsse ziehen zu können bedarf es aber einiger Erfahrung, wenn Du diese hättest, hättest Du sicher nicht hier im Forum gepostet.

Ansonsten kann ich nur empfehlen den oder die Bögen die zur Auswahl stehen unbedingt auf dem Instrument auszuprobieren zu dem er mal gehören soll. Für mich ist das ein absolut wichtiges Kriterium, ein Bogen kann einen Grundcharakter bzw. eine Klangtendenz eines Instrumentes unterstreichen oder dieser entgegenwirken. Beides kann sinnvoll sein, wenn ich also beispielsweise einen Bass mit einer eher weichen Klangfarbe habe, kann ein Bogen der von seiner Klanggebung und seinem Ansprechverhalten eher knackig ist, dem ganzen zu einer besseren Ausgewogenheit verhelfen. Von grosser Bedeutung ist auch Deine bevorzugte Saitensorte, diese dann auch noch in Verbindung mit der Behaarung des Bogens und Deiner verwendeten Kolophoniumsorte.

Dann kommt die Geschichte wie Du mit den mechanischen Eigenschaften des Bogens zurecht kommst, was für den einen zu schwer / zu leicht erscheint muss für Dich noch lange nicht gelten. Sicher ist man sich da eh erst nach Stunden. Die Kriterien "springt gut" "liegt gut in der Hand" "kräftiger Ton" sind meist sehr vage und oft von Unzulänglichkeiten der eigenen Spieltechnik geprägt. - Es gibt BassistInnen die suchen und entdecken ihr ganzes Leben lang nach Bögen die noch besser springen, das aber nur weil sie eine ungünstige Bogentechnik spielen und diese durch einen Bogen des das ausgleicht kompensieren wollen.

Du merkst spätestens jetzt das die Geschichte nicht einfach ist wenn man sofort alles richtig machen will und einfach nur einen "guten Bogen" erkennen möchte. Solltest Du Anfängerin sein, brauchst Du unbedingt eine(n) erfahrene(n) BeraterIn Zeit und Geduld. Kontrabässe und Bögen sind keinen weit verbreiteten und immer auch sehr individuelle Produkte, Du kannst sie leider nicht im nächsten Supermarkt beziehen. Frohes Schaffen Roland
Jyrgen Profilseite von , 14.03.2003, 09:10:15
Hallo Roland,

vielen Dank für den ausführlichen und sehr informativen Beitrag. Bei der Gelegenheit habe ich noch eine Frage: Bässe bekommt man hier bei GeBa und woanders (Ebay, WOB, u.ä.) in großer Zahl und allen Qualitäten angeboten. Bei Bögen ist das ganz anders. Warum?

Alles Gute

Jyrgen
Roland Profilseite von , 14.03.2003, 12:32:33
Hallo Jyrgen,

Bogenangebote sind rar, Du hast da mit Deiner Einschätzung völlig recht. Dies galt nach meinen Erfahrungen schon immer, es hat nichts mit Angeboten übers Internet zu tun. In der Tat ist die Frage interessant warum das so ist, bzw. warum eine Knappheit von Bogenangeboten eigentlich Tradition hat. Ich weiß es nicht und vor lauter Suchen nach meinen Bögen (ich benutze je nach Instrument und Musik zwei in ihren Grundeigenschaften sehr gegensätzliche Bögen) habe mich um die grundsätzliche Frage warum die Suche so mühsam ist nie gekümmert.
Ich weiß daß das Bogenmacher (oder -bauer?) Handwerk ein eigenständiger Handwerksberuf ist. Es gibt daher soetwas wie eine Innung oder Zunft, eine genaue Prüfungsordnung bei der Handwerkskammer usw. und natürlich auch gewisse Anballungen von Bogenmachern in den Zentren Markneukirchen und Bubenreuth. Wenn Dich die Frage an sich interessiert warum Bogenangebote vergleichsweise rar sind, wirst Du bei Verbänden (es gibt glaube ich auch Vertriebsgenossenschaften von Bogenmachern) vielleicht einige Hinweise darauf bekommen.

Eine ganz unverblühmte Antwort wird jedoch nicht leicht zu bekommen sein (insbesonders kaum von Bogenmachern selbst) in diesen Branchen (Instrumentenbauer) sind viele Leute darauf erpicht ein gewisses Mysterium aus ihrer Handwerkskunst zu machen bzw. aufrecht zu erhalten. Meiner Meinung nach liegt es daran, daß man - gerade bei einem Bogen - als Kaufinteressent und handwerklicher Laie nicht einschätzen kann ob der Gegenwert von Arbeitszeit, Know How und Material in einem ausgewogenen Verhältnis zum Preis steht. Wenn man einem Nichtstreicher erzählt das Bögenpreise in die Tausende gehen können und u.U. das Preisniveau eines Instrumentes erreichen - so glaubt einem das erst mal kaum einer. Zitat: "Waaaaas, der kleine Holzspan mit den Pferdehaaren kostet fast soviel wie der grosse Kontrabass daneben!" Wer von uns hat solche oder ähnliche Sprüche noch nicht gehört?

Ich fantasiere nun mal etwas, ich weis das gut gemachte Bögen nur sehr langsam verschleißen, ich kenne viele MusikerInnen die eher zu einem Zweitinstrument als zu einem Zweitzubehör (Bögen) tendieren. Verkaufszahlen von Streichinstrumenten sind lächerlich im Verhältnis zu Gitarren, Keyboards, Blasinstrumenten ec. gleiches gilt natürlich für die Bögen. Daraus ergibt sich ein vergleichsweise geringer Absatzmarkt, würde man das Angebot hochfahren (was angesichts der relativ kurzen Arbeitszeit pro Bogen leicht möglich wäre), tritt nach den Gesetzen der Marktwirtschaft wohl was ein? Richtig, die Preise würden sinken, wer hat wohl kein Interesse an sinkenden Bogenpreisen? Richtig, Hersteller, Vertrieb und Handel. Was tut man also? Richtig, man verknappt das Angebot, das ist legitim und die gesamte Wirtschaft macht es so. Nun will ich hier aber keine Einführung in Volkswirtschaftslehre geben und sage noch einmal das dies alles wüste Spekulationen von mir sind. Grüße Roland
sigrid Profilseite von , 14.03.2003, 10:07:27
Lieber Roland,
ja, auch ich bedanke mich für Deine Antwort. Schön, dass Du Dir mal wieder so viel Mühe gemacht hast und mich an Deinem Wissen teilhaben lässt. Als Anfänger auf dem Kontrabass bin ich dankbar über jeden Tipp und Ratschag,
Gruß Sigrid
Neuester Beitrag Heiner Windelband Profilseite von , 16.04.2003, 20:41:20
Antworten auf Deine Fragen findest Du unter www.suennenblink.de! Heiner
E-Kontrabass <Zurück zur Liste> Einrichten eines Basses

Nur angemeldete Benutzer dürfen Beiträge schreiben. Bitte hier einloggen: LogIn



Zuletzt aktualisiert von Besucher am 17.03.2024, 19:25:34.