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Euch allen noch ein glückliches und gesundes 2015!
Bin erst gestern nach fünf Wochen aus dem Krankenhaus entlassen wordehn. Solche Wünsche haben für 2014 bei mir leider nicht geholfen und nachdem ich hier die letzten vier Jahre gerne aktiv war, muß ich leider sagen, daß der Baß jetzt nicht mehr so mein Thema ist, keine Art von Baß, ich kann sie alle auf nicht absehbare Zeit nicht mehr spielen.
Hartes Thema, aber es geht uns aber alle an. Seit einem Jahr begleitet uns das Thema Ebola mit großem Medienaufwand, gestorben sind daran weltweit ca. 9.000 Menschen. In der BRD sind in dieser Zeit ca. 900.000 Menschen gestorben, davon 40% an Herz- Kreislauferkrankungen, also etwa 1.000 Menschen - pro Tag!!! Wo ist da die Relation zu Ebola? Knapp 1.000 Tote in abgestürzten Linienmaschinen weltweit pro Jahr stehen 1.200.000 Verkehrstote entgegen. Wo sind da die Relationen in der Wichtigkeit der Nachrichten?! Was nehmen wir als wohliges Gruseln in der Ferne wahr, was verdrängen wir vor unserer Haustüre? Cui bono? Manche überleben auch Attacken auf ihr Herz- Kreislaufsystem, teils mit schweren Schäden für den Rest ihres Lebens. Das können Kollegen, Nachbarn, Bekannte oder gar Verwandte sein - wenn's ganz dumm läuft ist man es selbst. Wer berichtet darüber?
"Thomas, du stirbst." Diese Erkenntnis sprach ich laut aus als ich kaum mehr als fünf Minuten nach Beginn des Ereignisses kaum mehr bewegungsfähig der Länge nach auf den weißen Badezimmerkacheln lag. Mir war übel, die Brustschmerzen überstiegen in ihrer Brutalität und Radikalität alles was ich je erlebt hatte und vorstellbar ist, wenigstens konnte ich gut atmen und war völlig angstfrei. Mit diesem Leben hatte ich abgeschlossen, ich stand an der Kante schon weit vorne übergebeugt, bei der Entscheidung doch den Notarzt zu verständigen war das Motiv möglichst schnell die Schmerzen los zu werden größer als die äußerst geringe Hoffnung auf Rettung. Eine Diagnose, nachdem ich in den ersten Minuten zunächst an einen Herzinfarkt geglaubt hatte, hatte ich auch: Ruptur der Aorta. Wikipedia meint dazu lapidar: "Sehr geringe Überlebenschance."
Das wußte ich auch, das wird ein Minutenspiel. 3,5km zum Herzzentrum Karlsruhe, das könnte zu schaffen sein. Der Mensch hofft halt doch bis zuletzt. Die Sanitäter untersuchen mich, geben mir die ersten Schmerzmittel, orale Sprays, vermutlich Nitroglycerin, im Treppenhaus höre ich erstaunlich viele Stimmen und immer wieder drei Worte: Blutkonserven - Gefäßchirurgie - Freiburg. Der Notarzt, ein massiger Mann meines Alters, wohl sehr erfahren, kniet vor mir, die Morphiumspritze - endlich - in der Hand, gleich sind die Schmerzen fast weg, ein Symptom, die Ursache bleibt. Und er erklärt mir: Der einzige Ort in Reichweite wo man mich derzeit operieren könne sei das UHZ Freiburg. Es ist der schwärzeste Augenblick meines Leben, wie soll denn dieser Transport, 140km, zu überleben sein? Ich komme mir vor wie unschuldig vor Gericht, der Richter spricht das Todesurteil gegen mich aus und verfügt die sofortige Vollstreckung. Es ist gegen 15:00 Uhr, das Ereignis ist jetzt eine halbe Stunde alt. Ich gehe in einen der mittlerweile drei Rettungswagen vor dem Haus, werfe mich auf die Bahre und verliere das Bewußtsein. Es ist Montag, der 08.12.2014, ein sonniger Spätherbsttag.
Um 19:15 Uhr liege ich auf dem Operationstisch. Es liegt nicht an mir das Zeitmanagement zu kritisieren, schließlich lebe ich - das "noch" lasse ich mal weg. Da haben 'ne Menge Menschne 'ne Menge Dinge zur rechten Zeit richtig gemacht, sonst wäre ich jetzt nicht mehr am Leben, nur das zählt für mich. Ich fühle mich etwas beschämt, würde jedem und jeder gerne einzel danken, von den Blutspendern bis hin zum Chefchirurgen.
Man hat mir den Thorax der Länge nach geöffnet, Knochen, Knorpel, Sehnen, Blutgefäße, Nerven, Muskeln in einer achtstündigen Operation durchtrennt. Bis das alles richtig verheilt ist geht man von 9 Monaten aus. Mindestens. So lange sind die Arme nur sehr begrenzt einsetzbar. Ich bin jetzt Transplantationspatient, man hat mir 'ne Menge Plastikschläuche eingebaut, wenigstens keine Leichenteile. 88 Stunden liege ich auf der Intensivstation, mein Gehirn noch beeinflußt von Unmengen Narkosemitteln; wie häufig und wie lange mein Gehirn ohne Sauerstoff war weiß ich nicht, vermittelt mir eine Realität, die in den wenigen Wachmomenten nicht sonderlich erfreulich ist. Allerdings vermittelt mir das ernst arbeitende Personal ein Gefühl von Sicherheit, ein Kontrast zu meinem geschundenen Körper.
Die Wortfindungsstörungen, sensorischen und neurologischen Ausfälle werden jetzt immer seltener, ein Medikament - ich bekomme täglich eine ganze Hand voll - macht mich fast taub, ein gefülltes 1/2l Glas kann ich einhändig nicht zum Mund führen. Nur mal so als Beispiele.
Menschen mit solchen Einschränkungen pflege ich als Krüppel zu bezeichnen. Ich bin ein Krüppel. Aber hey, ich lebe!!! Ich habe keine Leistenschnitte (schlimmer geht immer...), kann mich ohne Gehhilfen fortbewegen, man sieht mir nichts an. Manchmal überkommt mich schwerer Schwindel. Meine Freunde/Freundinnen meinen ich sähe so richtig Scheiße aus (sorry, an dieser Stelle muß mal eine Forumsregel verletzt werden), ich fühle mich auch gelegentlich wie frisch aus dem Leichenkeller.
Normalerweise wird bereits zwei Wochen nach der Operation mit der Reha und leichtem Sport begonnen, in meinem Fall wurde ich dazu ins Haus Falkenburg in Bad Herrenalb verlegt. Nur mit Sport ist nichts, striktes Verbot bis Mitte März, meine Aorta muß noch heilen. Potentielle Zeitbombe, immer noch. Wäre gerne wieder auf dem Ergometer gefahren und sei es mit einem 1/5 meiner Normalleistung und -zeit, meine letzten Einheiten sind noch bei rennrad-news -> Winterpokal -> Longo eingetrag, Fahrrad im Alltag wäre auch nicht schlecht. Nein, ich bin nicht der klassische Herzpatient mit zig Risikofaktoren mit meinen 56 Jahren. Ich sehe mich eher so wie ein Nichtraucher, der an Lungenkrebs erkrankt. Pech gehabt. Und ich neige, trotz des chronisch schmerzhaft veränderten Körpergefühls zur Bagatellisierung meiner Situation, muß mir immer wieder rational in Erinnerung rufen, daß das Ereignis und seine Folgen etwas schwerwiegender als ein abgebrochener Fingernagel sind.
Ein Wort habe ich in letzter Zeit sehr oft gehört: Geduld. Das wird sehr schwer fallen. Und der Freude über mein Überleben steht auch eine gewaltige Existenzangst gegenüber, zumal zunächst mal als Krüppel. Der noch nicht mal am Wochenende ein bischen Musik machen kann und sich da ein paar Euros dazu verdienen kann. Der zunächst mal gar nix kann. Außer vielleicht dumme Sachen zu schreiben, vielleicht ist ja das ein Weg.
Jetzt kommen wieder die Schmerzen in den Armen, ich kann nicht weiterschreiben.
Macht's gut!!! und besser als ich!!!
Thomas
Hallo Thomas,
dein Text macht klar, wie schnell es gehen kann. Und macht betroffen, auch unbekannterweise.
Ich wünsche Dir, dass Du die Geduld und die Hoffnung, wieder selber am Bass stehen zu können, nicht verlierst. Ich hoffe, dass Dich Deine Familie und Freunde unterstützen, wo sie nur können.
Gute Besserung weiterhin und gib nicht auf!
LG Alex
Lieber Thomas, wir kennen uns nicht aber ich wünsche dir, ja was? Alles was du dir selber wünschen kannst... Danke dass du dieses mit uns teilst. Und sag' uns wie es weiter geht.
Viele liebe Grüsse, und wie Haruko sagt, ganbatte kudasai.
Korneel und Haruko
Hallo Thomas,
ich wunsche Dir Alles Gute zu Deinem zweiten Leben. Verzweifele nicht, die Ausheilung eines so schweren Eingriffs wird dauern. Ich drück Dir die Daumen!
Liebe Grüße, Uli
Hallo Thomas,
Unbekannterweise auch von mir nur die besten Wünsche. 9 Monate... das ist eine lange Zeit. Ob mit oder ohne Bass danach - ich hoffe, daß Du wieder auf die Beine kommst.
viele Grüße, Alex
Hallo Thomas,
ich hab vor ein paar Tagen erst überlegt ob du wohl im Urlaub bist, weil mir aufgefallen war, dass ich schon lang nichts mehr von dir hier im Forum gelesen hab. (Ich les ja erst seit ein paar Monaten mit und in der Zeit warst du meist einer der ersten, die auf eine neue Frage geantwortet haben.)
Ich wünsche dir schnelle Genesung !!! Und drück natürlich die Daumen, dass es kein endgültiger Abschied vom Bass sein muss !!!
Viele Grüsse Claudia
Lieber Thomas, vielleicht haben wir uns einmal beim Paul in Karlsruhe gesehen. Du hast mir hier im Forum damals den Tipp gegeben, mich an ihn zu wenden. Das war ein super Tipp, für den ich Dir dankbar bin!
Ich wünsche Dir viel Kraft und drück Dir fest die Daumen , dass der Bass bald wieder brummt!!!
Lieber Thomas,
ich wünsche Dir auch viel Kraft, Geduld und einen glücklichen Verlauf Deiner Genesung! Ich habe mich schon gewundert über Deine lange Forums-"Abstinenz" und irgendwann gedacht "Hoffentlich ist nix passiert!"...
Danke, dass Du Dich gemeldet hast. Ich hoffe trotz allem, hier bald wieder von Dir zu "hören"!
Alles Gute,
Sabine
Hallo Low B,
höre leider, dass es Dir nicht gut geht,
du hast soviel Wissen ins Forum eingebracht, habe immer Deine Beiträge interessiert gelesen;
hoffe, dass es aber trotz deiner nicht so guten Verfassung so weiter geht,
Gute Besserung matilda alias Rolf
Hallo Thomas,
ich wünsch dir viel Geduld und Erfolg bei deiner Genesung. Behalte bloß deine Bässe, hoffentlich kannst du sie in einer jetzt noch nicht absehbaren Zeit wieder einsetzen und viel Freude daran haben. Vielleicht wohnt hier jemand im Schwarzwald und kann bei dir vorbeischauen.
LG
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